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»Feuer!«

Was kam, war eine kraftlose Salve. Hätten die Gewehre sich auf eine dicht gedrängte Marschsäule konzentrieren können, wäre es ihnen gelungen, die Straße in ein Schlachthaus schreiender Pferde und blutender Männer zu verwandeln. Aber gegen eine breite Front von Reitern, die in einer einzigen Reihe angriffen, konnten ihre Kugeln kaum mehr Schaden anrichten als die lästigen Pferdefliegen. Nur ein Pferd wurde von Hagmans sorgfältig gezielter Kugel getroffen, strauchelte und fiel hin.

»Und los!«, brüllte Sharpe.

Die Rifles rannten, als sei ihnen der Teufel auf den Fersen. Die Franzosen hatten ihre Salve vorausgesehen, waren davor auf der Hut gewesen. Nun hatten sie offenes Gelände erreicht und stürmten mit Gebrüll voran wie Jäger, die Blut gerochen haben. Weiter vorn bogen die übrigen Schützen soeben in Richtung Bauernhaus ab. Louisa, sah Sharpe, trug den Tornister des verwundeten Cameron und zog den Mann an der Hand hinter sich her.

»Rechts sind die Schweinehunde auch!«, rief Hagman warnend. Als Sharpe sich umdrehte, sah er, dass die Reiter im Osten den festeren Boden unter sich hatten und daher seine kleine Schar wahrscheinlich am ehesten einholen würden. Die Dragoner ritten wie bei einem Hindernisrennen, die Ahnung des Sieges in den Nüstern. Eine Bresche in der Mauer ermöglichte ihnen zusätzliche Schnelligkeit, sorgte aber zugleich dafür, dass sie dichter zusammenrückten, wie es beim Rennen geschieht, wenn die Beteiligten einer Kurve entgegenstreben. Sharpe sah Wasser von den Hufen der Pferde aufsprühen, als die Kavalleristen durch eine sumpfige Stelle ritten, dann jedoch war er verblüfft, als zwei der Pferde außerdem rotes Blut verspritzten und ein Säbel durch die Luft wirbelte. Dann sah er, wie sich ein Mann im Sattel krümmte, herabfiel und von einem verängstigt wiehernden Pferd mitgeschleift wurde. Erst da hörte Sharpe vor sich das Krachen von Büchsen.

Harper hatte Mrs Parker sich selbst überlassen und war am Rande der äußeren Gehöftmauern mit seinen Schützen in Stellung gegangen. Ihre Salve hatte die von Osten kommende Kavallerie zerstreut, sodass Sharpes Trupp wenigstens eine geringe Chance bekam.

»Los! Los!«

Die Männer schlangen sich ihre Büchsen um und rannten los. Sharpe hörte hinter sich feindliches Hufgetrappel. Er hörte das Knirschen der Sättel, die Zurufe der Offiziere und Unteroffiziere. Weitere Kugeln zischten an ihm vorüber, abgeschossen vom Bauernhof aus, um ihm Deckung zu gewähren. Louisa starrte mit weit aufgerissenen Augen herüber.

»Links, Sir!«, rief ein Mann. »Links!« Nun kamen auch von Westen Kavalleristen herangeritten, jene Männer, die die Straßensperre umrundet hatten und sich nun mit ihren Tieren anschickten, am Straßenrand über die Steinmauer zu setzen. Ein Mann wurde mitten im Sprung von einer Kugel getroffen und herumgerissen. Die anderen ritten unversehrt weiter, und Sharpe wusste, dass sein Trupp in der Falle saß. Er zog den großen Degen, stellte sich breitbeinig auf und ließ den ersten Franzosen herankommen. »Rennt weiter!«, brüllte er seinen Männern zu. »Weiter!«

Der erste Franzose war ein Dragoneroffizier, der sich tief über die Mähne beugte und die Spitze seines Säbels hielt wie eine Lanze, um Sharpe damit den Bauch aufzuschlitzen. Sharpe holte mit dem Degen aus und schwang ihn von rechts nach links - ein beidhändiger Hieb, der auf das Maul des Pferdes abzielte. Er traf Knochen und Zähne, das Tier wich ruckartig aus, und Sharpe warf sich gegen seinen Leib, sodass der Säbel des Franzosen außen an ihm vorbeistieß und ihn verfehlte. Er versuchte den Reiter aus dem Sattel zu ziehen, bekam ihn aber nicht zu fassen. Sein Tschako flog davon, als das Futternetz ihn umwarf. Die Hinterhand des Pferdes traf seine Hüfte, dann war der Dragoner fort, und Sharpe rappelte sich mühsam auf.

»In Deckung!« Das war Harpers Stimme, und Sharpe ließ sich instinktiv fallen, als eine weitere Salve über ihn hinwegbrauste. Ein Pferd wieherte, glitt aus und fiel in den Morast der Straße. Ein ausschlagender Huf verfehlte Sharpes Kopf nur knapp.

»Los jetzt!«, bellte Harper.

