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Targo gedachte nicht zu verweilen.

»Morgen«, hörte ich ihn sagen, »sind wir in Laura.«

8

Kurz nach Anbruch der Dämmerung erreichten wir das Ufer des Larius. Es war neblig und kalt, und die Mädchen waren zwischen die Planen gekrochen, die den Boden der Wagen bedeckten. Ich und einige andere Mädchen hoben die Seitenplane an und starrten in den Nebel des frühen Morgens hinaus. Wir rochen den Fluß.

Durch den Nebel sahen wir Männergestalten und da und dort niedrige Holzhütten. Bei den Männern mußte es sich um Fischer handeln, die bereits mit dem ersten Fang zurückkamen. Andere, mit Netzen bewaffnet, gingen zum Wasser. Wir sahen zahlreiche Pfähle, an denen Fische hingen. Auch andere Wagen bewegten sich in die gleiche Richtung wie wir. Ich sah Männer mit Bündeln, Säcken und Holzlasten auf dem Rücken. In der Tür einer kleine Holzhütte stand ein Sklavenmädchen und sah uns nach.

Plötzlich fuhr ein Speerschaft über die Plane, worauf wir sie hastig fallen ließen.

Ich sah mich um. Die anderen Mädchen waren wach. Sie schienen aufgeregt zu sein. Laura war die erste goreanische Stadt, die ich sah. Gab es hier jemand, der mir ein Zuhause bereitete? Wie unangenehm, daß ich hier im Wagen angekettet war — sogar die hintere Plane war nun festgezurrt worden. Der Stoff war feucht Ich hätte am liebsten geweint und um Hilfe geschrien. Doch ich ballte die Fäuste und beherrschte mich.

In diesem Augenblick neigte sich der Wagen nach vorn, und ich wußte, daß wir zum Flußufer hinabfuhren. Ich merkte auch daß die Räder im Schlamm zu rutschen begannen, und hörte das Knirschen der mächtigen Bremse, die das vordere linke Rad blockierte. So glitt der Wagen, von der abwechselnd angezogenen und gelösten Bremse im Zaum gehalten, ruckelnd hangabwärts. Schließlich hörte ich Kieselsteine unter den Rädern, und der Wagen stellte sich wieder waagerecht.

Nun blieben wir mehrere Minuten lang stehen, und nach einiger Zeit hörten wir Targo mit einem Fährmann um die Passage über den Fluß feilschen. Schließlich fuhren die Wagen auf einen Holzpier. Die Bosks bellten tief. Der Geruch des Flusses war stärker geworden. Die Luft war kalt und feucht.

»Sklaven raus!« erklang der Befehl.

Die hintere Plane wurde aufgeschnürt. Der einäugige Wächte löste unsere Ketten von den Ringen und führte uns an die Flußseite des Piers. Ich fror. Plötzlich sah ich eine Bewegung im Wasser; eine schwarze, dreieckige Flosse zuckte dahin. Ich schrie auf. Lana hob die Hand. »Ein Flußhai!« rief sie aufgeregt. Mehre Mädchen blickten der Erscheinung nach, die im Nebel verschwand. Ich wich von der Pier zurück, drängte mich zwischen Inge und Ute. Ute legte mir den Arm um die Schultern.

Eine breite, flache Barke näherte sich dem Pier. Sie hatte zwei große Steuerruder, die von Schiffern bedient wurden. Den Antrieb lieferten zwei riesige mit Schwimmflossen bewehrte Fluß-Tharlarion. Es waren die ersten Tharlarion, die ich überhaupt zu Gesicht bekam, und sie machten mir Angst. Es waren riesige schuppige Tiere mit langen Hälsen, die sich trotz ihrer Größe anmutig im Wasser bewegten. Sie waren mit einer Art Geschirr vor die Barke gespannt und wurden von einem Schiffer mit einem langen Stock gesteuert. Der Mann stand in einem Lederkorb zwischen den beiden Tieren. Er rief ihnen mit lauter Stimme seine Kommandos zu, durchsetzt mit blumenreichen goreanischen Flüchen. Die Barke bewegte sich knirschend am Pier entlang.

Der Preis für den Transport einer freien Person über den Laurius betrug einen Silbertarsk. Für ein Tier brauchte man jedoch nur einen Kupfertarsk zu bezahlen, und ich bemerkte, daß der Tarif für einen Sklaven derselbe war. Targo mußte für seine Mädchen und die Bosks insgesamt fünfundzwanzig Kupfertarsk bezahlen. Die Tiere wurden ausgeschirrt und vorn auf der Barke angebunden. Dort befand sich auch ein Sklavenkäfig, in dem wir unterkamen.

