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Ach ja, Dole wirbt übrigens mit einem Rezept für Aloha Chicken Wings, mit süßscharfer Ananassauce, klar. Dank der Dosen kann man die auf Hawaii genau so gut machen wie in Namibia oder im Ahrntal. Die eingeborenen Hawaiianer finden sowas zum Gähnen und gehen gerne mal da hin, wo es richtig nach USA schmeckt, nämlich in ein Fastfoodlokal. Bei „Pizza Hut“ ist, oh Wunder, wie überall auf der Welt auch Pineapple als Topping im Angebot. Nicht frisch, sondern aus der Dose, wie der Hersteller artig angibt. Ham and Pineapple auf der Pizza in Hawaii - das geht auf das Konto der Deutschen. Die Pizza Hawaii ist die Internationalisierung von Toast Hawaii, die Kreisform des quadratischen 5oer-Jahre-Fernwehs, die erreichbare und die unerreichbare Welt von damals vereint auf 400 Quadratzentimetern. In Australien und Neuseeland, den Orten auf der Welt, die von Deutschland geografisch am weitesten entfernt sind, ist die Hawaiian inzwischen angeblich die beliebteste Pizzasorte, mit knapp einem Fünftel Marktanteil. Und mit ihren Träumen vom American Way of Life haben sich die Hawaiianer diesen Bastard auf ihre Insel geholt. Der Sündenfall des pazifischen Paradieses.

Und das alles nur wegen eines Fernsehkochs aus der Nachkriegszeit, der gerne Dinge aus der Dose verwendete. Was wäre wohl gewesen, wenn Wilmenrod selbst das hätte vorhersehen können? Er starb an Magenkrebs und erlebte den Erfolg seines Gerichtes nicht mehr. Vielleicht ist er bereits im himmlischen Paradies angekommen und es sieht dort so aus wie Hawaii für denjenigen, der gerade erst angekommen ist. Oder noch nie dort war ...

TÜRKISCHER HONIG

Süße Versuchungen und internationale Flugsicherheitsstandards

Ein ganzes Glas Honig muss in der Türkei in jede anständige Nach- und Süßspeise. Honig tropft vom Ka-din Göbegi (Frauennabel), vom Baklava (Nussgebäck), vom Bali findik Sufesi (Honig-Nuss-Auflauf), vom Badem Ezmesi (Nusspfannkuchen), und bildet einen goldglänzenden See auf dem Joghurt. Natürlich steckt er auch in der unglaublich perfekten Süßigkeit, die bei uns Türkischer Honig heißt, in Wirklichkeit aber ein unverschämt fluffiges Nougat ist und in der Türkei Nuga Helva oder einfach nur Nuga heißt. Helva ist die schwarzmeerische und orientalische Süßspeise schlechthin, kommt fluffig oder fasrig daher, klebrig oder trocken, voller Nüsse oder ganz ohne.

Dann gibt es noch Lokum, noch süßer als alles andere, diese Würfel aus Stärke, Zuckersirup, mit Rosenwasser, Pistazien, Nüssen, Fruchtmus veredelt, eigentlich mit allem, was man überhaupt in Süßspeisen packen kann. Nur Honig ist im Lokum eher selten. Auf Silbertabletts aufgestapelt liegt Lo-kum in den Schaufenstern. Wenn man eines isst, fühlt man sich wie eine Haremsdame, isst man zwei hintereinander, als wäre man so dick wie zwei Haremsdamen. „Turkish Delight“ heißt diese Verführung auf Englisch, weshalb alle die, die noch nie Lokum in einer Auslage haben liegen sehen, diese kleinen Süßwürfel „Türkischen Honig“ nennen, obwohl ihnen dessen Erscheinungsform als Kiloblock eigentlich von der Kirmes her bekannt sein sollte. Auch dieses Soft-Nougat liegt, in Würfel geschnitten, in den Auslagen.

So weit, so eindeutig. Schwierig wird es erst, wenn man beschließt, türkische Süßigkeiten mit nach Hause zu nehmen, und einem das erst im Duty-Free-Shop des Atatürk Airport einfällt. Da gibt es in einem kitschig gestalteten Laden namens „Old Bazaar“ Nougat, auf dessen Schachtel „Harem’s Delight“ steht, und Lokum, das „Turkish Delight“ heißt, außerdem Halva, Baklava, Baharat, Saray Helvasi und wie die sündigen Dinge in den bunten Schachteln und Tütchen nicht alle heißen. Außerdem gibt es Mokka, Tee, Pistazien, Oliven, Marmeladen und - haha! - Bienenhonig in kleinen Gläschen. Echter türkischer Honig, dunkelbraun und verlockend, mit einem dicken, Turban tragenden Sultan auf dem Etikett, und einem Namen wie „Sultan’s Pleasure“, der ein wenig nach Viagra klingt. Ein eindeutiger, entscheidender Kaufanreiz, das Gläschen muss mit, auch wenn es so viel kostet wie zwei Schachteln gemischtes „Harem’s Delight“ oder eine große mit Rosenlokum. Aber an der Kasse, wo man die Bordkarten kontrolliert, gibt’s ein Problem:

