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»Ins Dach?« Williams starrte zu den dicken Balken empor, die die Dachziegeln verbargen.

»Damit wir auch nach Westen und Osten Ausschau halten können«, bekräftigte Sharpe. Solange er an dieser Flanke blind war, war er einem französischen Überraschungsangriff hilflos ausgesetzt.

Wieder unten angekommen, befahl Sharpe, neben dem Schornstein eine weitere Schießscharte zu hauen. Der spanische Bauer nahm, als er verstand, was zu tun war, selbst eine Spitzhacke zur Hand und begann, auf die Mauer einzuschlagen. Ein Kruzifix, das an der weiß getünchten Wand hing, erzitterte unter der Gewalt der Hiebe, die der Mann ausführte.

»Schweinehunde von rechts!«, rief Harper drüben am Fenster. Büchsen wurden abgefeuert. Jene Grünjacken, die geschossen hatten, zogen sich in geduckter Haltung zurück und machten anderen Platz. Mehrere abgesessene Dragoner hatten versucht, das Bauernhaus im Sturm zu nehmen. Nun lagen drei von ihnen in einer Pfütze. Zwei davon rappelten sich auf und brachten sich hinkend in Sicherheit, der Dritte blieb reglos liegen. Sharpe sah, wie die Regentropfen die blutgetränkte Wasserfläche trafen.

Dann blieb es einen Moment lang ziemlich ruhig.

Keiner von Sharpes Männern war verwundet. Sie waren atemlos und ziemlich nass, aber in Sicherheit. Wegen der Bedrohung durch das Musketenfeuer, das ständig die Fenster traf, standen sie gebückt, sodass die Kugeln nur im Haus Schaden anrichteten. Sharpe spähte erneut nach draußen und sah, dass der Feind in Abzugsgräben beziehungsweise hinter dem Misthaufen in Deckung gegangen war. In der Küche bot die Bauersfrau mit fahrigen Bewegungen den Grünjacken in Scheiben geschnittene Wurst an.

George Parker kam auf Händen und Knien aus der Vorratskammer gekrochen. Ängstlich wartete er, bis Sharpe auf ihn aufmerksam wurde. Dann erkundigte er sich, welchem Aktionsplan Lieutenant Sharpe zu folgen gedenke.

Lieutenant Sharpe teilte Mr Parker mit, er habe vor, zu warten, bis es dunkel wurde.

Parker schluckte. »Das kann Stunden dauern!«

»Höchstens fünf, Sir.« Sharpe lud sein Gewehr nach. »Es sei denn, Gott lässt die Sonne stillstehen.«

Parker wollte auf diese leichtfertige Bemerkung nicht eingehen. »Und dann?«

»Dann brechen wir aus, Sir. Aber erst, wenn es ganz dunkel ist. Wir verdreschen die Schweinehunde, wenn sie am wenigsten damit rechnen, bringen ein paar von ihnen um und hoffen, dass die anderen darüber in Verwirrung geraten.« Sharpe richtete sein Gewehr waagerecht aus und füllte die Pfanne mit Zündpulver. »Sie können uns nicht viel anhaben, solange wir uns bedeckt halten.«

»Aber ...« Parker zuckte zusammen, als eine Kugel über seinem Kopf in die Wand schlug. »Meine liebe Frau, Lieutenant, wünscht, dass Sie ihr versichern, dass wir unsere Kutsche wiederbekommen.«

»Ich fürchte, das geht nicht, Sir.« Sharpe richtete sich halb auf, sah hinter dem Misthaufen einen Schatten und schoss sein Gewehr ab. Die Waffe rauchte, und auf dem Boden schwelte ein Fetzen Papier. »Dazu wird keine Zeit sein, Sir.« Er duckte sich, holte eine Patrone aus seiner Munitionstasche und biss sie auf.

»Aber meine Bibeln!«

Sharpe dachte nicht daran, ihm zu offenbaren, dass die Bücher, als er sie zuletzt gesehen hatte, im spanischen Morast verstreut waren. Er schüttete das Pulver in die Mündung seines Gewehrs. »Ihre Bibeln, Sir, sind Napoleons Heer in die Hände gefallen.« Er rammte Kugel und Papier in den Gewehrlauf. Der Salpeter hatte einen stechenden Geschmack und trocknete ihm den Mund aus.

»Aber ...« Wieder wurde Parker von einer Musketenkugel zum Schweigen gebracht. Sie traf scheppernd einen Topf, der von einem Balken herabhing, hinterließ ein Loch in dessen Metallboden, prallte gegen den nächsten Deckenbalken und fiel Sharpe vor die Füße. Er hob sie auf und ließ sie in der Hand herumrollen, weil sie noch heiß war. Dann roch er daran. Parker runzelte verwirrt die Stirn.

