Выбрать главу

Sharpe stolperte über einen kriechenden Franzosen, der aus einer Bauchwunde blutete. Wieder entlud sich eine Büchse in den Durchgang, dann rief Harper ihm zu, der Feind habe sich davongemacht. Die Kugel einer Muskete schlug in den Durchgang ein, prallte von den Wänden ab und vergrub sich am anderen Ende in die Tür.

Sharpe betrat den Raum, in dem die Tiere untergebracht waren, und entdeckte einen hölzernen Trog, der im Durchgang als eine Art Barrikade dienen konnte. Er zerrte ihn hinaus, doch da ergriffen die Schweine, noch ehe er die beschädigte äußere Tür zuschlagen und den Trog unter die Kreuzbalken schieben konnte, die Gelegenheit zur Flucht.

»Ein Glücksfall für die verfluchten Franzmänner«, meinte Harper. »Schweinefleisch zum Abendbrot.«

Entsetzliche Schreie kündeten vom Tod der Schweine. Sie waren so durchdringend, dass sie vorübergehend das ständige Musketenfeuer übertönten, dem das Bauernhaus ausgesetzt war.

Die Franzosen hatten sich in Sicherheit gebracht. In der Küche lag ein toter Schütze, ein zweiter war verwundet. Sharpe trat an die Leiter. »Sergeant Williams?« Er bekam keine Antwort.

»Sergeant Williams! Was machen die Schießscharten?«

Es war Dodd, der ihm antwortete. »Er ist tot, Sir. Hat einen Schuss ins Auge abgekriegt.«

»Jesus Christus.«

»Er hat durchs Dach nach draußen geschaut, Sir.«

»Sieh zu, dass auch weiterhin jemand Ausschau hält!«

Williams war also tot. Sharpe ließ sich am Fuß der Leiter nieder und starrte Patrick Harper an. Er war der offenkundige Ersatz, die einzige Wahl, aber Sharpe hatte den Verdacht, dass der große Ire sein Angebot entschieden zurückweisen würde. Daher, überlegte er, konnte ihm der Rang nicht verliehen, sondern nur auferlegt werden.

»Harper?«

»Sir?«

»Sie sind ab sofort Sergeant.«

»Verdammt, das bin ich nicht.«

»Sie sind Sergeant!«

»Nein, Sir! Nicht in diesem verdammten Heer. Nein.«

»Gott im Himmel!« Sharpe spuckte dem hünenhaften Mann die Gotteslästerung entgegen, aber Harper wandte sich nur ab und starrte aus dem Fenster, dorthin, wo kleine Rauchwolken die Position einiger Dragoner in einem Abzugsgraben verrieten.

»Mister Sharpe?« Eine zögernde Hand legte sich auf Sharpes verwundeten Arm. Es war wieder George Parker. »Meine liebe Frau und ich haben alles besprochen, Lieutenant, und wir würden es sehr begrüßen, wenn Sie mit dem französischen Befehlshaber Kontakt aufnehmen.« Plötzlich bemerkte Parker Sharpes Blut an seinen Fingern. Er erbleichte und fuhr stotternd fort: »Bitte, glauben Sie nicht, wir würden Sie zu diesem Zeitpunkt im Stich lassen, aber ...«

»Ich weiß«, unterbrach Sharpe ihn, »Sie glauben, wir wären dem Untergang geweiht.« Er sprach mit einer gewissen Heftigkeit, nicht weil er Parkers Wunsch verdammte, sich in Sicherheit zu bringen, sondern weil er, wenn die Parkers fortgingen, Louisa verlieren würde. Er hätte die Familie schon auf der Straße zurücklassen können, wo sie in ihrer Kutsche außer Gefahr gewesen wäre, aber er hatte sie zur Flucht angestachelt, weil er nicht auf die Gesellschaft des Mädchens verzichten wollte. Nun jedoch sah Sharpe ein, dass ihm keine andere Wahl blieb. Man konnte von den beiden Frauen nicht erwarten, dass sie sich einem französischen Angriff aussetzten oder der Gefahr eines Querschlägers. Louisa musste fort.

Auf dem Tisch, wo der gefallene Schütze, aus dessen nassem Haupthaar immer noch Blut rann, zwischen zerschlagenem Geschirr ruhte, lag ein Stück Leinen, das zwar grau und verschmutzt war, jedoch als Friedensfahne genügen mochte. Sharpe spießte den dünnen Stoff mit der Spitze seines Degens auf und trat mit schleppenden Schritten ans Fenster. Die Schützen machten ihm Platz.

Er hob den Arm und schob den Degen aus dem Fenster. Er schwenkte ihn nach rechts und links und wurde mit einem Ruf belohnt, der draußen erscholl. Dann entstand eine Pause, während derer sich Sharpe behutsam aufrichtete.