„Sie fliegen in die Schweiz, und dann weiter?“ - „Ja, nach Deutschland, wieso?“ - „Den Honig können Sie da jetzt nicht mitnehmen.“ - „Welchen jetzt?“ - „Na, den Honig, was denn sonst.“ - „Ach, was?“ - „Das wissen Sie doch ... (tiefer Seufzer). Auf allen Flughäfen in der EU gilt: Ins Handgepäck dürfen sie keine Flüssigkeiten, Gelees, Cremes ...“ - „Jaja, aber hier ist doch nicht die EU.“ - „Aber sie fliegen in die Schweiz.“ - „Die ist auch nicht in der EU.“ - „Das ist egal. Den werden die Ihnen dort trotzdem abnehmen. Möchten Sie sich nicht noch eine Schachtel Lokum aussuchen? Die gemischten haben wir gerade im Angebot.“

Alles war so einfach, durchsichtig und leicht verständlich mit dem türkischen Honig, aber auf den letzten Drücker vermiest es einem die EU mit ihrer Handgepäcks-Richtlinie, außer Türkischem Honig und Lokum auch echten Honig aus der Türkei mitzubringen. Die Geister der Sultane, die ihr olles „Delight“ nur zu gerne an die Touristen verkaufen, die es dann möglichst weit weg bringen, können sich ruhig ins Fäustchen lachen. Lo-kum und Türkischer Honig sind keine Gels und dürfen mit. Honig aus der Türkei nicht. Das soll noch jemand verstehen. 

CADBURY'S

Der herbsüße Mythos von Camelot

Cheddar ist ein Schinken, sagt meine Freundin Katrin. Sie muss es wissen, sie lebt seit Jahren in England, arbeitet mit Engländern, kauft in englischen Supermärkten ein und unternimmt Ausflüge auf das englische Land. Viele davon haben wir in den vergangenen Jahrzehnten gemeinsam bestritten. Nach dem Abitur gingen wir auf große Fahrt bis zu Nessie nach Schottland. Wenn man mit einem Fiat Panda aus einer oberbayerischen Kleinstadt bis zum Loch Ness will, macht man besser ziemlich oft Pause und plant die Tagesetappen übersichtlich kurz, denn der schachtelförmige Wagen war zwar treu, schaffte aber seine Spitzengeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern nur bergab mit Rückenwind und die Sitze waren in etwa so bequem wie alte Klappstühle. Außerdem wollten wir was erleben, kauften Moselwein an einer Tankstelle an der Mosel und fuhren mit dem Auto-Winzling auf die große, große Fähre. In London waren wir mit Katrins Freundin Chrissie und ihrer neuen Flamme Gregor verabredet, die tatsächlich nicht hatten glauben wollen, dass es in England zwar keinen Englischen Kuchen, sehr wohl aber englischen Regen gibt, und etwas ernüchtert von einer Fahrradtour durch den Süden der Insel zurück kamen.

Auf dem Weg nach Schottland lagen verheißungsvolle Ziele: Nottingham, die Metropole des Robin Hood und eine der herbsten Enttäuschungen ganz Englands. Graue Industriearchitektur statt Mittelalter-Romantik, ein kastenförmiges, neuzeitliches Schloss mit einer ziemlich erbärmlichen Sammlung von allerlei Artefakten, gesichtslose Geschäfte, lustlose Souvenirhändler, und ein „Cafe Royal“, in dem es zwar Kaffee gab, aber keinen Tee. Und geregnet hat es auch noch. Ein totaler Flop also, genau wie der Sherwood Forest, von dem kaum Wald übrig ist, durch den aber eine schnurgerade Landstraße brettert und in dem dann die „Major Oak“ steht, eine zugegebenermaßen schöne Eiche, die aber nicht alt genug sein kann, dass Robin und die Merry Men wirklich darunter hätten gesessen haben können. Abends verfuhren wir uns auch noch so gründlich, dass wir erst eine Unterkunft in einem Ort Namens Knutsford fanden, als es draußen stockfinster und unsere Stimmung verhagelt war.