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Diese Welt hatte drei Monde.

6

Ich erwachte kurz vor der Morgendämmerung. Es war sehr kalt und feucht. Ich hatte großen Hunger. Mein Körper war erstarrt und schmerzte. Durstig leckte ich etwas Tau von den langen Grashalmen. Meine Kleidung war feucht. Ich war niedergeschlagen und verängstigt. Vielleicht war ich der einzige Mensch auf dieser Welt. Das Schiff war abgestürzt, aber dieser Planet mußte ja nicht sein Ziel gewesen sein. Und ich hatte keine Überlebenden gesehen — und das andere Schiff war wieder fortgeflogen.

Ich richtete mich auf.

Vor mir erstreckte sich die grasbewachsene Ebene, leicht hügelig, soweit das Auge reichte.

Ich mußte bestimmt verhungern, denn hier gab es nichts zu Essen. Ich marschierte los.

Ich begriff nicht, was geschehen war. In so kurzer Zeit war soviel passiert. Ich wußte noch, wie ich vorgestern früh in meinem Bett erwacht war. Ich erinnerte mich an meine Flucht im Wagen, an die Gefangennahme, an das Schiff. Und dann das neue Erwachen gestern früh. Und jetzt war ich allein.

Zwei Stunden nach Beginn der Morgendämmerung erreichte ich einige Felsformationen. Hier fand ich eine winzige Pfütze Regenwasser, mit dem ich meinen Durst stillte.

In der Nähe stieß ich zu meinem Entzücken auf einige eßbare Beeren. Sie schmeckten gut, was mich mit neuer Zuversicht erfüllte. Die Sonne begann am Himmel hochzusteigen und die Luft zu erwärmen. Zweimal ging ein leichter Schauer nieder, was mich aber nicht sehr störte. Dann war die Luft wieder klar, das Gras leuchtend grün, der Himmel strahlend blau mit hellen, weiße Wolken. Als die Sonne direkt über mir stand, fand ich wieder Beeren und schlug mir damit den Bauch voll. Eine weitere Pfütze stillt meinen Durst. Dann wusch ich mir das Gesicht.

Vielleicht ließ sich doch auf dieser Welt leben. Sie war schön. Ich lief, daß mir das Haar über die Schultern flatterte, ich hüpfte und drehte mich in der Luft. Niemand konnte mich sehen. So etwas hatte ich seit meiner frühen Jugend nicht mehr getan.

Dann bewegte ich mich vorsichtiger, denn ich entdeckte eine Gruppe der dunklen, schlangenähnlichen Pflanzen. Aus sichere Entfernung sah ich zu, wie sie zu rascheln begannen, als sie meine Gegenwart spürten. Mehrere bewehrte Pflanzenspitzen hoben sich, wandten sich wie Köpfe in meine Richtung, bewegten sie lauernd hin und her.

Aber ich fürchtete mich nicht mehr vor ihnen; denn nun wußte ich, daß sie zwar gefährlich waren, man ihnen aber leicht aus dem Weg gehen konnte.

Und ich ging weiter. Von Tieren entdeckte ich keine Spur. Hin und wieder fand ich Beeren und von Zeit zu Zeit Felsgruppen, wo es meist Wasser gab. Was mich schreckte, war die ungeheure Leere dieses Landes.

Etwa zur Mitte des Nachmittags ließ ich mich an einem flacher Hang zwischen zwei grasbewachsenen Hügeln nieder. Und ich fragte mich, welche Rettungschancen ich wohl hatte.

Ich lächelte. Diese Welt war nicht meine Heimat. Das Schiff, das mich hierhergebracht hatte, übertraf bei weitem die technischen Möglichkeiten jeder irdischen Zivilisation — das wußte ich, trotz meines beschränkten technischen Verständnisses. Und doch gehörten die Männer, die mich gefangengenommen hatten, eindeutig der menschlichen Rasse an, so sah es jedenfalls aus. Sogar die Besatzung des silbrigen Schiffs hatte aus Menschen bestanden — bis auf das große goldene Geschöpf. Aber ich wollte gerettet werden.

Allerdings hatte ich keine große Angst mehr — ich konnte auf dieser Welt überleben. Es gab Nahrung und Wasser.

Verblüfft hob ich plötzlich den Kopf. Aus der Ferne klangen, menschliche Stimmen zu mir herüber.

Hastig sprang ich auf und stolperte den Hügel hinauf. Ich reichte die Anhebung, sah mich hastig um, schrie und winkte und begann auf der anderen Seite den Hang hinabzurennen. .»Halt!« rief ich. »Halt!« Es waren Menschen! Ich war gerettet! Es handelte sich um einen einzelnen Wagen, der von etwa acht Männern umringt war. Vor den Wagen waren keine Zugtiere gespannt; vielmehr scharten sich fünfzehn oder zwanzig unbekleidete Mädchen an der Wagendeichsel; sie waren an den Wagen geschirrt! Zwei Männer hielten sich in ihrer Nähe auf. Der Wagen selbst schien beschädigt zu sein, er war teilweise verkohlt, seine Plane aus blaugelber Seide zerfetzt und geschwärzt. In der nähe des Wagens entdeckte ich einen kleinen dicken Mann, der eine Robe aus blau und gelb gestreifter Seide trug. Verblüfft wandte er sich in meine Richtung. »Ich bin Elinor Brinton«, sagte ich zu den Männern, die mir entgegenkamen. Zwei weitere Männer hasteten an mir vorbei, auf den Hügel zu.

