Выбрать главу

Ich sah die Angst in den Augen des tanzenden Mädchens. Aber sie ging mich nichts an. Sie war eine Sklavin wie ich.

»Ich habe sie bereits gelehrt, was Sklaverei bedeutet«, sagte Rask aus Treve lächelnd.

»Woher hast du sie?« fragte Verna.

»Ich habe sie vor etwa einem Jahr gekauft«, erwiderte Rask »Von einem Händler aus Tyros, der nach Ar reiste, wo er sie gegen eine Belohnung an Marlenus zurückgeben wollte.«

»Was hat sie dich gekostet?«

»Der Händler wurde überzeugt, sie mir kostenlos zu überlassen — ich kaufe nie eine Frau.«

»Großartig!« rief Verna. »Dein Lager liegt mitten im Einflußbereich Ars — und darin hältst du die Tochter deines größte Feindes gefangen, des Ubars von Ar! Großartig!«

Rask klatschte zweimal in die Hände, und die Musik hörte auf »Fort mit dir, Sklavin«, sagte er.

Talena machte kehrt und eilte aus dem Zelt. Rask und Verna blickten ihr lachend nach.

»Heute abend gibt es ein großes Fest«, sagte Rask zu mir. »Du gehst zu Ute und läßt dich von ihr im Schuppen einschließen.«

»Ja, Herr«, sagte ich.

»Warum überläßt du Talena nicht mir?« fragte Verna.

»Vielleicht tu ich’s«, sagte Rask. »Ich muß darüber nachdenken.« Ich verließ das Zelt.

Am nächsten Tag durfte ich zum erstenmal das Lager verlassen. Ich war an ein anderes Mädchen gefesselt, eine Sklavin aus Cos die Techne hieß. Ein Wächter begleitete uns. Wir sollten unseren Ledereimer mit Rambeeren füllen, einer kleinen roten Frucht mit eßbarem Samen. Es freute mich, der Enge der Palisaden zu entkommen. Es war ein herrlich warmer Tag.

Ich hatte Ute oft gebeten, mich auf einen Ausflug außerhalb des Lagers zu schicken, doch ich war nie ausgewählt worden. Heute endlich hatte sie mich benannt, und wir waren nun unterwegs. Ich war glücklich. Außerdem waren zwei weitere Sklavinnen gefangen worden, und es sollte heute abend wieder ein Fest geben. Und zum erstenmal hatte ich Aussicht, daran teilzunehmen. Ich hatte mir nicht anmerken lassen, wie sehr ich mich darüber freute — eine Freude, die ich eigentlich nicht recht verstand! Ich war sicher, daß ich zu den schönsten Mädchen des Abends gehören würde.

Ehe mich Ute zu dem Wächter schickte, der Techne und mich ins Freie führen sollte, hatte sie gesagt: »Sieh dich vor, El-in-or.« Ich hatte nicht verstanden, was sie meinte.

Jetzt zerrte etwas an meiner Halsfessel. »Beeil dich, El-in-or«, sagte Techne. »Wir müssen bald zurück sein. Unsere Eimer sind noch nicht halb voll.«

Techne ärgerte mich. Sie war jung und hübsch, wenn auch an den Kragen noch nicht gewöhnt. Die Sonne schien, und ihre Wärme durchdrang mich.

Wenn weder der Wächter noch Techne in meine Richtung blickten, stahl ich dem Mädchen Beeren und schüttete sie in meinen Eimer. Warum sollte ich so schwer arbeiten wie sie? Schließlich waren unsere Eimer voll, und wir kehrten ins Lager zurück. Der Wächter gab die Eimer an andere Mädchen weiter, die sie in die Küche schaffen sollten. »El-in-or, Techne«, sagte Ute. »Ihr folgt mir.« Wir gehorchten. Sie führte uns zu den Pfosten, an denen Sklavinnen ausgepeitscht werden sollten. Hier mußten wir niederknien. Daneben war ein Feuer, in dem vier Brandeisen ruhten.

Einige Wächter und Sklavinnen lungerten in der Nähe herum. Der Mann, der Techne und mich bewacht hatte, blieb in unserer Nähe. Techne sah sich angstvoll um. Ich war beunruhigt, nahm mich aber zusammen. »Techne«, sagte Ute streng, »hast du Beeren aus El-in-ors Eimer gestohlen?« »Nein! rief sie.

»El-in-or«, wandte sich Ute an mich, »hast du aus Technes Eimer Beeren gestohlen?« »Nein«, sagte ich. Ute wandte sich an den Wächter. »Die erste Sklavin sagt die Wahrheit«, sagte er. »Die zweite lügt.« »Nein!« schrie ich.

Ute sah mich an. »So etwas läßt sich leicht feststellen, El-in-or«, sagte sie. »Manchmal sieht dich der Wächter, manchmal deinen Schatten.« »Nein«, wimmerte ich.

