Выбрать главу

»Dort hinein!« Sharpe entdeckte zu seiner Linken einen Innenhof, und er stieß die Gefangenen durch den Torbogen. Er ließ zu ihrer Bewachung ein halbes Dutzend Rifles zurück, dann kehrte er in das mittelalterliche Straßengewirr zurück, in dem heftig gekämpft wurde. Manche Gassen lagen friedlich da, während in anderen kurze, heftige Feuergefechte stattfanden, wann immer verzweifelte Franzosen in die Enge getrieben wurden.

Ein Offizier, der in eine Sackgasse geraten war, hieb mit dem Degen um sich und schlug sechs Freiwillige in die Flucht, ehe krachende Musketenkugeln seinen Widerstand brachen. Die meisten Franzosen verbarrikadierten sich in ihren Quartieren. Spanische Musketen sprengten die Türen, und Männer starben, als sie die schmalen Treppen hinaufstürmten, doch die Franzosen waren zahlenmäßig unterlegen. Zwei Häuser gerieten in Brand, und Männer schrien entsetzlich, als sie bei lebendigem Leibe verbrannten.

Die meisten überlebenden Feinde, abgesehen von jenen, die das große Gebäude an der Plaza besetzt hielten, befanden sich im Süden der Stadt, wo sie in einer Ansammlung von Häusern von ihren Offizieren zusammengehalten wurden und sich standhaft wehrten.

Sharpes Männer eroberten zwei Obergeschosse, und ihre Gewehrschüsse vertrieben die Franzosen von den Fenstern und Innenhöfen. Vivar war mit einem abgesessenen Trupp Cazadores unterwegs, und Sharpe sah zu, wie die spanische Kavallerie in die vom Feind besetzten Häuser flutete.

Vivars sorgfältiger Plan, der vorsah, Männer zu jeder Ausfallstraße der Stadt zu beordern, war in der Hitze des Sieges untergegangen. So kam es, dass Männer, die den Feind in östliche Richtung hätten vertreiben sollen, mordeten und plünderten, so gut sie nur konnten. Doch es war gerade dieses Ungestüm, das die Angreifer durch die Stadt schwärmen ließ und die Franzosen zur Flucht veranlasste, entweder hinaus aufs Land oder zum französischen Hauptquartier an der Plaza.

Die aufgehende Sonne offenbarte, dass die Trikolore von der hohen Kuppel der Kathedrale verschwunden war. An ihrer Stelle fing eine spanische Standarte, leuchtend wie ein Juwel, die sanfte Brise ein. Sie war mit dem Wappen des spanischen Königshauses geschmückt, ein Banner für den Morgen, wenn auch noch nicht das Banner Santiagos, das man erst in der Kathedrale entfalten würde.

Sharpe überlegte, wie schön doch die Stadt im Morgenlicht aussah. Er betrachtete das komplizierte Gewirr aus Kirchtürmen, Spitzdächern, Kuppeln und Kastellen, verschleiert durch Rauch und Sonnenlicht. Die ganze Szene wurde von der Kathedrale selbst überragt.

Eine Gruppe blau berockter Franzosen erschien auf dem mit einer Balustrade versehenen Balkon eines der Glockentürme. Sie feuerten in die Tiefe, dann trieb eine Salve von unten sie zurück. Eine der spanischen Kugeln traf eine Glocke. Die übrigen Kirchenglocken der Stadt läuteten zum Sieg, obwohl vereinzelte Musketenschüsse von den letzten Resten französischen Widerstands zeugten.

Ein Schütze neben Sharpe entdeckte zwei Franzosen, die in fünfzig Yards Entfernung über ein Dach krochen. Die Baker-Büchse schlug gegen seine Schulter, dann rutschte einer der Feinde blutend über die Schindeln und stürzte auf die Straße. Der andere warf sich hastig über den Dachfirst, um dahinter zu verschwinden.

Vivars Männer hatten mit Säbel und Karabiner die Verfolgung aufgenommen, und Sharpe konnte französische Soldaten in die südlichen Felder rennen sehen. Er befahl seinen Männern, das Feuer einzustellen, dann führte er sie wieder hinab auf die Straße, wo die Schönheit des Stadtbildes durch den grässlichen Gestank von Blut überlagert wurde. Ein Hund leckte im Rinnstein das Blut auf und knurrte, als die Schützen ihm zu nahe kamen.

