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Plötzlich jedoch wurde dieses hübsche Stück unterbrochen. Eine leise Unruhe entstand, und ein großes kräftiges Weib, welches mir als eine der leiden-schaftlichsten Tänzerinnen aufgefallen war, taumelte, trunken von gottloser Ekstase, auf uns zu und kreischte:

»Ich möchte eine schwarze Ziege, ich muß eine schwarze Ziege haben, bringt mir eine schwarze Ziege!«, und dann stürzte sie, Schaum vor dem Mund, unter gräßlichen Zuckungen und schreiend nach einer schwarzen Ziege verlangend, vor uns nieder -das abscheulichste Schauspiel, das man sich denken kann.

Sogleich umringten sie die meisten Tänzer, und nur einige blieben im Hintergrund und schlugen weiter ihre Kapriolen.

»Der Teufel ist in sie gefahren«, rief einer von ihnen. »Schnell, holt eine schwarze Ziege. Still, Teufel, still, ganz still! Gleich wird man dir die Ziege bringen. Man holt sie schon, Teufel.«

»Ich will eine schwarze Ziege, ich muß eine schwarze Ziege haben!« kreischte wieder das sich auf dem Boden wälzende Weib.

»Schon gut, Teufel, die Ziege wird gleich da sein, sei still. Teufel, sei brav!«

Und so ging es fort, bis die Ziege, aus einem Nachbarkraal geholt, endlich eintraf und man das mek-kernde Tier an den Hörnern zu ihr zerrte.

»Ist es eine schwarze, ist es eine schwarze?« schrie die Besessene.

»Ja, ja, Teufel, schwarz wie die Nacht«, und dann zur Seite: »Stell dich vor sie, damit der Teufel nicht sieht, daß sie einen weißen Fleck am Steiß und einen auf dem Bauch hat. Nur eine Minute noch, Teufel. So, jetzt schneide ihr rasch den Hals durch. Wo ist die Schüssel?«

»Die Ziege! Die Ziege! Die Ziege! Gebt mir das Blut meiner schwarzen Ziege! Ich brauche es, seht ihr denn nicht, daß ich es brauche! Oh! Oh! Oh! Gebt mir das Blut der Ziege!«

In diesem Augenblick verriet ein jämmerliches »Bäh«, daß die arme Ziege geopfert war, und gleich darauf rannte ein Weib mit einer Schüssel voller Ziegenblut herbei. Die Besessene, deren Raserei sich zum Äußersten gesteigert hatte, ergriff sie, trank sie aus und war im gleichen Augenblick geheilt, ohne daß von ihrer Hysterie oder Epilepsie oder Besessenheit oder an welcher schrecklichen Krankheit sie auch immer leiden mochte, auch nur eine Spur zurückblieb. Sie reckte die Arme, lächelte leise und ging ruhig wieder zu den Tänzern, die sich nun in zwei Reihen wieder zurückzogen, so daß der Platz zwischen uns und dem Scheiterhaufen wiederum leer war.

Ich dachte, die Vorstellung sei nun vorüber, und wollte, da mir ziemlich übel war, >Sie< eben fragen, ob wir gehen dürften, als plötzlich ein Pavian, den ich auf den ersten Blick für echt hielt, um das Feuer herum hüpfte, und gleich darauf auf dessen anderer Seite ein Löwe erschien, oder richtiger ein in ein Löwenfell gehüllter Mann. Dann erschien eine Ziege und darauf ein Mann in einer Ochsenhaut, deren Hörner komisch hin und her schlenkerten. Ihm folgten ein Bläßbock, ein Impala, ein Kudu und dann weitere Ziegen und viele andere Tiere, darunter ein Mädchen, das in die schillernde Schuppenhaut einer Boa constrictor eingenäht war und ein mehrere Meter langes Stück von dieser hinter sich über den Boden herzog. Als alle sich versammelt hatten, verfielen sie in einen plumpen, unnatürlichen Tanz, wobei sie die

