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»Verkaufe mich, Herr«, sagte ich einmal zu Bosk, denn ich wollte nicht in dem Haus bleiben, in dem ich fast ein Verbrechen begangen hatte. Ich wollte irgendwo leben, wo ich nicht bekannt war, wo ich nur eins von vielen Sklavenmädchen war.

»Du hast Arbeit in der Küche«, hatte Bosk aus Port Kar erwidert. Und ich war zu Publius zurückgekehrt.

Es wird nun Zeit für mich, meinen Bericht abzuschließen. Ich habe ihn auf Befehl meines Herrn Bosk niedergeschrieben. Vieles von dem, was ich erlebt und geschildert habe, begreife ich nicht — in der Weise, daß ich gewisse Hintergründe nicht erkenne oder nicht weiß welche Erkenntnisse andere, besser Unterrichtete aus meinem Text gewinnen mögen. Aber ich habe alles niedergeschrieben, was mir in den Sinn kam, und sicher offen und ehrlich. Mein Herr hat befohlen, daß ich mich so äußere. Als goreanisches Sklavenmädchen wage ich diesen Befehl nicht zu mißachten. Außerdem hat er mir befohlen, auch meine Gefühle offen darzulegen, weil er in seiner Freundlichkeit vielleicht annimmt, daß mir das guttut. Ich habe mich bemüht, dem ebenfalls zu entsprechen.

Ich bin jetzt zufriedener als zuvor, obwohl ich Bosk noch von Zeit zu Zeit bitte, verkauft zu werden. Ich habe erfahren, daß Rask aus Treve tatsächlich nach Port Kar kam, um mich zu finden, und das hat mir große Freude bereitet, obwohl sich dieses Gefühl nun mit Bitterkeit und Traurigkeit vermischt, denn ich werde ihm nie wieder gehören. Auf dem Platz vor dem Saal des Kapitänsrats stellte Rask aus Treve sich vor Bosk aus Port Kar hin und verlangte meine Auslieferung. Bosk, so erfuhr ich, setzte meinen Preis auf zwanzig Goldstücke fest, damit er als Kaufmann auch seinen Profit von mir hätte. Aber Rask aus Treve kaufte keine Frauen. Mein Preis hätte eine Pfeilspitze oder eine kupferne Tarnmünze sein können — seine Antwort wäre dieselbe gewesen. Er nimmt sich seine Frauen, er kauft sie nicht. Aber ich fürchte, daß ich bei Bosk aus Port Kar vor Rask sicher bin. Bosk soll ein gefürchteter Meister mit dem Schwert sein, und sein Haus ist befestigt, und es gibt darin einige hundert Männer, die sich mit ihren Waffen und Ihrem Leben ihm verschworen haben. Dieses Haus hat vor zwei Jahren einer Belagerung von vielen tausend Soldaten widerstanden, zur Zeit des Streits zwischen den Ubars und dem Kapitänsrat und zur Zeit der großen Schlacht zwischen der Flotte Port Kars und der aus Tyros und Cos, am 25. Se’Kara 10.120 Contasta Ar, seit der Gründung Ars. Und gewiß wird Rask aus Treve seine Tarnkavallerie nicht in das ferne Port Kar bringen, nur um ein einfaches Sklavenmädchen zu befreien, eine Handlungsweise, die einen langen und blutigen Kampf heraufbeschwören würde. Leider bin ich sicher in diesem Haus. Es ist mein Heim geworden — und mein Gefängnis. Als Rask aus Treve verlangte, ich solle ihm ausgeliefert werden, zog Bosk, mein Herr, seine Klinge und zeichnete auf das Pflaster des Platzes das Zeichen der Stadt Ko-ro-ba. Rask aus Treve drehte sich mit wirbelndem Umhang um und ging fort.

Auf Befehl Bosks darf ich nun wieder im großen Saal servieren. Doch nachts legt mir Publius noch immer die doppelte Kette an. Er ist ein vorzüglicher Küchenmeister und liebt seinen Kapitän Bosk aus Port Kar. Ich habe nichts gegen seine Vorsicht.

Meine Erzählung ist nun zu Ende. Jede Nacht muß ich zur neunzehnten Stunde in die Küche zurückkehren, um angekettet zu werden. Vorher gehe ich noch einmal über die Deltamauer des Hauses von Bosk. Ich schaue über die Sümpfe, die im Licht der drei goreanischen Monde zauberhaft aussehen.

Und ich denke an Rask aus Treve.

18

Hier schreibt nun Bosk aus Port Kar.

Ich möchte diesem Manuskript ein kleines Postskriptum anfügen, ehe ich es ins Sardargebirge bringen lasse.

