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Er tröstete sich damit, dass Unannehmlichkeiten dieser Art Teil seines Berufes waren, wie das Fahren bei Wind und Wetter zu den Aufgaben von Mr. Ramsey, dem Kutscher, gehörte. Wie auch die englischen Soldaten angesichts der ununterbrochenen deutschen Feindseligkeiten auf weihnachtlichen Frieden, Komfort und Sicherheit verzichten mussten. Einen Höhepunkt der negativen Ereignisse stellte wohl die Hinrichtung der englischen Krankenschwester Edith Cavell wegen angeblicher Spionage dar.

Außerdem war Holmes freiwillig unterwegs. Niemand außer er selbst war verantwortlich für die Entscheidung, diese Reise anzutreten, die ihn zunächst in sein Quartier in der Baker Street führte, wo Dr. Watson zu ihm stoßen würde. Der treue Freund würde ihn auf der entscheidenden Fahrt begleiten. Auf der Reise zu jenen Personen, die hinter dem Anschlag auf die Titanic standen.

Ein recht heikles Unterfangen, bei dem er die Unterstützung seines Bruders Mycroft gesucht hatte. Der Gegner, der den Tod von hunderten Menschen zu verantworten hatte, würde nicht leicht zu besiegen sein. Eine gefährliche, entscheidende Schlacht stand bevor, deren Ausgang unsicher war.

Mycroft Holmes hatte seinen Bruder und den Doktor zu einem Abendessen in den Stranger's Room des Diogenes Clubs geladen, um die Taktik des Vorgehens zu besprechen.

»Das Schloss in Wiltshire wird von der Truppe umstellt und gesichert, um eine etwaige Flucht zu verhindern. Anschließend dringen unsere Männer ein und schreiten zur Festnahme.«

»Wobei darauf zu achten ist, dass sie lebend gefasst werden. Wir brauchen ihre Aussagen. Um diese werden sich Watson und ich kümmern.«

»Es ist den Herren aber klar«, wandte Mycroft Holmes ein, »dass nichts von dem, was du erfährst, nach außen dringen darf. Unser Land befindet sich im Krieg. Wir dürfen keine Schwächung unserer Institutionen riskieren.«

»Was also planst du, um das Ergebnis der Aktion geheim zu halten?«, fragte Holmes seinen Bruder.

»Die Betreffenden werden dorthin transportiert, wo sie schon lange hingehören, in ein Asyl für Geisteskranke, wo man sie bis zum Ende ihres unwürdigen Lebens sicher verwahren wird. Die Schiffe der White Star Lines, insbesondere die Olympic, werden in den Dienst des Staates gestellt, als Transporter im Krieg. Damit wird es zu keinen Härten für die Mannschaften kommen, und die Schifffahrtslinie vor dem Bankrott gerettet.«

»Also doch«, sagte Watson. »Ich wusste, dass Ismay hinter allem steckt.«

Sherlock Holmes und sein Bruder Mycroft schwiegen.

Die Droschkenfahrt zum Kingsgate Castle in Wiltshire verlief idyllisch. Es war unheimlich still. Außer dem Schnauben der beiden Rösser war nichts zu vernehmen. Der Schneefall nahm zu. Es schneite in dicken, weichen Flocken. Doktor Watson versorgte den Kutscher, Holmes und sich selbst aus einer Thermosflasche mit heißem Tee, der mit Brandy und Zucker versetzt war.

Wenn es so weiterging mit dem Schneefall, würden sie ihre Droschke gegen einen Schlitten eintauschen müssen, bemerkte der Doktor gerade, als ein mit hoher Geschwindigkeit entgegenkommendes Fuhrwerk ihre Aufmerksamkeit erregte. Die Kutsche fuhr den Hohlweg in hohem Tempo entlang. Der Fahrer war in einen schwarzen Mantel gehüllt und trug eine dunkle Mütze. Die Scheiben des Fuhrwerks waren mit Dunst beschlagen, so dass man nicht in das Innere blicken konnte.

Nach einiger Zeit verließ Brigadier Hurst, der Holmes' und Watsons Droschke mit viel Geschick lenkte, die Fahrstraße und steuerte auf einen Wald zu.

»Wir sind fast am Ziel«, rief der Mann vom Kutschbock. »Unsere Männer stehen bereit.«

Aus dem Unterholz tauchten die Köpfe von dreißig Soldaten im Tarnanzug auf. Brigadier Hurst und Colonel Thomson salutierten, dann drückten sie einander die Hände.

»Mr. Holmes gibt das Zeichen zum Einsatz gegen Kingsgate Castle«, stellte der Brigadier fest.

