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Ich öffnete die Augen. Die Monde stiegen nun über den Palisaden auf und erhellten den nächtlichen Himmel.

Warum hatte er mich nicht zu sich rufen lassen? War er unzufrieden mit mir gewesen?

Ich blickte zu den Monden auf, Tränen in den Augen.

Die Lichter im Lager waren nun erloschen. Da und dort glüht es noch in der Asche der Kochfeuer. In manchen Zelten schimmerte es rot durch die Plane — das Licht der Feuerschalen im Innern. Es war heiß. Die Nachtinsekten zirpten. In der Ferne kreischte ein Tarn.

Ich ballte die Fäuste und schloß die Augen. Wild hämmerte ich mit den Fäusten ins Gras. Was konnte ich tun? Ich war ein Mädchen dessen Sehnsucht unerfüllt war. Ich begann dem Dränge meines Bedürfnisses nachzugeben und mich unter den Monden Gors zu winden, versuchte sie zu ergreifen, drehte mich und begann zu weinen.

Und als ich erschöpft im Gras lag, sah ich plötzlich einen Schatten über mir — Verna, das Panthermädchen, das mich beobachtete!

»Dein Körper scheint sich doch wie der einer Kajira zu bewegen«, sagte sie. »Du bist also nicht wie andere Frauen, wie?«

»Hab Erbarmen mit mir, Herrin!« flehte ich. »Ich habe wohl doch alle Schwächen meines Geschlechts . ..«

»Jetzt sprichst du die Wahrheit, El-in-or.« Ihre Stimme war nicht unfreundlich. »Manchmal muß ein Mann wie Rask aus Treve kommen, um einer Frau ihre Schwächen zu offenbaren. Ich verlasse, heute abend das Lager.«

Ich hob verblüfft den Kopf.

Sie deutete auf eine Gestalt, die einige Meter entfernt kniete. »Ich nehme Talena mit. Rask aus Treve hat sie mir überlasse Ich bringe sie als Sklavin in die Nördlichen Wälder.«

»Aber sie ist Rasks Liebling«, flüsterte ich.

»Nein«, erwiderte Verna und sah mich prüfend an. »Ist es angenehm, sich einem Mann hinzugeben?«

Ich senkte den Blick, beschämt von meiner Freude.

»Vor langer Zeit gab es einmal einen Mann, der mir das hätte bedeuten können, was Rask dir bedeutet«, sagte Verna.

»Was war das für ein Mann?«

»Marlenus aus Ar«, gestand sie. »Und ich beschloß später, ich würde eines Tages feststellen, wer der stärkere von uns beide ist. — Leb wohl, Sklavin!«

Und sie wandte sich zum Gehen.

Rask aus Treve umfing meinen Kopf mit den Händen. Es war fast Morgen.

Wir lagen auf der kleinen Erhebung, in seinen Mantel gehüllt. Wir schwiegen.

Tau glitzerte im Gras, und der Mantel, der sich um uns schmiegte, war auf der Außenseite feucht. Das Licht der ersten Dämmerung legte einen Schimmer über den Hügel. Ich blickte in die Augen Rasks, der mich musterte.

»Wie kommt es, daß du mir so am Herzen liegst?« fragte er. »Ich liebe dich«, flüsterte ich. »Ich liebe dich, Herr!« »Ich verachte dich«, sagte er lächelnd, »und doch wußte ich, daß ich dich besitzen mußte, seitdem ich dich in Ko-ro-ba sah. Kann es sein, daß ich, Rask aus Treve, etwas für eine einfache Sklavin empfinde?« Er ließ es nicht zu,, daß ich ihn küßte, sondern sah lächelnd auf mich herab. »Hast du dich nie gefragt, warum ich dich nie bedienen ließ, wenn die anderen Mädchen an den Festen teilnahmen?«

Ich lächelte ihn an. »Nein, aber ich würde es gern wissen.« »Ich habe dich für mich selbst aufgehoben. Doch als du dann im Tanzring standest, wußte ich, daß ich dich haben mußte.« Seine Hände umklammerten meine Arme. »Du hast unverschämt getanzt, stolz, trotzig, herablassend, verächtlich.«

»Das alles bin ich aber nicht mehr, Herr«, erwiderte ich. »Ich bin jetzt nicht mehr stolz oder hochmütig. Ich liebe dich!«

Lächelnd beugte er sich über mich.

Die Geräusche des frühen Morgens schallten durch das Lager. Es war nun hell geworden. In der Ferne rief Ute ihre Mädchen zusammen. Ein Tarn schrie im Gehege. Ich hörte das Rasseln von Pfannen. Feuer wurden angezündet.

Wir lagen noch immer im Gras. Ich klammerte mich an ihn, meine Wange an ihn geschmiegt. Sanft lag seine Hand über meinem Kopf. »Es ist Zeit, daß du an deine Arbeit gehst, Sklavin«, sagte Rask aus Treve.