Sharpe begab sich wieder an den Rand der Plaza, wo immer noch Musketenfeuer über die Steinplatten peitschte. Der weite Platz war bis auf die Toten und Gefallenen leer. Die Franzosen hatten ihre Stellung in dem riesigen, eleganten Gebäude gehalten, von wo aus sie Musketendonner erschallen ließen, sobald ein Spanier es wagte, sich auf der Plaza zu zeigen.

Sharpe sorgte dafür, dass seine Schützen in Deckung blieben. Er schlich bis an die Straßenecke vor, von wo aus er begutachten konnte, welch üppigen Reichtum ein toter Heiliger über das Stadtzentrum gebracht hatte. Die Plaza war von Aufsehenerregend schönen Gebäuden umgeben.

Ein Schrei veranlasste ihn, sich umzudrehen, und er sah, wie ein Franzose von einem Glockenturm der Kathedrale geworfen wurde. Sein Körper zappelte im Fallen, dann wurde der Anblick gnädig von einer niedrigen Häuserzeile verborgen.

Die Kathedrale war ein Wunderwerk aus fein behauenem Stein mit verschlungenen Verzierungen, doch an diesem Tag starben Menschen im Labyrinth seiner geschnitzten Dächer. Auf dem Glockenturm wurde eine weitere spanische Standarte gehisst, nachdem man dort den letzten Franzosen getötet hatte. Die großen Glocken stimmten ihr fröhliches Geläut an, während eine Salve Musketenfeuer von der französischen Seite der Plaza her versuchte, an den Spaniern Rache zu nehmen, die das Banner ins Morgenlicht gehängt hatten.

Ein Spanier stürmte aus der westlichen Pforte der Kathedrale und schwang eine eroberte französische Fahne. Augenblicklich ergoss sich ein Geschosshagel vom Westen her auf den Platz, und die Kugeln umschwirrten krachend den Mann. Wie durch ein Wunder überlebte er.

Im Bewusstsein, an diesem Tag unverwundbar und unsterblich zu sein, kam der Mann verwegen die Stufen der Kathedrale herabstolziert und trat zwischen die verstreuten Leichen auf der Plaza. Auf Schritt und Tritt zerfetzten die zischenden Kugeln die erbeutete Fahne des Feindes. Der Mann jedoch blieb unverletzt, und die Schützen jubelten, als er endlich gemächlich seine zerrissene Trophäe in einer Straße in Sicherheit brachte.

Im Schatten stehend, hatte Sharpe das von Franzosen besetzte Gebäude beobachtet und herauszufinden versucht, wie viele Musketen von seiner Fassade aus abgefeuert wurden. Er schätzte mindestens einhundert Schuss und wusste, dass es sich, falls die Franzosen auf der anderen Seite des mächtigen Baus noch einmal so viele Männer hatten, als schwierig erweisen würde, ihn einzunehmen.

Er drehte sich um, als hinter ihm Hufgetrappel erklang. Es war Blas Vivar, der um die Gefahr wissen musste, die draußen auf dem Platz drohte, denn er glitt ein gutes Stück vor dem Ende der Straße aus dem Sattel.

»Haben Sie Miss Louisa gesehen?«

»Nein!«

»Ich auch nicht.« Vivar lauschte dem Musketenfeuer, das von der Plaza herüberdrang. »Sie sind also immer noch im Palast?«

»Massiert«, antwortete Sharpe.

Vivar spähte um die Straßenecke herum auf das Gebäude. Es war von Männern auf dem Dach der Kathedrale unter Beschuss genommen worden. Fensterscheiben zersplitterten. Französische Musketen erwiderten das Feuer. Sie spuckten Rauch in die aufgehende Sonne. Vivar fluchte.

»Ich kann sie dort nicht einfach lassen.«

»Es wird verdammt schwierig werden, sie herauszutreiben.« Sharpe wischte Blut von der Klinge seines Degens. »Sind Sie auf Artillerie gestoßen?«

»Ich habe keine zu Gesicht bekommen.« Vivar zuckte zurück, als dicht neben seinem Kopf eine Musketenkugel einschlug. Er grinste, als müsse er sich für seine Schwäche entschuldigen. »Vielleicht werden sie sich ergeben?«

»Nicht, wenn sie glauben, dass sie dann abgeschlachtet werden.« Sharpe wies hinter sich auf die Straße, wo ein französischer Leichnam bezeugte, welches Schicksal einen Feind erwartete, der sich vom Stadtvolk einfangen ließ.

Vivar trat von der Straßenecke zurück. »Vielleicht ergeben Sie sich Ihnen.«