Der Brigadier und der Colonel begleiteten Holmes und Watson zum Rand des Wäldchens. In einer Entfernung von etwa einer Meile erhob sich das sechseckige, um einen Innenhof angeordnete Steingemäuer des Schlosses, das von Türmen mit Schießscharten und Toreinfahrten durchbrochen wurde.

»Wir würden einiges Aufsehen erregen, wenn wir uns jetzt mit der Truppe dem Schloss nähern. Wir müssen auf den Einbruch der Dunkelheit warten. Ich denke mir, dass wir gegen halb sechs Uhr losmarschieren können«, schlug Holmes vor.

»Das trifft sich mit unseren Überlegungen«, meinte Colonel Thomson.

»Die Tarnanzüge helfen bei Schneelage kaum«, gab der Detektiv zu bedenken. »Sie müssen weiße Überzüge für die Mannschaft organisieren.«

»Dafür ist gesorgt«, entgegnete der Colonel und Holmes war erleichtert zu sehen, dass er es mit Profis zu tun hatte.

»Wir haben Zelte aufgestellt und laden die Herren zu einer Erfrischung ein.«

In der geräumigen Unterkunft war es angenehm warm. Holmes und Watson ruhten nach einem deftigen Mahl, bis es langsam dunkel wurde.

Obwohl über dreißig Männer in den drei Zelten lagerten, war es still. Unheimlich still. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Es wurde kein überflüssiges Wort gesprochen. Als Holmes das Zeichen zum Aufbruch gab, setzten sich die weiß gekleideten, mit Gewehren bewaffneten Männer in Bewegung. Brigadier Hurst hatte eine Trompete dabei, mit der er Holmes und Watson ein Signal übermitteln würde, sobald der Feind überwältigt war und sie sich dem Schloss nähern konnten.

Sherlock Holmes und Doktor Watson, die allein im Lager zurückgeblieben waren, warteten gespannt auf das Horn. Aber kein Laut war zu hören. Der heftiger werdende Schneefall schien alle Geräusche zu schlucken.

Gegen sieben Uhr, als das Trompetensignal noch immer nicht ertönt war, machten sich Holmes und Watson auf den Weg zum Schloss. Die Spuren der Soldaten waren im frisch gefallenen Schnee verschwunden. Als sich der Detektiv und sein Begleiter dem Schloss näherten, sahen sie Licht aus einigen Fenstern des Erdgeschosses dringen. Der Rest des dreistöckigen Gebäudes aus der Tudorzeit lag im Dunkeln.

Der dunkle Klang einer traurigen Melodie durchdrang plötzlich die Stille der winterlichen Landschaft. Brigadier Hurst gab das Trompetensignal.

»Arbeit für Sie, Doktor«, waren die ersten Worte, mit denen Brigadier Hurst und Colonel Thomson die Herren am Eingang zum Schloss begrüßten.

»Irgendwelche Verluste auf Ihrer Seite?«, erkundigte sich Sherlock Holmes.

»Keine Verluste. Wir trafen auf keine Gegenwehr«, berichtete der Colonel. »Das Personal, bestehend aus einem Butler, einer Köchin und zwei weiblichen Bediensteten wurde betäubt vorgefunden. Sie atmen, sind aber noch nicht wach. Wir schlagen vor, der Doktor kontrolliert ihren Zustand.«

»Und die Herren? Der Schlossbesitzer und seine Gäste?«, fragte Holmes.

»Kommen Sie, Mr. Holmes! Machen Sie sich selbst ein Bild.«

Als Holmes und Watson den mit Kerzen beleuchteten Speisesaal von Kingsgate Castle betraten, sahen sie drei Männer am gedeckten Tisch sitzen. Ihre Teller waren halb voll, von den Gläsern mit Rotwein war getrunken worden. In der Mitte des Tisches stand eine Vase mit einem blühenden Kirschzweig.

Die Männer waren vornüber auf die Tafel gesunken. Rote Flecken breiteten sich auf dem weißen Tischtuch aus. Blutflecken. Die drei Männer waren durch Schüsse in den Kopf getötet worden, von hinten, nachdem man sie betäubt hatte.

»Das Betäubungsmittel muss in den Getränken oder im Essen gewesen sein. Auch das Personal hatte davon genommen. Aber diese Herrschaften leben noch.«

»Das also ist das unspektakuläre Ende von König David und seinen zwei verbliebenen Kriegern«, sagte Holmes. »Von den ursprünglich vier Männern, die ausgezogen waren, unser Land zu verändern.«

»Ich sehe nur drei Männer«, sagte Watson. »Sie meinen, dass der Anführer entkommen ist oder sich im Gebäude verbirgt?«