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»Sehr gut. Dann wollen wir also beginnen.«

Die besten und teuersten Geschäfte befinden sich in der Nähe des Hotels New Winter Palace, so daß wir dort mit der Arbeit begannen.

Das erste gehörte zu einem Komplex von Andenken-, Mode-und Juwelierläden; sein Inhaber hieß Mohammed Ragab. Auf dem Schild über dem Eingang stand in goldenen Buchstaben die Nummer seiner behördlichen Lizenz.

Es handelte sich um ein geräumiges, gut beleuchtetes Geschäft mit großen Glasvitrinen auf zwei Seiten, modernen Lampen an der Decke und genügend Platz, um zwischen den ausgestellten Möbelstücken und Statuen hindurchzugehen. Da der Inhaber gerade mit einem anderen Kunden beschäftigt war, schaute ich mich unter seinen Waren um, wobei ich die Eingangstür ständig im Auge behielt. Sollte jemand plötzlich hereinkommen, wollte ich vorbereitet sein. »Guten Tag, Madam«, grüßte der Ägypter, als er mich sah. Der andere Kunde verließ bald darauf das Geschäft, so daß ich nun mit ihm allein war. »Womit kann ich Ihnen dienen?« Er trat nahe an mich heran, wobei er einen starken Geruch nach Kartoffeln und Zwiebeln verbreitete.

»Nun, ich bin mir nicht sicher.« Ich wandte mich um und schaute ihn an, damit er mein Gesicht gut sehen konnte. Falls er mich überhaupt erkannte, zeigte er keine sichtbare Reaktion. »Vielleicht interessiert sich Madam für Schmuck? Bitte folgen Sie mir.« Er wies auf eine lange Glastheke, die sich an einer Wand entlangzog, und schritt darauf zu. Ich bahnte mir vorsichtig einen Weg durch die zerbrechlichen Antiquitäten; große Statuen von Pharaonen und Königinnen, riesige, bemalte Vasen, zierliche Tische mit Einlegearbeiten aus Elfenbein.

Jedes Stück war mit einer behördlichen Registriernummer und einem Etikett versehen, das seine Echtheit bescheinigte.

Der Ägypter eilte hinter die Theke und begann sogleich damit, Auslagekästen mit Schmuck daraus hervorzuziehen. Jedes Stück mußte mindestens tausend Jahre alt gewesen sein. Mit seinen dicken Fingern griff er ein großes, schweres Stück Gold heraus, dessen Gestalt an einen Geier erinnerte und das mit Halbedelsteinen besetzt war. »Dieser Brustschmuck stammt aus dem Theben der neunzehnten Dynastie«, erklärte er, wobei mir sein Zwiebelatem ins Gesicht wehte. »Nehmen Sie ihn ruhig in die Hand, Madam, und betrachten Sie ihn aus der Nähe. Man könnte meinen, daß die erlesenen Einlegearbeiten an den Flügeln und am Körper aus Lapislazuli, Karneol oder Feldspat bestehen. Aber sehen Sie, das täuscht. Es handelt sich vielmehr um antikes Glas, das so gut gemacht ist, daß selbst Experten den Unterschied nur schwer bestimmen können. Die alten Ägypter versuchten, Edelsteine mit Glas zu imitieren, und Sie sehen, daß ihr Glas nicht wie unseres war. Schauen Sie, wie es ihm an Glanz fehlt, ganz und gar nicht wie modernes Glas. Das liegt daran, daß es einen geringeren Anteil an Quarz und Kalk aufweist. Nun fahren Sie einmal mit dem Finger darüber, Madam. Winzige Luftbläschen nahe der Oberfläche verleihen dem Glas dieselbe Struktur, wie sie der imitierte Stein aufweist. Sehr schlau, unsere Vorfahren.«

»Ja, nun.« Ich legte den Brustschmuck wieder hin. »Ich habe einige Amethysten aus dem Mittleren Reich«, fuhr er eilig fort. »Sie wurden in der Gegend von Assuan ausgegraben. Oder vielleicht interessiert sich Madam für etwas aus einer späteren Zeit. Diese Halskette besteht aus Beryll und stammt aus der Zeit der griechischen Herrschaft.«

»Nein danke, ich glaube nicht.«

»Möchte Madam vielleicht einen Tee? Ich wollte gerade.«

»Ich bin etwas in Eile, Mr. Ragab. Deshalb werde ich jetzt zur Sache kommen. Ich möchte, daß Sie sich etwas für mich ansehen.« Ich versuchte, meine Hände ruhig zu halten, holte das Bündel aus meiner Tasche, wickelte den Schakal aus und legte ihn zwischen zwei Schmuckkästen auf die Theke. Aufmerksam beobachtete ich das Gesicht des Händlers, um zu sehen, ob sich irgendeine ungünstige Veränderung darauf abzeichnete, doch es ließ keine Reaktion erkennen.

