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Sharpe zuckte mit den Schultern. »Sie hat ja recht. Ich bin recht alt für einen Lieutenant, aber vor fünf Jahren war ich noch Sergeant.«

Louisa blickte ihn mit neuem Interesse an. »Wirklich?«

»Wirklich.«

Ihr Lächeln trieb Pfeile des Begehrens in Sharpes Herz. »Sie müssen ein höchst bemerkenswerter Mann sein, Lieutenant, allerdings muss ich Ihnen anvertrauen, dass meine Tante Sie für höchst ungehobelt hält. Sie äußert immer wieder ihr Erstaunen darüber, dass Sie Offizier Seiner Majestät sein sollen, und behauptet, dass Sir Hyde einen Rohling wie Sie niemals als Offizier auf einem seiner Schiffe geduldet hätte.«

Einen Augenblick lang wehrte sich Sharpes angeschlagenes Selbstbewusstsein gegen diese Kritik. Aber dann merkte er, dass Louisas Miene eher schelmisch als ernsthaft war. Außerdem sah er ihr an, dass sie es gut mit ihm meinte. So viel Freundlichkeit war Sharpe seit Monaten nicht mehr zuteil geworden, aber obwohl ihn das innerlich erwärmte, ließ ihn seine Unbeholfenheit ungeschickt reagieren. Ein geborener Offizier, dachte er verdrießlich, würde wissen, wie er auf den trockenen Humor des Mädchens zu kontern hatte, aber er konnte nur eine langweilige Frage stellen.

»War Sir Hyde Ihr Vater?«

»Er war ein Cousin meines Vaters, ein entfernter Cousin. Wie ich höre, war er kein guter Admiral. Er hielt Nelson für einen Abenteurer.« Sie erstarrte, beunruhigt durch ein plötzliches Geräusch, doch es war nur ein Holzscheit, das in der Glut des Feuers knisterte. »Aber er wurde ein sehr reicher Admiral«, fuhr Louisa fort, »und die Familie hat von dem vielen Prisengeld profitiert.«

»Demnach sind Sie reich?« Sharpe konnte nicht anders, er musste diese Frage stellen.

»Ich nicht. Aber meine Tante hat genug Vermögen geerbt, um in der Welt Unfrieden zu stiften.« Louisa sprach nun mit großem Ernst. »Haben Sie eine Ahnung, Mister Sharpe, wie peinlich es ist, in Spanien den Protestantismus verbreiten zu müssen?«

Sharpe zuckte mit den Schultern. »Sie haben es so gewollt.«

»Sicher. Und die Peinlichkeit ist der Preis, den ich dafür bezahle, Granada und Sevilla zu sehen.« Ihre Augen leuchteten auf - oder war es nur der Widerschein der Feuersglut? »Ich würde so gern noch mehr sehen!«

»Aber Sie kehren nach England zurück?«

»Meine Tante hält es für angebracht.« Louisas Stimme ließ vorsichtigen Spott erkennen. »Die Spanier, müssen Sie wissen, belohnen ihre Versuche nicht, sie aus dem römischen Joch zu befreien.«

»Aber Sie möchten gern hierbleiben?«

»Das wird kaum möglich sein, oder? Junge Frauen, Mister Sharpe, können sich in dieser Welt nicht frei bewegen. Ich muss nach Godalming zurückkehren, wo mich ein Mister Bufford erwartet.«

Sharpe musste über ihren Tonfall lachen. »Mister Bufford?«

»Er ist durch und durch respektabel«, sagte Louisa, als habe Sharpe das Gegenteil behauptet, »und natürlich Methodist. Sein Geld verdient er mit der Herstellung von Tinte, einem Gewerbe von solcher Einträglichkeit, dass die künftige Mrs Bufford sich auf ein großes Haus und ein Leben in beträchtlicher, wenn auch langweiliger Bequemlichkeit freuen kann. Gewiss wird es niemals mit Tinte befleckt werden. Die wird nämlich in sicherer Entfernung in Deptford hergestellt.«

Sharpe hatte sich noch nie mit einem Mädchen von Louisas augenscheinlicher Bildung unterhalten. Auch hatte er noch nie jemanden mit solcher Verachtung vom Geldadel reden hören. Er hatte immer angenommen, dass jeder, der zu beträchtlicher, wenn auch langweiliger Bequemlichkeit geboren war, für diese Gabe ewig dankbar sein müsste. »Und die künftige Mrs Bufford, das sind Sie?«

»So ist es vorgesehen, ja.«

»Aber Sie wollen sich nicht verheiraten?«

»Das möchte ich, glaube ich, schon.« Louisa runzelte die Stirn. »Sind Sie verheiratet?«

