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Mit einem Schreckensschrei sprang ich auf, zog meinen Revolver und feuerte instinktiv auf das teuflische Weib, das Mahomed liebkost hatte und ihn jetzt mit ihren Armen umschlang. Die Kugel traf sie in den Rücken und tötete sie, und heute noch bin ich froh darüber, denn später erfuhr ich, daß sie sich die kannibalischen Gelüste der Amahagger zunutze gemacht hatte, um sich für die ihr durch Job zugefügte Beleidigung zu rächen. Sie sank tot zu Boden, und zugleich riß Mahomed sich mit übermenschlicher Anstrengung von seinen Peinigern los, sprang hoch in die Luft und fiel zu meinem Entsetzen sterbend auf die Tote nieder. Die Kugel aus meinem Revolver hatte beide durchbohrt und so nicht nur die Mörderin getötet, sondern auch ihr Opfer vor einem hundertmal gräßlicheren Ende bewahrt. Es war ein furchtbarer und doch höchst barmherziger Zufall.

Einen Augenblick herrschte verblüfftes Schweigen, denn die Amahagger hatten noch nie den Knall einer Schußwaffe gehört. Doch gleich darauf kam ein Mann neben uns wieder zu sich, ergriff seinen Speer und wollte sich auf Leo stürzen.

»Fliehe!« rief ich und rannte, so schnell ich konnte, ins Innere der Höhle, denn ins Freie konnte ich nicht, da auf der anderen Seite ein paar Männer im Weg standen, und überdies hatte ich vor dem Eingang der Höhle mehrere Menschen gesehen, deren Umrisse sich deutlich vom Abendhimmel abhoben. So lief ich weiter in die Höhle hinein, gefolgt von den anderen, und die Kannibalen, durch den Tod der Frau in fürchterliche Wut versetzt, stürzten uns nach. Mit einem Satz sprang ich über Mahomeds lang hingestreckten Körper hinweg. Dabei spürte ich an meinen Beinen die Hitze, welche der neben ihm liegende rotglühende Topf ausstrahlte, und sah, wie sich - da er noch nicht ganz tot war - seine Hände schwach bewegten. Am Ende der Höhle befand sich eine etwa drei Fuß hohe und acht Fuß breite Plattform, auf der nachts zwei brennende Lampen standen. Wozu sie sonst noch diente, war mir nicht bekannt - erst später sollte ich es erfahren. Jedenfalls sprangen wir alle drei hinauf, entschlossen, unser Leben so teuer wie möglich zu verkaufen. Als unsere Verfolger sahen, daß wir uns zu ihnen umdrehten, machten sie einige Sekunden lang verdutzt halt. Job stand auf der linken Seite der Plattform, Leo in der Mitte und ich rechts. Hinter uns waren die Lampen. Leo beugte sich vor und blickte auf die lange Reihe von Schatten, welche das Feuer und die brennenden Lampen warfen und zwischen denen die mordlüsternen Wilden mit ihren mattschimmernden Speeren hin und her huschten, selbst in ihrer Wut stumm wie Bulldoggen. Das einzige, was man ansonsten deutlich sah, war der im Dunkel leuchtende rotglühende Topf. In Leos Augen war ein seltsames Funkeln, und sein schönes Gesicht war starr wie Stein. In der rechten Hand hielt er sein großes Jagdmesser. Er zog seinen Riemen fest über das Handgelenk, legte seinen Arm um mich und drückte mich einen Augenblick an sich.

»Leb wohl, alter Junge«, sagte er, »mein lieber Freund, der du mir mehr als ein Vater warst. Gegen diese Schurken haben wir keine Chance. In wenigen Minuten werden sie uns getötet haben, und dann werden sie uns wohl fressen. Leb wohl. Ich habe dich in diese Sache hineingezogen, ich hoffe, du verzeihst mir. Leb wohl, Job.«

»Gottes Wille geschehe«, sagte ich und erwartete mit zusammengebissenen Zähnen das Ende. In diesem Augenblick hob Job seinen Revolver, feuerte mit einem Aufschrei und streckte einen Mann nieder -wenn auch nicht den, auf den er gezielt hatte, denn er war ein miserabler Schütze.

Nun stürzten sie sich auf uns, und auch ich feuerte, so schnell ich konnte, und brachte sie zum Stehen -Job und ich töteten oder verwundeten außer der Frau noch fünf Männer, ehe unsere Pistolen leer waren. Wir hatten jedoch keine Zeit, sie neu zu laden, denn sie stürmten weiter - mit einem fast bewundernswerten Mut, wenn man bedenkt, daß sie annehmen mußten, wir könnten endlos weiterschießen.