»Es geht das Gerücht, die Franzmänner würden ihre Kugeln vergiften, Sir.« Sharpe sprach laut, sodass seine Männer, darunter einige, die halb von dieser Geschichte überzeugt waren, mithören konnten. »Stimmt aber nicht.«

»Wirklich nicht?«

»Nein, Sir.« Sharpe nahm die Kugel in den Mund, grinste und schluckte sie hinunter. Seine Männer lachten über George Parkers bekümmerte Miene. Sharpe drehte sich um, weil er sehen wollte, wie der Bauer mit seiner Schießscharte vorankam. Die Mauern des Hauses waren ungeheuer dick. Die Spitzhacke des Mannes war einen Fuß tief in die mittlere Schuttschicht eingedrungen, jedoch noch längst nicht draußen angelangt.

Eine Musketensalve krachte gegen das rückwärtige Fenster. Die Schützen blieben unverletzt und taten brüllend ihre Verachtung kund. Diese Reaktion konnte der grauhaarige Parker nicht nachempfinden. »Sie sind dem Untergang geweiht, Lieutenant!«

»Sir, wenn Sie nichts Besseres ...«

»Lieutenant! Wir sind Zivilisten! Warum sollten wir hierbleiben und mit Ihnen in den Tod gehen?« George Parker hatte unter Beschuss seine Courage wiedergefunden, die Courage, sein ängstliches Gemüt sprechen zu lassen und die Kapitulation zu verlangen.

Sharpe versah seine Büchse mit Zündpulver. »Sie wollen also dort hinausgehen, Sir?«

»Wir brauchen eine weiße Fahne, Mann!« Parker zuckte zusammen, als erneut eine Musketenkugel schräg über seinem Kopf einschlug.

»Wenn es das ist, was Sie wollen, Sir ...« Aber noch ehe Sharpe seinen Satz beenden konnte, erklang aus dem Obergeschoss Sergeant Williams' panikartiger Schrei, dann folgte ein hallendes Krachen, als eine massive feindliche Salve die Vorderseite des Hauses traf. Ein Schütze wurde vom Fenster zurückgerissen. Aus seinem Kopf spritzte Blut. Zwei Gewehre schossen, dann weitere im oberen Stockwerk. Als Nächstes verdunkelte sich das nördliche Fenster: Französische Dragoner, die um die nicht einsehbare westliche Hausecke herum angegriffen hatten, erschienen im Fensterrahmen. Sie wurden erst zurückgedrängt, als die Bauersfrau, schreiend vor Verzweiflung und mit Kräften, die bei einer so mageren Frau erstaunten, den Kessel von seinem Haken riss und ihn nach dem Feind warf. Die kochend heiße Seifenlauge ließ die Franzosen zurückweichen, als habe man eine Kanone auf sie abgeschossen.

»Sir!« Harper stand an der Küchentür. Im Durchgang war ein Krachen zu hören, als die Franzosen die südliche Tür niederrissen, die der Ire nicht so sicher verbarrikadiert hatte wie die nördliche. Ein Trupp Dragoner hatte sich den massierten Angriff zunutze gemacht, um auf der anderen Hausseite anzugreifen. Dabei waren sie bis in den zentralen Durchgang vorgedrungen. Harper schoss durch die Küchentür, die augenblicklich an zwei Stellen zersplitterte, als die Franzosen das Feuer erwiderten. Beide Kugeln trafen den Tisch.

Die Küche füllte sich mit Pulverdampf. Die Männer wechselten einander ab, durch die Fenster zu schießen, dann luden sie in fieberhafter Eile nach. Der Kutscher leerte seine riesige Pistole durch die Tür und wurde mit einem Schmerzensschrei belohnt.

»Aufmachen!«, befahl Sharpe.

Harper gehorchte. Ein verblüffter Franzose, der gerade seine Muskete anlegen wollte, sah sich mit einem Degen konfrontiert, der von Sharpe so ungestüm geführt wurde, dass die Spitze der Klinge die gegenüberliegende Wand des Durchgangs traf, nachdem sie den Leib des Dragoners mühelos durchbohrt hatte.

Harper stimmte sein merkwürdiges Kampfgeschrei an und folgte Sharpe mit einer Axt, die er von der Küchenwand gerissen hatte. Er hackte damit so lange auf einen weiteren feindlichen Soldaten ein, bis der Durchgang glitschig war vor Blut.

Sharpe befreite seinen Degen mit stoßenden und drehenden Bewegungen. Die Klinge eines Franzosen streifte seinen Unterarm. Blut quoll daraus hervor. Sharpe stürzte sich auf den Mann, drängte ihn gegen die Wand des Durchgangs und schlug mit dem Heft des Degens auf sein Gesicht ein. Neben seinem Kopf krachte eine Büchse und riss einen weiteren Dragoner vom Eingang zurück. Aus einem anderen Raum drang das verängstigte Quieken von Schweinen herüber.