»Du hast mich schon früher dauernd bestohlen«, sagte Ute. »Aber ich hatte den Wächter, der das auch bemerkte, immer Gebeten, dich nicht zu verraten. Doch diesmal hast du eines meiner Mädchen bestohlen, und das kann ich nicht zulassen. Du hast mich immer für so dumm gehalten, daß ich das nicht merke, bist ein widerliches Stück Dreck!«

»Ich werde nie wieder stehlen«, schrie ich entsetzt.

»Ja«, sagte Ute, »das glaube ich dir gern. Hast du Beeren gegessen, El-in-or?«

»Nein!« rief ich.

»Öffne deinen Mund und strecke die Zunge heraus!« befahl sie. »Bitte, Ute!« flehte ich.

»Los, gehorche!« Ich streckte die Zunge heraus.

Die Umstehenden begannen zu lachen.

Ute wiederholte die Prozedur bei Techne.

»Du kannst gehen«, sagte Ute zu Techne, die verängstigt davoneilte. Ute wandte sich an mich. »Und jetzt wirst du gebrandet und ausgepeitscht!«

Wimmernd brach ich in die Knie.

»Überlaß das mir!« sagte eine Stimme hinter mir.

Entsetzt drehte ich mich um. Es war Rask aus Treve.

»Herr!« schluchzte ich und warf mich vor ihm ins Gras.

»Ich habe keine Geduld mehr mit dir«, sagte er, zog einen schweren Handschuh über und nahm ein Brandeisen aus de« Feuer. Der winzige Buchstabe war weißglühend. »Dies ist ein Strafzeichen«, sagte er. »Es brandmarkt dich als Lügnerin.«

Vier Männer hielten mich fest, als er mir das glühende Eisen gegen das Bein preßte. Ich begann zu wimmern, dann zu kreischen »Und dieses Zeichen«, sagte Rask und nahm ein zweites Brandeisen aus dem Feuer, »kennzeichnet dich als Diebin.«

Ich schrie und hörte nicht mehr auf zu schreien, so groß war der Schmerz.

»Und dieses dritte Eisen weist dich als Verräterin aus«, sagte Rask gefährlich leise. Als das glühende Zeichen mein Fleisch berührte, sah ich Utes regloses Gesicht.

Noch immer ließen mich die Männer nicht los.

Rask nahm das letzte Eisen aus dem Feuer. Es enthielt einen größeren Buchstaben, den ich kannte. Es war das Zeichen der Stadt Treve. Wimmernd wandte ich den Kopf und ließ das Branden über mich ergehen.

Schließlich zerrten mir die vier Wächter die Arme über den Kopf und hängten mich an dem Pfosten auf. Meine Füße wurden in dem Ring festgemacht, der im Boden verankert war.

»Holt die Peitsche!« befahl Rask.

Ich hörte die Männer und Sklavinnen lachen. Wimmernd hing ich an meinen Handgelenken, die zu schmerzen begannen. Mein Schenkel schien in Flammen zu stehen. Tränen strömten mir über die Wangen. Ich hustete und konnte kaum atmen.

Plötzlich schien mein Rücken zu explodieren. Ich schrie, aber nichts war zu hören. Ich schien keinen Atem mehr im Leibe zu haben und verlor fast das Bewußtsein. Es war eine unbeschreibliche Qual. Zweimal verlor ich das Bewußtsein, und zweimal wurde ich mit einem Schwall kalten Wassers wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt.

Als schließlich die Schläge aufhörten, hing ich hilflos in meinen Fesseln. Grobe Hände banden mich los, zerrten mich zu dem kleinen eisernen Sklavenkasten und stießen mich hinein. Die Tür knallte hinter mir zu, die beiden Riegel glitten vor, zwei Vorhängeschlösser klickten zu. Ich war eingeschlossen. Ich konnte durch einen Schlitz in der Tür nach draußen sehen. Eine etwas größere Öffnung befand sich weiter unten. Es war dunkel und heiß.

Da fiel mir ein, daß mich eine Sklavin am ersten Tag meines Aufenthalts im Lager gewarnt hatte, ich würde geschlagen und in den Sklavenkasten gesteckt, wenn ich log oder stahl.

Ich stöhnte und ließ mich auf die Seite sinken und zog die Beine an. Elinor Brinton aus New York war erniedrigt worden. Ein kühner Tarnkämpfer, ihr Herr, hatte sie nach den rauhen Gesetzen eines anderen Planeten gezüchtigt.

Ich verlor das Bewußtsein. Als ich erwachte, hatte der Schmerz am Rücken und am Bein noch nicht nachgelassen. Von draußen drangen die frohen Klänge eines Festes herein.

Ich blieb tagelang in dem Sklavenkasten. Die Tür wurde nur geöffnet, um mir zu essen und zu trinken zu bringen. Am fünften Tag wurden mir die Fesseln abgenommen, aber noch immer durfte ich meinen Körper nicht ausstrecken.

In den ersten Tagen bäumte ich mich noch in meinen Fesseln auf, hämmerte gegen die Wände und schrie, streckte die Finger durch die Türschlitze und flehte um Gnade. Ich fürchtete schon wahnsinnig zu werden. Manchmal brachte mir Ute Wasser und Nahrung, doch sie sagte dabei kein Wort.