Выбрать главу

Sharpe zeigte auf den südwestlichen Rand der Stadt. »Dort wird er seinen Angriff ausführen.«

»Nach Einbruch der Dunkelheit?«

»In der Dämmerung.« Sharpe runzelte die Stirn. »Vielleicht früher.«

Harper folgte ihm über einen Abzugsgraben und einen Damm. Die beiden Schützen gingen auf eine Ansammlung von Gebäuden zu, die wie ein Arm von der Südwestecke der Stadt ausging und de l'Eclins Männern Schutz bieten konnte, wenn sie sich näherten.

»Wir werden Männer in die Häuser abkommandieren müssen«, sagte Harper.

Sharpe schien ihn nicht zu hören. »Das gefällt mir nicht.«

»Eintausend Dragoner? Wem sollte das gefallen?«

»De l'Eclin ist ein gerissener Schweinehund.« Sharpe sprach halb zu sich selbst. »Ein ausgesprochen gerissener Schweinehund. Und er ist besonders gerissen, wenn er angreift.« Er drehte sich um und starrte zu den verbarrikadierten Straßen der Stadt hinüber. Die Hindernisse waren mit Cazadores bemannt und mit braunberockten Freiwilligen, die soeben dabei waren, Reisig für die Feuer aufzustapeln, die einen nächtlichen Angriff erleuchten sollten. Sie taten also genau das, was die Franzosen in der vergangenen Nacht getan hatten, und diese Vorkehrungen würde Oberst de l'Eclin sicherlich vorhersehen. Was also würde der Franzose tun?

»Er wird verdammt gerissen vorgehen, Sergeant, aber mir ist nicht klar, auf welche Art.«

»Er kann nicht fliegen«, sagte Harper stoisch, »und er hat keine Zeit, einen verdammten Tunnel zu graben, also muss er durch eine der Straßen reinkommen, stimmt's?«

Die Ironie dieser schwerfälligen Argumentation veranlasste Sharpe zu glauben, dass er Gefahren sah, wo keine waren. Besser, dachte er, sich auf die erste Eingebung zu verlassen.

»Er wird seine Kavallerie dort zu einem Scheinangriff ausschicken«, er zeigte auf das flache Land im Westen, »und wenn er denkt, wir würden alle in diese Richtung starren, wird er unberittene Männer von Süden heranschicken. Sie werden Befehl haben, diese Barrikade zu durchbrechen«, er zeigte auf die Straße, die aus der Stadt zur Kirche führte, »und seine Kavallerie wird hinter ihnen her einschwenken.«

Harper wandte sich hin und her, um sich selbst ein Urteil zu bilden. Sharpes Worte schienen ihn überzeugt zu haben.

»Und solange wir auf dem Hügel oder dort in den Häusern sind«, er wies mit dem Kopf auf die vereinzelten Gebäude außerhalb der Verteidigungslinie, »wird der Schweinehund nichts ausrichten können.« Der mächtige Ire hob einen Lorbeerzweig und bog das elastische Holz mit den Fingern. »Was mir aber wirklich Sorgen bereitet, Sir, ist nicht die Frage, wie wir den Angriff des Schweinehunds abwehren, sondern die Frage, was passieren wird, wenn wir den Rückzug antreten. Sie werden in diese Straßen eindringen wie die losgelassenen Teufel, wahrhaftig.«Auch Sharpe machte sich Sorgen über den Rückzug. Sobald Vivars Geschäfte in der Kathedrale erledigt waren, würde das Signal erschallen, und eine große Menschenmenge würde gen Osten aufbrechen, Freiwillige, Schützen, Cazadores, Priester und Volk aus der Stadt, das unter französischer Besatzung nicht länger dort bleiben wollte. Alle würden sie in die Dunkelheit hineinstolpern und rennen. Vivar hatte vor, den Rückzug von seiner Kavallerie schützen zu lassen, aber Sharpe wusste, welchem Chaos seine Männer in den Straßen ausgesetzt sein würden, sobald die französischen Dragoner erkannt hatten, dass die Barrikaden nicht mehr besetzt waren.

Er zuckte mit den Schultern. »Es bleibt uns nichts weiter übrig, als höllisch schnell zu rennen.«

»Da ist was Wahres dran«, sagte Harper bedrückt. Er warf den geknickten Zweig fort.

Sharpe starrte den verbogenen Lorbeer an. »Gütiger Himmel!«

»Was hab ich jetzt wieder falsch gemacht?«

»Ich will verdammt sein!« Sharpe schnippte mit den Fingern. »Ich will die Hälfte der Männer dort in den Häusern haben«, er zeigte auf die Gebäudereihe, die von der südwestlichen Barrikade ausging und entlang der südlichen Anfahrt zur Stadt verlief, »und den Rest auf dem Hügel.« Er begann auf die Stadt zuzurennen. »Bis bald, Sergeant!«

»Was hat er denn?«, fragte Hagman, als der Sergeant auf die Hügelkuppe zurückkehrte.