Ein großer Kerl schwang sich auf die Plattform, und Leo schlug ihn mit einem einzigen Hieb seines kräftigen Armes und durchbohrte ihn zugleich mit seinem Messer. Ich tat das gleiche mit einem zweiten; Job hingegen verfehlte einen braunen Amahagger, und ich sah, wie dieser ihn mit den Armen umschlang und ihn von der Plattform herunterriß. Da Jobs Messer nicht mit einem Riemen an seinem Handgelenk befestigt war, entglitt es ihm, doch durch einen glücklichen Zufall traf es mit der Klinge nach oben auf den Boden auf, und der Amahagger, der zuunterst herabstürzte, fiel darauf und wurde davon durchbohrt. Was mit Job danach geschah, weiß ich nicht, doch ich glaube, daß er einfach auf dem Körper des Amahaggers liegenblieb und sich tot stellte. Ich selbst wurde gleich darauf in ein mörderisches Handgemenge mit zwei Wilden verwickelt, die zu meinem Glück ihre Speere nicht bei sich hatten; und zum erstenmal in meinem Leben kam mir die große körperliche Kraft, mit der die Natur mich ausgestattet hat, zugute. Ich hieb mit meinem Jagdmesser, das fast so groß und schwer war wie ein kurzes Schwert, derart auf den Kopf des einen Mannes ein, daß der scharfe Stahl seinen Schädel bis zu den Augen spaltete und so fest darin steckenblieb, daß es, als der Mann plötzlich zusammensank, meiner Hand entrissen wurde.

Im gleichen Augenblick gingen zwei andere auf mich los. Ich sah sie kommen, packte mit jedem Arm einen um die Hüften, und wir stürzten zusammen auf den Boden der Höhle nieder und wälzten uns übereinander. Es waren überaus starke Männer, doch ich war außer mir vor Wut, und mich packte jene Mordlust, die wohl den Zivilisiertesten ergreift, wenn Hiebe fallen und es um Tod und Leben geht. Ich umschlang mit meinen Armen die zwei schwarzen Teufel und preßte sie zusammen, bis ihre Rippen krachten. Sie wanden und krümmten sich wie Schlangen und hämmerten mit ihren Fäusten auf mich ein, doch ich ließ nicht los. Auf dem Rücken liegend, so daß ihre Körper mich vor den Speerstößen von oben schützten, drückte ich ihnen langsam das Leben aus, und dabei fragte ich mich, so seltsam dies scheinen mag, was wohl der ehrwürdige Vorstand meiner Colleges in Cambridge (der Mitglied der Friedensgesellschaft ist) und meine Kollegen sagen würden, wenn sie mich bei diesem blutigen Spiel sehen könnten. Bald erschlafften meine Angreifer und hörten auf, sich zu wehren. Dennoch wagte ich nicht, sie loszulassen, denn ich wußte, daß sie, wenn ich meinen Griff lockerte, wieder zu sich kommen würden. Da wir im Schatten der Plattform lagen, dachten die anderen Wilden offenbar, wir seien alle drei tot, denn sie kümmerten sich nicht weiter um uns.

Als ich, in dieser schrecklichen Umschlingung nach Atem ringend, einmal den Kopf wandte, sah ich im Licht der Lampen, daß nun auch Leo von der Plattform herunter war. Er stand noch auf den Beinen, und eine hin und her wogende Horde von Männern umringte ihn und versuchte ihn niederzureißen wie ein Rudel Wölfe einen Hirschen. Sein edles blasses, von goldenen Locken gekröntes Gesicht überragte sie, und er kämpfte mit einer verzweifelten Hingabe und Energie, die schön und schaurig zugleich anzusehen war. Er stieß einem der Männer sein Messer in die Brust - die Angreifer konnten in dem dichten Gewühl ihre langen Speere nicht benützen, und Messer oder Stöcke besaßen sie nicht. Der Mann brach zusammen, doch dann entwand ihm irgendeiner der Männer sein Messer, und er war ohne Waffe. Ich dachte schon, sein Ende sei gekommen. Doch nein! Mit der Kraft der Verzweiflung riß er sich los, packte den Körper des soeben Getöteten, hob ihn hoch in die Luft und schleuderte ihn mit solcher Wucht auf seine Feinde, daß ihrer fünf oder sechs zu Boden stürzten. Bis auf einen, dessen Schädel zerschmettert war, sprangen sie jedoch gleich wieder auf und fielen erneut über ihn her. Und langsam, mit unendlicher Mühe, rangen nun die Wölfe den Hirsch nieder. Selbst jetzt raffte er sich noch einmal auf und streckte einen Amahagger mit einem Faustschlag nieder, doch die Übermacht war zu groß, und schließlich stürzte er wie eine Eiche, alle, die ihn umklammerten, mit sich reißend, auf den Felsboden nieder. Sie packten ihn an Armen und Beinen und hielten ihn fest.