»Was willst du, Engländer?«, rief eine Stimme.

»Verhandeln!«

»Dann komm raus. Aber nur ein Mann!«

Sharpe nahm den Stoff von der Degenspitze, steckte die Klinge ein und begab sich in den Durchgang. Er stieg über einen toten Dragoner hinweg und rückte die Truhe vor der nördlichen Tür beiseite. Er kam sich merkwürdig nackt und ungeschützt vor, dennoch trat er hinaus in den Regen.

Um mit dem Mann in der roten Pelisse zu verhandeln.

KAPITEL 9

In der Scheune lagen ein Dutzend französische Verwundete und erfüllten den geräumigen Innenraum mit dem Gestank von Blut, Eiter und Kampferessig. In einer Ecke lagen die Verletzten auf unbequemen Betten aus Heu, in einer anderen hatten die Offiziere ein umgestülptes Wasserfass in einen Kommandoposten umfunktioniert. Ein halbes Dutzend Offiziere umstand das Fass, darunter der Oberst im roten Husarenpelz. Er begrüßte Sharpe freundlich und in fließendem Englisch.

»Ich bin Oberst Pierre de l'Eclin, und ich habe die Ehre, Jäger der Kaiserlichen Garde Seiner Majestät zu sein.«

Sharpe erwiderte seine angedeutete Verbeugung. »Lieutenant Richard Sharpe von den 95th Rifles.«

»Den Rifles, wie? Aus Ihrem Mund hört sich das an wie ein Grund, sehr stolz zu sein.« De l'Eclin war ein gut aussehender Mann, so groß wie Sharpe, kräftig gebaut, mit kantigem Gesicht und goldblondem Haar. Er wies auf eine Karaffe Wein, die auf dem provisorischen Tisch stand. »Ob ein Angehöriger der Rifles wohl bereit wäre, etwas Wein zu nehmen?«

Sharpe war nicht sicher, ob man ihn verspotten oder ehren wollte. »Ich danke Ihnen, Sir.«

Der Oberst winkte einen Leutnant beiseite und bestand darauf, die beiden kleinen Silberkelche selbst zu füllen. Einen davon hielt er Sharpe hin, zog ihn jedoch, noch ehe der Schütze zugreifen konnte, wieder leicht zurück, als wolle er die Gelegenheit wahrnehmen, das narbenbedeckte Gesicht des Briten zu studieren. »Sind wir uns schon einmal begegnet, Lieutenant?«

»An einer Brücke, Sir. Sie haben meinen Säbel zerbrochen.«

De l'Eclin schien das zu freuen. Er überreichte Sharpe den Kelch und schnippte mit den Fingern, als die Erinnerung zurückkehrte. »Sie haben pariert! Eine bemerkenswerte Parade! Oder war es reines Glück?«

»Vermutlich Glück, Sir.«

»Soldaten brauchen Glück, und Sie können sich glücklich schätzen, dass ich Sie nicht auf offenem Gelände eingeholt habe. Wie auch immer, Lieutenant, ich muss die ausgezeichnete Verteidigung Ihrer Rifles loben. Wie schade, dass es so enden muss.«

Sharpe trank den Wein, um den säuerlichen Geschmack des Schießpulvers aus seinem Mund zu vertreiben. »Das ist nicht das Ende, Sir.«

»Nein?« De l'Eclin zog höflich die Brauen hoch.

»Ich, Sir, bin nur um einiger englischer Zivilisten willen hier, die auf dem Bauernhof festsitzen und den Wunsch haben abzureisen. Sie sind bereit, auf Ihre Güte zu vertrauen, Sir.«

»Meine Güte?« De l'Eclin lachte vergnügt auf. »Ich sagte Ihnen doch, ich bin Jäger der Kaiserlichen Garde, Lieutenant. Ein Mann erlangt diesen außergewöhnlichen Ehrentitel oder gar den Rang eines Obersten nicht dadurch, dass er sich in Güte und Mildtätigkeit übt. Dennoch weiß ich zu schätzen, was zweifellos als Kompliment gemeint war. Wer sind diese Zivilisten?«

»Englische Reisende, Sir.«

»Und das sind ihre Bücher?« De l'Eclin zeigte auf zwei verschmutzte Ausgaben des Neuen Testaments in spanischer Sprache, die auf dem umgekehrten Fass lagen. Die zurückgebliebenen Bücher hatten offensichtlich die Neugier der Franzosen erregt, eine Neugier, die Sharpe zu befriedigen versuchte. »Es handelt sich um methodistische Missionare, Sir, die Spanien vom Papsttum abbringen wollen.«