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»Guten Abend«, sagte er.

Seine Stimme kam mir nun anders vor; anders, als bei der Vorstellung, die er uns gegeben hatte, sie war mir irgendwie vertraut, aber ich wußte nicht, wo ich sie früher schon einmal gehört hatte. Ich wußte nur, daß ich entsetzliche Angst hatte.

Er wandte sich der Wasserschale zu und begann sich die Farbe vom Gesicht zu waschen, während ich den Blick nicht von seinem Tier wenden konnte. Das Ungeheuer betrachtete mich schläfrig. Es wirkte in der kleinen Hütte unglaublich groß, wie ein erdrückender schimmernder Fellberg.

»Guten Abend, Miß Brinton«, sagte der Mann. Er hatte Englisch gesprochen!

»Sie!« rief ich.

»Hallo, Schatz«, sagte er.

Es war der kleine Mann, ein Angehöriger der Gruppe, die mich in New York gefangengenommen und auf mein Bett gefesselt hatte. Er war der Mann, der sich von Anfang an für mich interessiert hatte und nur durch den größeren Fremden zurückgehalten worden war.

Seine wieselflinken Augen musterten mich von Kopf bis Fuß. »Du bist ein hübsches kleines Ding«, sagte er.

Ich brachte kein Wort heraus.

Er schnipste mit den Fingern, und mir blieb nichts anderes übrig, als nach Art einer goreanischen Sklavin vor ihm niederzuknien. »Interessant«, sagte er nachdenklich, »wie vorteilhaft sich die goreanische Sklavenhaltung bei einer Frau bemerkbar macht.« »Ja, Herr«, flüsterte ich.

Er ging in eine Ecke des Raums, wo ein Stapel Feuerholz lag. Er nahm ein Scheit und legte es aufs Feuer, das in einem flachen Steinherd flackerte. Funken stoben auf. Rauch kräuselte sie empor, zog durch ein Loch in der Hüttenwand ab.

Ich war wie erstarrt vor Angst und rührte mich nicht. Er setzt sich vor mir auf eine Bank und sagte: »Steh auf und dreh dich um.«

Ich gehorchte.

Zu meiner Überraschung löste er mir die Fesseln. Meine Hände waren gefühllos. Ich konnte kaum die Finger bewegen. Langsam rieb ich mir die Handgelenke und versuchte den Kreislauf wieder in Gang zu bringen.

»Faß!« rief er plötzlich dem goreanischen Ungeheuer zu.

Das Wesen heulte auf und sprang mit schnappenden Kiefer auf mich zu. Ich kreischte auf und floh in die gegenüberliegende Ecke des Raums, wo ich mich niederkauerte, den Kopf in den Winkel zwischen den Wänden gedrückt.

»Hab keine Angst«, sagte er. Seine Stimme war entschuldigend, besorgt, beinahe freundlich.

Verwirrt starrte ich ihn an. Er winkte mich zu sich, rückte einen kleinen Tisch und eine zweite Bank zurecht und forderte mich auf, Platz zu nehmen.

»Zigarette?« fragte er, als ich seinem Wunsch nachgekommen war. Ich sah ihn an und flüsterte: »Ja.«

Er zog zwei Zigaretten aus einem flachen goldenen Etui. Es war die Marke, die ich immer geraucht hatte. Mit einem Streichholz zündete er mir die Zigarette an und inhalierte dann selbst.

Ich betastete die Zigarette. Meine Hand zitterte.

»Bist du nervös?« fragte er.

»Bringen Sie mich zur Erde zurück!« flüsterte ich.

»Du fragst dich bestimmt, warum du auf diese Welt gebracht; wurdest, nicht wahr?«

»Bitte!« flehte ich. »Ich zahle Ihnen jeden Betrag.«

»Geld?«

»Ja!«

»Geld ist unwichtig. Rauch deine Zigarette.«

Ich gehorchte.

»Warst du verblüfft, als du das Brandmal entdecktest?«

»Ja«, flüsterte ich.

»Vielleicht möchtest du wissen, wie es angebracht wurde?« »Ja.«

»Das Gerät«, erklärte er, »ist nicht größer als das da.« Er deutete auf das flache Zigarettenetui. »Ein Griff, der das Heizelement enthält, wird an der Rückseite des Brandstempels eingeführt. Er läßt sich wie eine Taschenlampe ein- und ausschalten und gibt in kurzer Zeit die nötige Hitze ab.«

»Ich habe aber nichts gespürt«, sagte ich.