»Ich bin nicht reich genug, um heiraten zu können.«

»Das hat, so viel ich weiß, andere Menschen kaum jemals davon abgehalten.« Louisa tat ihre Vertraulichkeit mit einem Schulterzucken ab. »Aber ich hatte nicht gehofft, Sie noch wach vorzufinden, um Sie mit meinen kleinen Nöten zu belästigen. Ich wollte Sie vielmehr fragen, Lieutenant, ob unsere Gegenwart es wahrscheinlicher macht, dass Sie und Ihre Männer in französische Gefangenschaft geraten?«

Die Antwort war ein klares Ja, aber ebenso klar war, dass Sharpe sie nicht aussprechen durfte. »Nein, Miss. Solange wir in angemessenem Tempo weiterreisen, dürften wir den Schwei ... - dürften wir ihnen vorausbleiben.«

»Ich hätte Sie ermutigt, uns an die Schwei ... - an sie auszuliefern, wenn Sie mir wahrheitsgemäß geantwortet hätten.« Louisa lächelte ihr ernsthaft schelmisches Lächeln.

»Ich würde Sie niemals ausliefern, Miss«, sagte Sharpe unbeholfen und war froh, dass die spärliche Beleuchtung sein Erröten verbarg.

»Meine Tante ruft immer wieder große Loyalität hervor.«

»Stimmt.« Sharpe lächelte, und aus dem Lächeln wurde Gelächter, das sich Louisa jedoch verbat, indem sie den Finger an die Lippen legte.

»Ich danke Ihnen, Lieutenant.« Sie stand auf. »Ich hoffe, Sie nehmen es nicht übel, dass wir Ihnen eine solche Last sind.«

»Jetzt nicht mehr, Miss.«

Louisa schlich zur Tür. »Schlafen Sie gut, Lieutenant.«

»Sie ebenfalls, Miss.« Sharpe sah zu, wie sie durch die Tür schlüpfte, und hielt den Atem an, bis er hörte, wie drinnen der Riegel vorgeschoben wurde. Nun würde sein Schlaf mit Sicherheit durch einige Turbulenzen gestört, denn all seine Gedanken und Sehnsüchte und Träume waren durch dieses sanfte Lächeln auf den Kopf gestellt. Richard Sharpe war fern der Heimat, gefährdet durch einen siegreichen Feind. Und zu allem Überfluss hatte er sich nun auch noch verliebt.

Um vier Uhr morgens wurde Sharpe durch das helle Läuten von Louisas silberner Uhr geweckt. Er hämmerte an die Tür der Parkers und gab sich erst zufrieden, als ihm ein Stöhnen bedeutete, dass die Familie erwacht war. Dann ging er in den Stall und stellte fest, dass sich seine Männer über Nacht nicht davongestohlen hatten. Sie waren alle da, und sie waren fast alle betrunken.

Sie waren nicht so betrunken wie jene Männer, die man während des Rückzugs an die Franzosen ausgeliefert hatte, aber viel hätte nicht gefehlt. Bis auf einige wenige waren sie völlig benebelt, beduselt, bewusstlos. Die Weinschläuche, die Sharpe erstanden hatte, lagen geleert auf dem Boden, aber zwischen dem Bettstroh fanden sich außerdem zahlreiche leere Flaschen aguardiente. Da wurde Sharpe klar, dass die Zisterziensermönche, als sie die Säcke mit dem Brot angeschleppt hatten, den Branntwein als Teil ihres Geschenks mit eingeschmuggelt hatten. Sharpe fluchte.

Sergeant Williams war benommen, schaffte es jedoch, torkelnd aufzustehen. »Das waren die Jungs, Sir«, sagte er hilflos. »Sie haben sich geärgert.«

»Warum hast du mir nichts von dem Branntwein gesagt?«

»Ihnen, Sir?« Williams war erstaunt, dass er so etwas habe erwarten können.

»Zur Hölle mit ihnen.« Sharpe selbst war benebelt, sein Magen verstimmt, aber sein Nachdurst war nichts gegen den Zustand, in dem sich die Grünjacken befanden. »Sieh zu, dass die Halunken aufstehen!«

Williams bekam einen Schluckauf. Die Laterne verriet, wie hoffnungslos das Unterfangen war, die Rifles zu wecken, aber da er sich vor Sharpe fürchtete, unternahm er mehrere klägliche Versuche, dem nächstbesten Mann auf die Beine zu helfen.

Sharpe stieß Williams beiseite. Er brüllte die Männer an. Er trat nach ihnen, bis sie wach waren, zerrte sie aus ihrer Dumpfheit und hieb ihnen mit der Faust in die empfindlichen Mägen, sodass die Männer, denen solche Behandlung zuteil wurde, sich auf den Stallboden übergaben.

»Auf! Auf! Auf!«

Die Schützen taumelten benommen und verwirrt umher. Das war beim Militär immer eine große Gefahr. Die Männer meldeten sich, weil es dort etwas zu trinken gab. Sie ließen sich nur bei der Stange halten, wenn sie ihre tägliche Ration Rum erhielten. Sie nahmen jede Gelegenheit wahr, ihr Elend im Alkohol zu ertränken.