»Beeil dich, Sklavin!« drängte Ute.
Mit einem Angstschrei eilte ich zum Feuer zurück. Dort nahm mir ein Mädchen den Weinkrug ab, und jemand stieß mich auf die Sandfläche in der Mitte. Ich bedeckte das Gesicht mit den Händen.
»Tanz für deine Herren, Sklavin!« hörte ich Verna rufen. Die Zecher begannen zu lachen.
Ich streckte Rask flehend die Arme entgegen. Aber er hatte kein Einsehen mit mir.
Die Musik begann, und ich sprang auf und begann zu tanzen. Die Töne waren rauh, melodisch, sinnlich. Ohne es zu begreifen sah ich plötzlich das Staunen in den Augen der Zuschauer. Sie blinzelten mich an und wurden still.
Ich tanzte. Ich war gut trainiert worden in den Gehegen Ko-ro-bas. Nicht umsonst hatten Lana und ich zu den besten Sklavinnen gehört. Meine Füße stampften zum Klang der Glocken im Sand, und mir wurde plötzlich klar, daß ich mit meiner Schönheit Macht besaß, die Macht, Männer zu peinigen.
»Großartig!« hörte ich jemanden flüstern.
Auch die Mädchen schauten gebannt zu.
Ich warf den Kopf hoch. Etwas brach sich in mir Bahn, etwas das ich noch nie empfunden hatte. Ich wollte meine Zuschauer quälen — und ich hatte die Macht dazu! Ich war von weißer Seide und damit in Sicherheit — ich wollte meine Zuschauer leiden sehen.
Als die Musik sich veränderte, beschleunigte auch ich meine Bewegungen, wurde eins mit dem Rhythmus, ein erschrecktes Sklavenmädchen, eine einsame Sklavin, die sich nach ihrem Herrn sehnt. Und ich tanzte erst vor diesem, dann vor jenem Krieger, als suchte ich seinen Schutz, als könnte ich nichts dagegen tun. Mehr als ein Krieger wollte nach mir greifen und schrie dann wütend auf, als ich mich ihm lachend entzog.
Als die Musik ihrem Höhepunkt zustrebte, wandte ich mich kühn meinem Herrn Rask aus Treve zu und tanzte vor ihm. Er schlürfte seinen Wein, sein Gesicht blieb ausdruckslos. Ich tanzte meinen Haß auf ihn, meine Verachtung. Ich tanzte, um ihn zu erregen, in ihm Sehnsucht nach mir zu wecken, und plötzlich merkte ich, daß mein Körper ihm eine Botschaft schickte, die ich selbst kaum verstand, die ich fürchtete. Es war seltsam — es war, als entwickelte mein Körper ein eigenes Leben, als spräche er zu ihm. Und dann war es wieder wie zuvor, und ich empfand nur noch Verachtung und Haß. Er schien amüsiert zu sein, und ich war wütend Als ich fertig war, fiel ich frech in die Knie und neigte den Kopf. Es gab großen Beifall, und ich wurde fortgeschickt. Inge und Rena waren als nächste an der Reihe, während ich in die Dunkelheit eilte.
Am Küchenschuppen befahl mir Ute, mich zu waschen und umzuziehen. Ich gehorchte und wollte mich schlafen legen.
Doch Ute ließ das nicht zu. Ich mußte mich schminken und fertigmachen wie zuvor.
Dann warteten wir. Über zwei Ahn lang saßen wir im Küchenschuppen, bis der Lärm des Festes verstummte und die Krieger in ihre Zelte gingen. Schließlich stand Ute auf und tupfte mir etwas Parfüm hinter die Ohren. Ihr Blick war hart.
»Nein!« rief ich und sah sie entsetzt an. »Nein!«
»Du bist in Rasks Zelt befohlen«, sagte sie.
»Tritt ein«, sagte Rask aus Treve.
Ich war allein mit ihm, als seine Sklavin. »Binde das Zelt hinter dir zu.« Ich gehorchte zitternd. Ein kleines Feuer brannte in der Feuerschale. Ein Weinbehälter hing über den Flammen.
Das Innere des Zelts war mit roter Seide ausgekleidet. Da und dort hingen Tharlarionöllampen und spendeten ein weiches Licht. An den Seiten standen zahlreiche Truhen, Fässer und Säcke, mit der Beute vieler Überfälle gefüllt. Manche Truhen waren geöffnet, und ich sah darin Gold und andere Edelmetalle und schimmernde Schmuckstücke. »Komm näher«, sagte er.
Ich sah ihm in die Augen. Ich trug seinen Kragen. »Gib mir Wein!« Ich wandte mich um, nahm eine kleine Flasche Ka-la-na-Wein an mich, schüttete ihn in eine kupferne Schale und stellte das Getränk auf einen Dreifuß über dem Feuer.
Nach einer Weile nahm ich den erwärmten Wein und brachte ihn meinem Herrn. Ich wußte nicht, wie er seinen Wein wollte — ob warm oder heiß — also wählte ich eine mittlere Temperatur. Er nahm den Kelch und schlürfte. Dann lächelte er.