»Das Weibsbild hat ihn abgewiesen«, sagte Harper mit offenkundiger Befriedigung, »also schuldest du mir einen Schilling, Dan. Sie heiratet den Major, wahrhaftig.«

»Und ich dachte, die hätte eine Schwäche für Mister Sharpe«, sagte Hagman kläglich.

»Die weiß Besseres, als ihn zu heiraten. Er ist noch nicht bereit, sich Ketten und Handschellen anlegen zu lassen, warum auch? Sie braucht was Beständiges, wahrhaftig.«

»Aber er war doch in sie vernarrt.«

»Das war er, warum auch nicht? Der verliebt sich in jeden Unterrock. Bin diesem Typ schon öfter begegnet. Hat so viel Verstand wie ein Schaf, wenn es um Frauen geht.« Harper spuckte aus. »Gott sei Dank hat er mich. Ich passe schon auf ihn auf.« »Du?«

»Ich kann mit ihm umgehen, Dan. Genau, wie ich mit euch umgehen kann. So, ihr protestantisches Gesindel! Die Franzosen haben sich zum Abendessen angesagt, also machen wir uns bereit für die Schweinehunde!«

Frisch gereinigte Büchsen richteten sich gen Süden und Westen. Die Rifles warteten auf die Dämmerung und auf die Ankunft eines französischen Jägers.

Die Idee spukte Sharpe durch den Kopf, während er bergan in Richtung Stadtzentrum rannte. Oberst de l'Eclin würde sich einige Tricks einfallen lassen, aber das konnten die Verteidiger auch.

Sharpe blieb auf der Plaza stehen und fragte einen Cazador nach Major Vivar. Der Kavallerist zeigte auf den kleineren Platz im Norden jenseits der Brücke, die den Bischofspalast mit der Kathedrale verband. Dieser Platz war nach wie vor voller Leute. Anstatt den gefangenen Franzosen Schmähungen zuzurufen, war die Menge nun unheimlich still. Selbst die Glocken waren verklungen.

Sharpe schob sich durch das Gedränge und sah Vivar auf den Stufen stehen, die zum nördlichen Querschiff der Kathedrale führten. Louisa war bei ihm. Sharpe wünschte sich, sie wäre nicht anwesend. Die Erinnerung an sein lümmelhaftes Benehmen gegenüber dem Spanier brachte ihn in Verlegenheit, und er wusste, dass er sich hätte entschuldigen müssen. Aber die Gegenwart des Mädchens verhinderte eine derartige öffentliche Bußbezeugung. Stattdessen rief er ihm seine Idee zu, noch während er sich die überfüllten Stufen hochkämpfte. »Fußangeln!«

»Fußangeln?«, fragte Vivar. Louisa, die das ungewohnte Wort nicht zu übersetzen vermochte, zuckte mit den Schultern.

Sharpe hatte zwei Strohhalme aufgehoben, während er durch die Stadt gerannt war, und nun tat er es Harper nach, der achtlos den Lorbeerzweig verbogen hatte, und verbog die Strohhalme. »Fußangeln! Aber wir haben nicht viel Zeit! Können wir die Schmiede an die Arbeit beordern?«

Vivar starrte die Strohhalme an, dann fluchte er, weil er nicht selbst auf die Idee gekommen war. »Das wird funktionieren!« Er rannte die Stufen hinab.

Louisa, die mit Sharpe zurückblieb, blickte auf das geknickte Stroh, dessen Bedeutung ihr immer noch unklar war. »Fußangeln?«

Sharpe kratzte ein wenig Schlamm vom Absatz seines linken Stiefels und rollte ihn zu einer Kugel. Er zerbrach die Strohhalme in vier Stängel von jeweils drei Zoll Länge und steckte drei davon in die Schlammkugel, sodass ein dreizackiger Stern entstand. Er legte den Stern auf seine Handfläche und schob den vierten Stängel senkrecht in die Schlammkugel. »Eine Fußangel«, sagte er.

Louisa schüttelte den Kopf. »Ich verstehe immer noch nicht.«

»Eine mittelalterliche Waffe aus Eisen. Das Schlaue daran ist, dass immer eine Spitze nach oben zeigt, ganz gleich, wie das Ding fällt.« Er demonstrierte es, indem er die Fußangel drehte, und Louisa sah, dass eine der Spitzen, die zuvor zu dem dreizackigen Stern gehört hatte, nun nach oben ragte.

Da begriff sie. »O nein!« »O ja!«