Laute der Tiere, die sie darstellten, ausstießen, bis die Luft voll war von all dem Gebrüll und Geblök und Schlangengezisch. So ging dies geraume Zeit, bis ich endlich, der Pantomime müde, Ayesha fragte, ob sie etwas dagegen habe, wenn Leo und ich die menschlichen Fackeln näher betrachteten. Als sie nichts einwandte, zogen wir beide, uns nach links wendend, los. Nachdem wir uns einen oder zwei der lodernden Leiber angesehen hatten, wollten wir, da uns die groteske Scheußlichkeit des Schauspiels zutiefst abstieß, wieder zurückkehren, doch wurde unsere Aufmerksamkeit auf einen besonders lebhaften, als Leopard verkleideten Tänzer gelenkt, der sich von den übrigen >Tieren< abgesondert hatte und in unserer Nähe herumsprang, sich dabei immer mehr einer dunklen Stelle zwischen zwei brennenden Mumien nähernd. Neugierig folgten wir ihm, als er plötzlich an uns vorüber in den Schatten sprang und mit einer Stimme, in der wir die Ustanes erkannten, »kommt!« flüsterte. Ohne mich auch nur zu fragen, wandte Leo sich ab und lief ihr ins Dunkel nach, und Böses ahnend, folgte ich den beiden. Der Leopard kroch weiter, bis er außerhalb des Scheines des Feuers und der Fackeln war und Leo ihn oder besser Ustane einholte.

»Oh, mein Gebieter«, hörte ich sie flüstern, »endlich habe ich dich gefunden. Die Herrscherin >Sie< trachtet mir nach dem Leben. Der Pavian hat dir gewiß erzählt, wie sie mich fortjagte? Ich liebe dich, mein Gebieter, und gemäß dem Brauch des Landes bist du mein. Ich habe dir das Leben gerettet! Willst du mich nun verstoßen, mein Geliebter?«

»Natürlich nicht«, stieß Leo hervor. »Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wo du wohl bist. Laß uns zur Königin gehen und ihr alles erklären.«

»Nein, nein, sie würde uns töten. Du kennst ihre Macht nicht - der Pavian dort, der kennt sie, er hat alles mit angesehen. Nein, es gibt nur einen Weg: wenn du zu mir stehen willst, dann mußt du sogleich mit mir durch die Sümpfe fliehen. Nur so können wir vielleicht entkommen.«

»Um Himmels willen, Leo«, fiel ich ein, doch sie unterbrach mich ...

»Nein, höre nicht auf ihn. Schnell - schnell - jeder Augenblick, den wir zögern, kann uns den Tod bringen. Vielleicht hört >Sie< uns bereits jetzt«, und ohne weitere Umstände schickte sie sich an, ihn zur Unterstützung ihrer Argumente zu umarmen. Dabei rutschte der Leopardenkopf von ihrem Haar, und ich sah darauf, fahl im Licht der Sterne schimmernd, die drei weißen Fingerspuren. Wieder wollte ich, die Aussichtslosigkeit dieser Lage einsehend, dazwischentreten, wußte ich doch, daß Leo gegenüber Frauen von nicht sehr großer Festigkeit war, doch da hörte ich - o Schrecken! - hinter mir ein silberhelles leises Lachen. Ich fuhr herum, und da stand >Sie< mit Billali und zwei stummen Dienern. Der Atem stockte mir, und fast wäre ich zu Boden gesunken, denn ich wußte, daß diese Situation mit einer furchtbaren Tragödie enden mußte, deren erstes Opfer aller Wahrscheinlichkeit nach ich sein würde. Ustane ließ den Geliebten los und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, während Leo, den ganzen Ernst der Lage nicht erfassend, nur errötete und töricht dreinblickte, wie es ein auf diese Weise ertappter Mann zu tun pflegt.

20

Triumph

Es folgte ein Moment des peinlichsten Schweigens, das ich je erlebte. Ayesha brach es, indem sie Leo ansprach.

»Nein, mein Gast und Gebieter«, sagte sie in sanftestem Ton, der dennoch einen ehernen Klang hatte, »schau nicht so zerknirscht drein. Es war ein reizender Anblick - der Leopard und der Löwe!«

»Ach, zum Henker!« sagte Leo auf englisch.

»Und dich, Ustane«, fuhr sie fort, »hätte ich wahrhaftig nicht erkannt, wenn nicht das Licht auf das Weiß in deinem Haar gefallen wäre«, und sie deutete auf den hellen Rand des Mondes, der eben über den Horizont stieg. »Gut! Gut! Der Tanz ist aus - sieh, die Fackeln sind niedergebrannt, und alles endet in Schweigen und in Asche. Du dachtest, dies sei die rechte Zeit für die Liebe, Ustane, meine Dienerin -und ich, die ich mir nicht hätte träumen lassen, daß man mir den Gehorsam verweigern könnte, wähnte dich schon weit fort von hier!«