»Du warst natürlich voll betäubt. Dann kam Salbe auf die Wunde, die schnell verheilte. Als freie Frau bist du zu Bett gegangen, und als du erwachtest, warst du eine Kajira.« »Darf ich noch eine Zigarette haben?« »Natürlich«, sagte er und gab mir erneut Feuer. »Bringen Sie oft Frauen auf diese Welt als Sklavinnen?« »Ja«, sagte er. »Und manchmal auch Männer, wenn es unseren Zwecken dient.«

Ich erinnerte mich an die beiden Männer, die mich in die schmale durchsichtige Röhre steckten, ich erinnerte mich, wie ich in der goreanischen Steppe erwachte, hundert Meter von dem Wrack des Sklavenschiffs entfernt. Ich dachte auch an das Fußband, das mir vor dem Abflug umgelegt wurde und das bei meinem Erwachen verschwunden gewesen war.

Ich blickte ihn an. »Warum bin ich hier auf dieser Welt?« fragte ich. »Wir bringen viele Frauen nach Gor«, bemerkte er. »Weil sie schön sind, und weil es uns Freude macht, sie zu versklaven. Außerdem stellen sie einen gewissen Wert dar.« »Und ich . . .«

»Es dürfte dich interessieren, daß deine Entführung bereits geplant wurde, als du siebzehn Jahre alt warst. In den fünf Jahren seither haben wir dich eingehend beobachtet und haben gesehen, wie du zu einer verdorbenen, reichen, intelligenten und arroganten jungen Frau wurdest — genau die Art Frau, die unter der Peitsche die beste Sklavin abgibt.« Wütend zog ich an meiner Zigarette.

»Ich bin also nur nach Gor gebracht worden, um hier als Sklavin zu leben?« fragte ich.

»Ja — aber leider hatten wir dich verloren«, sagte er, und seine Stirn umwölkte sich. »Das Schiff stürzte ab.« »Ich verstehe.«

»Nach dem Unglück«, fuhr er fort, »orteten wir die Annäherung eines feindlichen Schiffs. Wir verließen unser Fahrzeug und verstreuten uns — wir flohen mit unserer Fracht.«

»Ich gehörte nicht zu Ihrer — Fracht?«

Seine Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. Ich merkte daß er seine Worte sorgfältig wählte.

»Wir haben Feinde«, sagte er. »Wir wollten nicht, daß du denen in die Hände fällst. Wir hatten Angst vor Verfolgung. Als nahmen wir dir den Identifikationsreifen ab und versteckte dich in einiger Entfernung vom Schiff im Gras. Mit den andere Mädchen ergriffen wir dann die Flucht, in der Absicht, uns später wieder zu treffen und dich abzuholen. Der Gegner gab sich offenbar damit zufrieden, das Schiff zu vernichten. Als wir zurückkamen, war nur noch der Krater zu sehen. Und du warst natürlich fort.«

»Wie haben Sie mich gefunden?« fragte ich.

»Als schöne, ungeschützte Frau auf Gor — da bestand kein Zweifel, daß dich der erste Mann, dem du über den Weg liefst zur Sklavin machen würde. Ich reiste also nach Laura, die größte Stadt in der Nähe. Ich rechnete damit, daß du dort zum Verkauf angeboten würdest.« »Und Sie hätten mich gekauft?«

»Ja«, sagte er. »Ganz einfach. Aber leider wurdest du von einem Sklavenhändler gefangengenommen, der dich in den Süden bringen wollte, um einen besseren Preis herauszuschlagen. Also setzten wir die Panthermädchen ein, Verna und ihre Gruppe.« Er lächelte wieder. »So warst du für mich auch billiger.«

»Hundert Pfeilspitzen!« sagte ich wütend.

»Das ärgert dich, was?«

»Woher wußten Sie, daß ich in Targos Gehege war?«

»Dort hätte ich dich bestimmt noch gefunden, aber ich sah dich vorher in Laura — beim Einkaufen mit den anderen Mädchen und den Wächtern.« Ich senkte irritiert den Blick.

»Du verstehst es, einen Weinkrug zu tragen«, sagte er.

»Ich bin keine Sklavin«, sagte ich heftig.

»Aha.«

Ich erinnerte mich, daß ich in Laura einmal einen schwarzgekleideten Mann gesehen hatte, der uns beobachtete.

»Und so haben Sie mich gefunden?«

»Ich verschaffte mir Gewißheit über deine Identität während meiner Vorstellung im Gehege, dabei sah ich mir natürlich die Gegend an und plante sozusagen den Überfall der Panthermädchen.«

»Ihr Glück«, sagte ich hochmütig, »daß ich an dem Abend nicht in den Käfig gesteckt wurde.«

Er lächelte. »Ich hatte mit Targo und den Wächtern gesprochen«, sagte er, »und wußte von dem Fest, das für den Abend geplant war. Auch hatte ich mit den Wächtern gescherzt und von ihnen erfahren, welche Mädchen sie zu sich bitten wollten.«