Als er fast ausgetrunken hatte, bedeutete er mir, neben ihm niederzuknien. Er grub mir seine Finger ins Haar und neigte meinen Kopf zurück. Dann schüttete er mir Wein in den offenen Mund.
»Lauf, El-in-or«, sagte er dann, »und bring den Kelch fort.« Als ich wieder vor ihm kniete, begann das Zelt um mich zu kreisen. Ich spürte den heißen Wein im ganzen Körper. Er hatte mich laufen lassen, damit die Wirkung schneller einsetzte.
»Ich hasse dich!« rief ich plötzlich. Im nächsten Augenblick hätte ich mir am liebsten die Zunge abgebissen. Der Wein löst meine Zunge!
Aber er schien nicht böse zu sein.
»Du hast mich gefangen und zu deiner Sklavin gemacht!« fuhr ich fort. »Du verstehst mich nicht. Ich bin nicht einmal von dieser Welt. Ich bin keine unterwürfige Goreanerin! Ich bin kein hübsches Tier, das du nach Belieben kaufen und verkaufen kannst! Ich bin Elinor Brinton vom Planeten Erde. Auf meiner Welt bin ich eine wichtige Persönlichkeit! Du kannst mich nicht einfach als Sklavin behandeln!« Dann barg ich das Gesicht in den Händen. Was wußte er schon von solchen Dingen? »Ich weiß, daß du von der Erde kommst — als Krieger besitze ich das Zweite Wissen. Erdfrauen sind gute Sklavinnen für die Goreaner!« sagte er.
Ich hielt den Blick gesenkt.
»Und du bist eine Lügnerin und eine Diebin!«
Sein Gesicht war ganz dicht vor dem meinen. Seine Hände hoben meinen Kopf.
Ich begann zu zittern, als seine Finger den Streifen weißer Seide von meinem Hals knoteten.
»Nein!« flehte ich.
»Heb den Kopf, Mädchen!« befahl er. Ich starrte in seine Augen. Noch nie hatte ich einen solchen’ Blick gesehen. Ich kniete vor ihm, allein mit ihm auf seinem Lager, seiner Gnade ausgeliefert.
Dann nahm er mich in seine Arme und ließ sich mit mir auf seine Felle sinken. Das Zelt begann über mir zu kreisen. Ich wollte schreien, doch er verschloß mir den Mund und drang in mich ein.
16
»Kettet sie unter den goreanischen Monden an«, hatte Verna gesagt sagt, und Rask hatte gelacht.
Ich zerrte an der Kette, die mein linkes Fußgelenk umschloß. Ich lag auf dem kleinen Grashügel in einem entlegenen Teil des Lagers und war an den Ring gekettet, den ich bei meinem Rund-gang schon einmal gesehen hatte. Einige Meter entfernt sah ich die Rückseiten von Zelten. Die Monde waren noch nicht aufgegangen. Nachdem ich meine Tagesarbeit verrichtet hatte, hatte ich atemlos gehofft, wieder ins Zelt Rasks gerufen zu werden.
Rask hatte jedoch den ganzen Tag kaum Notiz von mir genommen. Im Gegensatz zu gestern nacht.
Ich lag auf dem Rücken und erinnerte mich an jede Sekunde in seinem Zelt, als er bei mir gelegen hatte, eng an mich geschmiegt, wieder und immer wieder.
Erst im Morgengrauen hatte er mich zurück in den Sklavenschuppen geschickt.
Heute abend hatte Rask mit Verna gegessen und sich von mir bedienen lassen. Dabei hatte er mich nicht anders behandelt als zuvor. Es war, als hätte es die letzte Nacht nicht gegeben. Hatte ich alles nur geträumt? Dann hatte er einen Wächter gerufen.
»Heute abend«, sagte Rask zu ihm, »schickst du mir Talena ins Zelt.« »Ja, Herr«, hatte der Wächter gesagt und war gegangen.
Meine Finger hatten sich um den Teller verkrampft, den ich gerade trug, und mir wurde schwarz vor Augen.
»Deine Sklavin scheint nervös zu sein«, sagte Verna lächelnd, und ich senkte den Kopf.
»Sklavin«, fuhr das Panthermädchen fort. »Es heißt, du hast den Mädchen erzählt, du wärst anders als andere Frauen, du hättest ihre Schwächen nicht.«
Ich sah Verna an. Sie wußte, daß ich sie einmal im Wald gesehen hatte, als sie hilflos ihren Sehnsüchten ausgeliefert war. »Ich kann nichts dafür, daß ich so bin«, sagte ich.
»Kette sie unter den goreanischen Monden an«, sagte Verna. Und nun lag ich hier. Ich haßte ihn — und sie noch mehr! Ich war wütend über das, was er mir angetan hatte. Aber ich hatte nicht anders reagieren können. Er hatte in mir Gefühle geweckt, von denen ich nicht erwartet hätte, daß mein Körper sie empfinden könnte. Verzweifelt hatte ich mich an ihn geklammert, eine Höhe des Gefühls erreichend wie nie zuvor, während er meinen Körper beherrschte, mich von einer Ekstase in die andere jagte.