Ich klammerte mich an die Gitterstäbe und blickte über den Fluß nach Laura hinüber. Hinter mir hörte ich das Rollen der Wagen, die auf die Barke gebracht und mit Ketten auf Drehscheiben festgezurrt wurden, damit sie bei der Ankunft auch vorwärts wieder an Land gezogen werden konnten. Der Nebel begann sich langsam zu lichten und gab die Oberfläche des Flusses frei, der Träge dahinströmte. Einige Meter entfernt sprang ein Fisch aus dem Wasser und verschwand wieder darin, eine Spur konzentrischer Wellen hinterlassend. Über uns schrien möwenähnliche Vögel.

Der Schiffer in seinem Lederkorb stieß einen schrillen Pfiff aus und versetzte den beiden Tharlarion einen Schlag mit seinem Stab. Es waren noch andere Barken auf dem Fluß — einige, die mit der Strömung trieben, andere, die wie wir den Fluß überquerten. Die Barken, die gegen den Strom fuhren, wurden von riesigen Land-Tharlarion getreidelt, die auf Pfahlstraßen am Ufer entlangstapften. Auf den Barken, die flußabwärts geschleppt wurden, sah ich viele Kisten, die allerlei Güter wie Metalle und Werkzeuge und Stoffe enthalten mochten. Die mit dem Strom nach Lydius schwimmenden Barken transportierten Waren wie Bretter, Tonnen mit Fisch und Salz, Steinladungen und Pelzballen. Auf einigen Barken sah ich leere Sklavenkäfige und in einem dieser Käfige vier nackte männliche Sklaven, die niedergeschlagen in einer Ecke hockten. Eine breite Schneise war ihnen durchs Haar geschoren. Als Lana das sah, stimmte sie ein lautes Hohngelächter an und verspottete die Männer, doch diese rührten sich nicht.

Ich wandte mich fragend an Ute.

»Das Zeichen bedeutet, daß diese Männer von Frauen gefangen wurden«, sagte Ute und deutete auf die Hügel und Walde nördlich von Laura. »Dort liegen die großen Wälder. Niemand weiß genau, wie weit sie sich nach Osten erstrecken, und im Norden reichen sie bis nach Torvaldsland. In diesen Wäldern leben die Landvölker, aber auch viele Räuberbanden, darunter einige Frauenbanden.«

»Frauen?« fragte ich.

»Einige nennen sich Waldmädchen«, sagte Ute. »Andere Panthermädchen, weil sei sich in die Felle von Waldpanthern kleiden, die sie mit Speeren und Pfeil und Bogen erlegen.«

»Was sind das für Frauen?« fragte ich. »Woher kommen sie?«| »Einige waren bestimmt früher Sklaven«, sagte Ute, »andere frei. Vielleicht gefielen ihnen die Ehepartner nicht, die die Eltern für sie aussuchten. Vielleicht gefiel ihnen das Verhalten der anderen Bürger gegenüber Frauen nicht. Wer kann das wissen? In manchen Städten darf eine freie Frau ohne Erlaubnis ihres Familienvorstands nicht einmal das Haus verlassen!« Ute lächelte mich! an. »In manchen Städten ist ein Sklavenmädchen fast besser dran. Sei also nicht traurig, El-in-or. Wenn du erst einen Kragen trägst und einen Herrn hast, wirst du glücklicher sein.«

»Ich werde niemals einen Herrn haben!« zischte ich. »Niemand soll mich besitzen!«

»Aber du bist eine Frau«, sagte Ute. »Du wirst doch deine Träume haben.«

Ich fuhr unwillig herum. »Ich habe keine Träume.«

»Oh«, meinte Ute.

»El-in-or ist ein kalter Fisch«, schaltete sich Lana ein. Ich starrte sie an, Tränen in den Augen.

»El-in-or will einen Herrn«, rief Lana laut.

Die anderen Mädchen begannen zu lachen und mich zu verspotten. Wütend preßte ich das Gesicht gegen die Gitterstäbe.

»Schaut!« rief Inge in diesem Augenblick und hob den Arm. Am östlichen Himmel über Laura zog eine Gruppe Tarnkämpfer dahin, etwa vierzig Krieger, auf ihren großen, wilden, falkengleichen Sattelvögeln, den riesigen, wilden Tarns, Brüder des Windes genannt, Sie trugen Speere und Helme und hatten Schilde rechts an den Sätteln hängen.

Aufgeregt durcheinanderschreiend drängten die Mädchen zu den Gitterstäben.

Die Reiter waren zwar weit entfernt, doch auch so überkam mich Angst. Was waren das für Männer, die solche geflügelten Ungeheuer beherrschten! Ich wich entsetzt zurück.

In diesem Augenblick kam Targo herbei, schirmte seine Augen vor der Sonne des frühen Morgens ab und starrte zum Himmel hinauf. Er wandte sich an den einäugigen Wächter, der hinter ihm stand. »Es ist Haakon aus Skjern«, sagte er.