Sharpe warf noch einen Blick auf das Blutbad auf der Straße. Harpers Salve, ausgerichtet auf das Getümmel, das in der Enge zwischen den Steinmauern herrschte, hatte die Reiter wirksam aufgehalten.

Sharpe rannte durch das Tor des Bauerngehöfts. Nun musste er nur noch eine Weide überqueren, dann war er in Sicherheit. Die Schützen retteten sich bereits einer nach dem anderen ins Bauernhaus, und Sharpe entdeckte den ersten Fensterladen, der von einem Gewehrlauf aufgestoßen wurde.

»Hinter Ihnen!« Wieder erklang Hufgetrappel, diesmal von links. Mit einem Knurren drehte sich Sharpe um. Seinen Degen stieß er in Richtung des Pferdes, doch das Tier wich ihm aus und zwang seinen Reiter, den schwierigen Hieb nach unten quer über den eigenen Körper hinweg zu versuchen. Als er sich nach vorn warf, spürte Sharpe, wie sich sein Degen in den linken Oberschenkel des Dragoners bohrte. Das Tempo von Mann und Pferd riss den Reiter von der Klinge los. Weitere Schüsse ertönten. Eine Kugel pfiff so dicht an Sharpe vorbei, dass er sie wie einen Windstoß spürte.

»Los jetzt!«, rief Harper erneut.

Sharpe rannte. Er erreichte das Bauernhaus, als der letzte Schütze soeben die Schwelle überschritten hatte. Harper stand bereit, um die Tür zu schließen und mit einer Truhe zu versperren.

»Danke!«, rief Sharpe keuchend, nachdem er wie eine Kanonenkugel durch die Tür geschossen war. Harper ignorierte ihn.

Sharpe fand sich in einem Durchgang wieder, der von Norden nach Süden durch das gesamte Bauernhaus verlief. Beide Enden des Durchgangs waren mit Türen verschlossen, während zwei weitere Türen ins Innere des Hauses führten. Er wählte die Tür zur Linken und kam in eine geräumige Küche, wo ein Mann und eine Frau zitternd vor Angst neben dem Herdfeuer kauerten. Im Herd hing an einem Topfhaken ein brodelnder Kessel mit stinkender Seifenlauge.

Der Kutscher der Parkers redete dem Paar gut zu, dann begann er, eine mächtige Sattelpistole zu laden. Louisa war damit beschäftigt, eine kleine Pistole mit Elfenbeingriff aus ihrem Futteral zu befreien.

»Wo ist Ihre Tante?«, fragte Sharpe.

»Dort.« Sie zeigte auf eine Tür an der Innenwand der Küche.

»Sehen Sie zu, dass Sie auch dort verschwinden.«

»Aber ...«

»Ich sagte, verschwinden!« Sharpe schloss das Pistolenfutteral und schob Louisa, obwohl diese sehr entrüstet war, in Richtung Vorratskammer, wo ihre Tante und ihr Onkel zwischen hohen Steinkrügen kauerten. Dann trat er hinkend an das nächstgelegene Fenster und sah die Dragoner unweit der kleinen Scheune. Seine Männer schossen auf sie. Ein Pferd bäumte sich auf, ein Franzose fuhr mit der Hand an den getroffenen Arm, und eine Trompete schmetterte.

Die Dragoner zerstreuten sich. Sie entfernten sich nur so weit, dass sie hinter der gemauerten Scheune oder den Feldmauern Schutz suchen konnten. Sharpe wusste, dass es nur noch Sekunden dauern konnte, bis sie abgesessen waren und anfangen würden, das Bauernhaus unter Beschuss zu nehmen. »Wie viele Fenster gibt es hier, Sergeant?«

»Keine Ahnung, Sir.« Williams keuchte immer noch von der Anstrengung, bergauf gerannt zu sein.

Von draußen pfiff eine Kugel durch die Küche. Sie traf hoch über Sharpes Kopf einen Deckenbalken. »Haltet eure verdammten Köpfe unten! Und erwidert das Feuer!«

Drunten gab es drei Räume: die große Küche, die ein Fenster nach Norden und eines nach Süden hatte. Die kleine Vorratskammer, in der die Parkers saßen, hatte keine Fenster. Auf der anderen Seite des Durchgangs befand sich außerdem ein wesentlich größerer Raum, eine Stallung für die Tiere. Zwei Schweine und ein Dutzend verschreckter Hühner waren die einzigen Bewohner.

Von der Küche aus führte eine Leiter hinauf in den einzigen Schlafraum. Ein massives Bett und eine Kommode zeugten vom relativen Wohlstand des Gehöfts. Der Raum hatte zwei Fenster, die ebenfalls nach Norden und Süden wiesen. Sharpe platzierte Schützen an beiden Fenstern, dann befahl er Sergeant Williams, dort oben das Kommando zu übernehmen und in die östlichen und westlichen Wände Schießscharten hauen zu lassen. »Und ins Dach!«