»Ja, Herr.«

Aus seinem Beutel nahm er einen Schlüssel und öffnete den schweren Ring, der die Kette an meinem linken Fußgelenk festhielt. Er legte mir seinen Umhang um die Schultern. »Geh zum Schuppen und hol dir eine Tunika.«

Ich kniete vor ihm nieder. »Ich liebe dich!« rief ich. »Verkauf mich nicht! Behalte mich für dich — für immer!« Der Gedanke, daß ich wieder von ihm getrennt werden könnte, war mir unerträglich. Ich blickte ihn gequält an.

»An die Arbeit!« lachte er.

Ich sprang auf und reichte ihm den Umhang zurück, den ich nicht tragen wollte. Was sollten seine Männer denken? Schließlich trug ich Straf-Brandzeichen!

Dann drehte ich mich um und eilte den Hügel hinab zum Schuppen der Arbeitssklavinnen. Ich hatte großen Hunger. Bestimmt hatte mir Ute etwas vom Frühstück zurückgelegt. Ich liebte sie. Wahrscheinlich hatte sie auch ein volles Arbeitspensum für mich — sie zog niemanden vor. Ich war eins ihrer Mädchen. Ich liebte sie — und ich liebte meinen Herrn. Ich drehte mich um. Er beobachtete mich von der Spitze de Hügels aus. Ich lächelte und winkte ihm zu. Er hob die Hand und ich lief weiter und huschte um die Ecke des Schuppens.

»Ich habe dir etwas zu essen aufgehoben«, sagte Ute.

»Vielen Dank, Ute«, erwiderte ich atemlos.

»Iß schnell, denn es gibt heute viel Arbeit für dich!«

17

Die vergangenen Wochen waren die glücklichsten meines Lebens gewesen.

»Hände auf den Rücken, Arme überkreuz«, sagte der Mann. Ich gehorchte und spürte die Fesseln durch das dicke Geflecht. Meine Handgelenke wurden am Weidenkorb festgezurrt. Ich teilte den Tarnkorb mit fünf anderen Mädchen.

»Wir werden am Abend in Ar sein«, sagte der Mann.

Ich ließ den Kopf sinken. Und doch bedauerte ich nichts, denn in den letzten Wochen war ich zum erstenmal glücklich gewesen. »Werden sie im Curuleum verkauft?« fragte ein Krieger, der in der Nähe stand.

»Ja«, sagte unser Wächter.

Zu Anfang hatte mich Rask aus Treve jede Nacht in sein Zelt gerufen. Ich hatte ihm auf verschiedene Arten gedient, hatte mir größte Mühe gegeben, ihn immer wieder neu zu erfreuen.

Manchmal hatte er zu meinem Ärger versucht, sich von mir zu trennen, und hatte andere Frauen in sein Zelt gerufen, doch oft schickte er sie wieder fort und ließ mich, El-in-or, doch noch zu sich kommen.

Und dann kam eine Zeit, da er keine andere Frau mehr zu sich holte. Ich, El-in-or, war die erklärte Lieblingsfrau Rasks.

Inge und Rena waren nicht bei mir im Korb. Sie waren an die Jäger Raf und Pron verschenkt worden. Nach dem Brauch goreanischer Jäger waren beide Mädchen freigelassen worden und hatten einen Vorsprung von vier Ahn bekommen. Nach vier Ahn waren Raf und Pron aus dem Lager gelaufen und am nächsten Morgen mit Inge und Rena zurückgekehrt. Neue Kragen glänzten an ihren Hälsen.

In der kurzen Tunika einer Jägersklavin waren sie dann ihren Herren durch das Doppeltor des Lagers gefolgt. Ihnen stand ein hartes Los bevor, aber sie machten einen zufriedenen Eindruck. Der Jäger führt ein freies und wildes Leben, und seine Sklaven müssen sich mit dem Wald vertraut machen, mit den Eigenarten von Pflanzen und Tieren und Wetter. Ich weiß nicht, wo Raf und Pron jetzt sind, doch ich weiß, daß sie gut versorgt werden von Inge und Rena.

Jetzt wurde der schwere Korbdeckel aufgelegt und festgezurrt. Der Mann, der den Tarn fliegen sollte, ging zum Küchenschuppen, um sich vor dem Start zu stärken.

Ich hatte Rask aus Treve auf viele Arten erfreuen wollen und hatte zu meiner Verblüffung festgestellt, daß mir das leichtfiel, daß ich großen Spaß daran hatte. Ein Mann ist ein seltsames Wesen —, er wünscht sich sowohl eine einzige Frau als auch viele verschiedene Frauen, und vielleicht ersehnt er sich eine Frau, die ihm in vielen Gestalten begegnet. So trat ich Rask in vielen Rollen gegenüber — als neues Sklavenmädchen, als gebildetes Mädchen, als vornehme Dame, manchmal auch als hochmütige El-in-or, zuweilen als trotziges, dann wieder als ergebenes Mädchen. Rask selbst klammerte sich manchmal an mich und küßte mich und ließ mich lange nicht wieder los. In diesen Stunden verstand ich ihn nicht recht; ich lag nur erfüllt und reglos in seinen Armen. Und eines Nachts bat er mich, ich solle ihm von mir erzählen.