Die beiden Krieger nahmen mich in die Mitte, packten meine Handgelenke und zerrten mich grob auf den Wagen zu.

Der kleine dicke Mann beachtete mich kaum. Sein Blick war besorgt auf den Hügel gerichtet, wo seine beiden Männer nun geduckt Ausschau hielten. Zwei andere Wächter waren auf den Wagen geklettert und spähten nervös in alle Richtungen. Die Mädchen im Geschirr schienen ängstlich zu sein.

Der dicke Mann trug Saphirohrringe. Sein langes schwarzes Haar wirkte ungepflegt; er hatte es im Nacken mit einem blaugelben Band zusammengebunden. Er ging in purpurnen Sandalen, deren Riemen perlenbesetzt waren; einige Perlen fehlten allerdings. Seine kleinen, beringten Hände waren schmutzig. Ich hatte eigentlich das Gefühl, daß er sonst sehr auf seine äußere Erscheinung achtete, aber hier schien ein Notfall vorzuliegen. Er wurde von den anderen Männern Targo genannt. Targo blickte zum Hügel hinüber, wo einer seiner Kundschafter eine beruhigende Armbewegung machte. Er hatte nichts gesehen. Targo atmete auf. Er war sichtlich erleichtert.

Ich setzte mein schönstes Lächeln auf. »Vielen Dank«, sagte ich. »Ich heiße Elinor Brinton und wohne in New York, auf dem Planeten Erde. Ich möchte sofort dorthin zurückkehren. Ich bin reich und kann ihnen jeden gewünschten Betrag zahlen.«

Targo musterte mich verwirrt.

Natürlich! Wieso sollte er Englisch verstehen? Ich wiederholte etwas irritiert meine Worte. Ich wünschte, meine beiden Wächter würden endlich meine Arme loslassen. Da unterbrach mich Targo mit einem kurzen Wort, das ich wiederum nicht verstand. Aber offenbar wollte er nicht, daß ich weitersprach.

Ich errötete vor Zorn und versuchte, meine Arme freizubekommen, doch die beiden Männer ließen nicht los.

Dann sprach Targo mit mir, doch ich verstand ihn nicht. Sein Tonfall war barsch, als habe er eine Bedienstete vor sich. Das ärgerte mich natürlich.

»Ich verstehe Sie nicht«, erwiderte ich eisig.

Meine harte Erwiderung schien ihn zu verwirren. Er musterte mich eingehend, vielleicht kam ihm endlich der Gedanke, daß sich in mir geirrt hatte. Es amüsierte mich, daß mein Sieg so leicht gewesen war. Zwar verstand ich ihn nicht, und doch kam mir seine Sprache irgendwie vertraut vor. Er sprach nun langsam, artikulierte sorgfältig Wort um Wort, doch als er merkte, daß er nicht weiter kam, begann er sich wieder aufzuregen. Er schien zu erwarteten daß ich ihn verstehen müßte. Einmal wandte er sich an einen seiner Männer und schien ihm eine Frage zu stellen. Die Antwort ließ mich zusammenfahren: Dieses Wort hatte ich schon einmal gehört. Der große Fremde hatte es in meiner Wohnung zu den kleinen Mann gesagt, der sich für mich interessierte. Mir fiel nun auf, daß meine Häscher auf der Erde, auch wenn sie Englisch sprachen, einen Akzent offenbart hatten, der durchaus dieser Sprache entspringen konnte. Offenbar handelte es sie um eine eigenständige und komplizierte Eingeborenensprache, die sich gar nicht unangenehm anhörte. Ich bekam Angst, war jede auch in meiner Zuversicht bestärkt. Einerseits hatte ich Angst wegen des sprachlichen Zusammenhangs zwischen meinen Häscher und diesen Individuen. Andererseits war ich zuversichtlich, den wenn diese Menschen dieselbe Sprache benutzten, besaßen sie sicher auch die technologischen Möglichkeiten, mich in meine Heimat zurückzubringen.

Doch da fiel mir auf, daß die Männer nicht einmal Pistolen trugen, sondern nur mit Schwertern und Armbrüsten bewaffnet waren. Vier Männer hatten sogar Speere bei sich. Die Soldaten waren bis auf Targo in Tuniken gekleidet und trugen Helme, die ziemlich furchteinflößend aussahen. Die Öffnungen dieser Helm erinnerten mich entfernt an ein ›Y‹. Die Schwerter waren auf die linke Schulter geschnallt. Die Fußbekleidung der Männer bestand aus schweren Sandalen, deren dicke Schnüre bis über die Waden reichten. Am Gürtel trugen die meisten ein Messer und kleine Beutel. Ich war erleichtert. Solche primitiven Krieger konnten unmöglich zur gleichen Gruppe gehören wie meine Häscher — aber dann hatten sie auch nicht die technischen Möglichkeiten, mich wieder zur Erde zu schaffen.