Viel Zeit ist vergangen, seit ich den Priesterkönigen zum letztenmal diente. Samos redete mir oft zu, doch ich bin in meinem Entschluß nicht wankend geworden. Trotzdem ist Tersites, der halbblinde, verrückte Schiffbauer, im Arsenal damit beschäftigt, ein seltsames Seefahrzeug zu bauen, mit dem man die Grenzen der Welt überwinden kann. Ich möchte frei sein und allein gelassen werden. Ich bin jetzt reich. Ich genieße Respekt. Ich besitze vieles, was sich ein Mann nur wünschen kann, die schöne Telima, Reichtum, ein großes Haus, erlesene Weine und treue Waffenkameraden, und vor mir liegt das schimmernde Thassa, das Meer. Ich möchte von den Priesterkönigen frei sein, ebenso wie von den anderen. Ich möchte keinen Anteil mehr haben an ihren düsteren Spielen. Soll die Welt doch ohne mich gerettet werden, denn ich habe meine Arbeit getan und will nur Frieden. Aber noch immer haben die anderen mich nicht vergessen. Sie kennen mich und meinen Aufenthaltsort, sie stellen mir nach und haben versucht mich umzubringen. Ich gefährde alle, mit denen ich zusammen bin. Was soll ich tun? Was kann ich tun? Mein altes Schwert, die Klinge, die ich bereits bei der Belagerung Ars trug, hängt unbenutzt in meinen Gemächern, in ihrer abgetragenen Scheide. Ich bin nicht begierig, sie wieder zur Hand zu nehmen.

Und aus dem Bericht Elinors habe ich erfahren, daß sich Talena, meine frühere Gefährtin, in den nördlichen Wäldern aufhält. Ich habe auch erfahren, daß die Panthermädchen Vernas in Ar unauffällig befreit wurden und angeblich wieder in den Norden geflohen sind. Das scheint mir die Handschrift Rasks aus Treve zu tragen, vielleicht hat aber auch Verna selbst damit zu tun, eine höchst ungewöhnliche Frau. Ich habe mit Telima darüber gesprochen. Manchmal begleitet sie mich zu dem großen Wehrturm, den wir einmal gemeinsam verteidigen mußten, und wir blicken über das Thassa und zu den Nördlichen Wäldern hinüber. Marlenus aus Ar bereitet eine Expedition in die Wälder vor, um Verna wieder zu fangen und sie für ihre Unverschämtheit zu strafen. Es ist ihm nicht unbekannt geblieben, daß sie in jenen Wäldern das Mädchen Talena, seine Tochter, gefangenhält. Wie es heißt, ist er beschämt, daß sie eine Sklavin geworden ist, und er will sie wohl befreien und in Ar in Isolation halten, um ihre Erniedrigung nicht öffentlich werden zu lassen. Wie könnte sie, die Tochter eines Ubars, den Kopf hoch tragen, wenn sie einmal den Kragen eines Kriegers aus Treve getragen hat!

»Suche nach ihr«, hat Telima mir geraten. »Vielleicht liebst du sie noch immer.«

»Ich liebe dich«, erwiderte ich.

»Finde sie. Bringe sie hierher als Sklavin und wähle zwischen uns. Wenn du willst, kämpfen wir im Sumpf mit dem Messer um dich.« »Sie war einmal meine Gefährtin.«

»Die Gefährtenschaft ist längst erloschen«, sagte Telima. »Es ist über ein Jahr vergangen, und du hast sie nicht erneuert.«

»Das ist wahr.« Nach den goreanischen Gesetzen muß eine Gefährtenschaft jährlich neu besiegelt werden.

»Und ihr beide«, fuhr Telima fort, »wart zwischendurch versklavt — und das löst eine Gefährtenschaft ebenfalls auf.«

Ich sah sie ärgerlich an.

»Du hast das Delta des Vosk nicht vergessen?« fragte sie. Telima in ihrer Eifersucht war keine angenehme Gesellschafterin.

»Nein«, sagte ich, »ich habe nichts vergessen.« Ich würde das Delta des Vosk nie vergessen. Dort habe ich einmal meine Prinzipien aufgegeben, hatte einmal vor der Wahl gestanden und die unwürdige Sklaverei einem ehrenvollen Tod vorgezogen.

»Verzeih mir, mein Ubar«, sagte Telima.

Ich nickte und blickte nach Norden, wo die riesigen Wälder lagen. Es waren viele Jahre vergangen. Ich erinnerte mich an sie, an Talena. Sie war ein Traum meines Herzens gewesen, eine Erinnerung, das Ideal einer jugendlichen Liebe, nie vergessen, noch immer glühend, noch immer in meinen Gedanken. Ich erinnerte mich an sie, wie ich sie zuletzt gesehen hatte, im Sumpfwald südlich von Ar, mit Nar der Spinne und im Ka-la-na-Hain, wo ich sie von Sklavenketten befreit hatte, nur um ihr die meinen anzulegen; und dann in der Karawane Mintars des Kaufmanns, und mit Kazrak, meinem Schwertbruder; und dann ihr Tanz in meinem Zelt; und ihre Gegenwart auf dem hohen Justizzylinder Ars, von der Aufspießung bedroht, ehe ich verwirrt in den Wäldern New Hampshires wieder erwacht war. Ich hatte sie nicht vergessen — das konnte ich nicht!