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Major Dunnett erkannte, dass seinen Schützen der Untergang drohte. »Zum Karree! Sammeln! Sammeln!«

Die Grünjacken sammelten sich zum Karree, einer dicht geschlossenen rechteckigen Formation, in der die Männer auf engstem Raum Schutz gegen einen Kavallerieangriff suchten. Wer sich in der vorderen Reihe wiederfand, kniete nieder und stemmte den Gewehrkolben in den Boden, um der Klinge seines Schwertbajonetts festen Halt zu geben. Andere luden ihre Gewehre und rieben sich die steif gefrorenen Fingerknöchel an den aufgepflanzten Schwertbajonetten wund, wenn sie den Ladestock in den Lauf rammten. Schütze Cooper und sein Maultier suchten in der Mitte des Vierecks Zuflucht.

Die auf Füchsen reitende Schwadron löste sich nun weiter hinten aus dem französischen Gefechtsverbund, nahm die Musketen zur Hand und saß ab. Die anderen beiden Schwadronen ließen ihre Pferde kantern. Sie waren hundert Schritt weit entfernt und würden sie erst kurz vor dem Ziel zum Galopp anspornen.

»Feuer!«, brüllte Dunnett.

Die Schützen, die es geschafft hatten zu laden, gaben ihren Schuss ab.

Ein Dutzend Sättel wurde leer gefegt. Die Schützen rempelten sich gegenseitig an und richteten sich zu Reihen aus, um das Karree zu vergrößern und jeder Waffe Gelegenheit zum Feuern zu geben.

»Feuer!« Weitere Büchsen spien ihre Geschosse aus, weitere Reiter fielen, dann riss der Gardeoffizier, statt den Angriff fortzusetzen, sein Pferd herum. Die beiden Schwadronen scherten aus und gaben das Feld für die Abgesessenen frei, die hinter ihnen herangekommen waren und nun mit ihren Musketen das Feuer eröffneten. Die Dragonerkompanie, die an der Brücke gewartet hatte, näherte sich währenddessen der Ostseite des Karrees.

Die enge Formation gab eine perfekte Zielscheibe ab für die von ihren Pferden abgestiegenen Dragoner. Doch wenn die Schützen sich in Kampflinie formiert hätten, um die improvisierte Infanterie zu vernichten, hätten die Berittenen wieder ihre Pferde angespornt und die Grünjacken einfach niedergeritten. Der Gardeoffizier, überlegte Sharpe, war ein gerissener Hundesohn, ein gerissener französischer Hundesohn, dem heute einige brave Schützen zum Opfer fallen würden.

Die Schützen fielen, einer nach dem anderen. Das Innere des Karrees verwandelte sich in ein Leichenhaus - überall Verwundete, Blut, Schreie, verzweifelte Gebete. Der eisige Regen hatte zugenommen und ließ die Pulverpfannen der Büchsen feucht werden. Aber zum überwiegenden Teil zündete das Schwarzpulver noch, sodass sie dem Feind ihre Kugeln entgegenspeien konnten, einem Feind, der im Gras kauerte und daher nur kleine, schwer zu treffende Ziele bot.

Die beiden berittenen Schwadronen waren nach Westen ausgeschert und formierten sich jetzt neu. Ihr Angriff würde sich am Straßenverlauf ausrichten, und der eisige Stahl ihrer schweren Kavalleriesäbel würde brennen wie Feuer, wenn er seine Opfer traf. Solange die Schützen zusammenblieben und ihre gelichteten Reihen noch die fahlen Klingen hochhielten, würden ihnen die Reiter nichts anhaben können. Aber die feindlichen Musketen forderten einen furchtbaren Blutzoll. Und wenn erst genug Schützen gefallen waren, würde der Kavallerieangriff das geschwächte Karree durchdringen wie ein Schwert, das einen faulen Apfel zerteilt.

Dunnett wusste das und suchte nach einem Ausweg. Er fand ihn in den tief hängenden Wolken, die knapp zweihundert Yards nördlich den Hang in Nebel hüllten. Falls es den Grünjacken gelang, in die alles verdeckende Nebelwand hinaufzuklettern, waren sie in Sicherheit. Er zögerte die Entscheidung hinaus. Ein Sergeant fiel mit einem sauberen Kopfschuss rücklings ins Karree. Ein Schütze schrie auf, als eine Kugel ihn in den Unterleib traf. Ein anderer, der am Fuß getroffen war, unterdrückte ein schmerzliches Stöhnen und lud seine Waffe.

Dunnett blickte zu der wolkenverhangenen Zuflucht am Hang hinauf. Er strich sich über den schmalen, struppigen Schnurrbart, in dem sich die Regentropfen fingen. Dann fällte er seine Entscheidung. »Den Hügel hinauf! Den Hügel hinauf! Haltet die Formation!«

Das Karree rückte im Schneckentempo den Hang hinauf. Die Verwundeten schrien, als man sie aufhob. Immer noch fanden französische Kugeln ihr Ziel, und die Formation der Grünjacken drohte aufzubrechen, sobald die Männer haltmachten, um das Feuer zu erwidern oder den Verwundeten zu helfen. Sie kam entsetzlich langsam voran, zu langsam für die überlasteten Nerven von Major Dunnett. »Im Eilschritt! Jeder für sich!«

»Nein!« Sharpe brüllte den Gegenbefehl, doch er wurde ignoriert. Dunnett hatte seinen Befehl ausgegeben. Der Rückzug wurde zum Wettrennen. Wenn es den Grünjacken gelang, in Deckung zu gehen, ehe die Kavallerie sie einholte, würden sie am Leben bleiben. Wenn allerdings der Gardeoffizier die Entfernung richtig berechnet hatte, würde er den Sieg davontragen.

Der Oberst im roten Pelz hatte allzu gut kalkuliert.

Die Grünjacken rannten los, doch ihr heiseres Atmen und das Stampfen ihrer Stiefel wurde vom Hufgetrappel übertönt.

Ein Mann drehte sich um und sah vor sich das gebleckte Gebiss eines Pferdes. Über dem Klang der Trompete hörte er das Zischen einer Klinge. Der Schütze schrie auf.

Es folgten Chaos und Gemetzel.

Die Reiter rieben die Grünjacken auf und schwenkten dann herum, um ihnen den Todesstoß zu versetzen. Ihre massiven Säbel hieben und stachen um sich.

Sharpe wurde auf einen Mann aufmerksam, der mit erhobener Klinge auf ihn zukam. Er wich seitlich aus und spürte den Luftzug des Dragonersäbels im Gesicht. Ein anderer Kavallerist ritt auf ihn zu, doch er schwang sein Gewehr am Lauf herum und versetzte dem Pferd einen Hieb aufs Maul. Das Pferd wieherte, bäumte sich auf, und Sharpe rannte weiter. Er brüllte den Männern zu, sich um ihn zu sammeln, doch die Grünjacken waren in alle Winde zerstreut und rannten um ihr Leben. Das Bataillonsmaultier ging in östliche Richtung durch. Cooper, der sich verbissen abmühte, seine Habe aus den Tragekörben des Tiers zu retten, wurde von einem Säbelstreich getötet.

Major Dunnett wurde einfach niedergeritten. Ein siebzehnjähriger Lieutenant wurde von zwei Dragonern eingeholt. Der erste raubte ihm mit einem rückhändigen Säbelhieb das Augenlicht, der zweite durchbohrte ihm die Brust.

Immer mehr Berittene strömten heran. Ihre Pferde stanken nach offenen Sattelwunden. Man hatte sie zuschanden geritten, aber zu diesem Zweck waren sie nun einmal abgerichtet.

Einem Schützen wurde förmlich die Wange vom Gesicht herabgeschlagen, Blut und Speichel schossen ihm aus dem Mund. Die Franzosen grunzten beim Zuschlagen. Was für ein Paradies für jeden Kavalleristen: fliehende Infanterie und fester Boden unter den Hufen.

Sharpe brüllte im Laufen immer noch: »Schützen zu mir! Zu mir! Zu mir!« Der Gardeoffizier musste ihn gehört haben, denn er zog seinen großen Rappen herum und trieb ihn auf den Engländer zu.

Sharpe sah ihn kommen, hängte sich das ungeladene Gewehr um und zog den Säbel. »Komm nur, du Hundesohn!«

Der Oberst der Kaiserlichen Garde hielt seinen Säbel in der Rechten und lenkte sein Pferd auf die linke Seite des Schützen, um sich den Todesstoß leicht zu machen. Sharpe wartete darauf, die gebogene Klinge dem Pferd übers Maul zu ziehen. Der Hieb würde ihm auf der Stelle Einhalt gebieten, es würde sich aufbäumen und abdrehen. Mit diesem Trick hatte er schon mehr Reiter abgewehrt, als er zählen konnte. Dabei kam es vor allem darauf an, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten. Sharpe hoffte, das panikartige Ausweichmanöver des Pferdes werde den Reiter abschütteln. Er wollte den gerissenen Gardeoffizier tot am Boden sehen.

Der Franzose gab seinem Rappen die Sporen, als wolle er zum Todesstoß ansetzen. Sharpe schwang den Säbel und erkannte, dass er überlistet worden war. Das Pferd verhielt und wich zur Seite. Dieses Manöver zeugte von stundenlanger, geduldiger Ausbildung. Sharpes Säbel zischte durch die Luft und verfehlte sein Ziel. Der Oberst aber war nicht rechts-, sondern linkshändig. Als sein Pferd nach rechts ausbrach, hatte er die Säbelhand gewechselt. Seine Klinge glitzerte, als sie nun herabsauste, gezielt auf den Hals des Schützen.