Er starrte auf den Schakal, nahm ihn dann hoch, um ihn zu untersuchen, und fragte schließlich: »Was möchten Sie darüber wissen?« Aha. bei ihm war Adele also nicht gewesen. »Sein Alter und vielleicht die Gegend, wo es herstammt.«

»Hm, Madam, wie soll ich das sagen können? Dieses Stück Elfenbein ist nur ein Teil von einem ganzen Satz Spielfiguren. Ich kann Ihnen nichts darüber sagen, wenn ich nicht auch die übrigen sehe. Oder vielleicht das dazugehörige Spielbrett. Haben Sie das?«

»Nein.«

»Natürlich nicht. Elfenbein ist langlebiger als Ebenholz. Die Spielfiguren haben die Jahrhunderte überdauert, nicht jedoch die Spielbretter, auf denen sie gerückt wurden. Die wenigen, die noch vorhanden sind, befinden sich in Museen.«

»Wissen Sie vielleicht, wo ich ein solches Spielbrett oder auch den Rest des Satzes kaufen könnte?«

Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Nichts würde mir größeres Vergnügen bereiten, als Ihnen solche Stücke verkaufen zu können, Madam.«

»Nun denn, haben Sie trotzdem vielen Dank.« Ich wickelte den Schakal rasch wieder ein, stopfte ihn in meine Handtasche und eilte hinaus.

Achmed stand auf der anderen Straßenseite unter einem Baum auf dem grasbewachsenen Nilufer. »Hier ist nichts«, berichtete ich ihm, als ich zu ihm trat. »Nicht das geringste

Anzeichen dafür, daß er mich erkannte. Er war nicht einmal daran interessiert, zu erfahren, woher ich es hatte.«

»Dann müssen wir weitermachen.«

Ich ging noch in drei weitere Geschäfte in der Nähe des New Winter Palace und hatte dort ebensowenig Erfolg wie in dem von Mr. Ragab, so daß Achmed Raschid und ich schließlich wieder außer Sichtweite an dem grün bewachsenen Flußufer standen.

»Jetzt müssen wir in die Stadt gehen. Vielleicht gibt es im Basar Läden, die Ihre Schwester aufgesucht hat. Es könnte sein, daß sie die Geschäfte in der Nähe des Hotels gemieden hat.« Ich richtete den Blick auf die Straße, die von der Nilpromenade abzweigt und sich hinter dem Luxor-Tempel vorbeischlängelt. Sie führt ins Zentrum von Luxor zu einem geschäftigen Marktviertel, das, wie ich wußte, dem Muski nicht unähnlich sein würde. Ich war enttäuscht, daß wir bis dahin nichts herausgebracht hatten, doch ich sprach es Mr. Raschid gegenüber nicht aus.

Dann wandte ich mich zum Fluß um. Hinter den Klippen am anderen Ufer ging die Sonne allmählich unter, und die Palmen zeichneten sich als dunkle Schattenrisse gegen einen lavendelfarbenen Himmel und das dunkelblaue Wasser ab. Sehr bald würde die Nacht hereinbrechen. »Gehen wir«, sagte ich.

Es fiel mir schwer, langsam zu gehen, denn ich war unruhig und wäre gerne schneller gelaufen. Aber wir wußten, daß wir keine Aufmerksamkeit erregen durften, und reihten uns daher in den Strom der anderen Fußgänger ein, die nun die Straßen füllten. Das Marktviertel glich dem Muski aufs Haar, und bei seinem Anblick bekam ich Herzrasen. Obgleich die Hauptgeschäftsstraße in Luxor kürzer war als die in Kairo, wirkte sie deshalb nicht minder furchterregend, denn sie war genauso überfüllt, genauso laut und ebenso überwältigend.

Hier begann ich erst richtig nervös zu werden. Das erste Geschäft lag in einer kleinen Seitenstraße und sah von außen ziemlich bescheiden aus. Ich mußte mich an einem Esel vorbei drängen, um zum Eingang zu gelangen, und als ich eingetreten war, ließ mich auch das Innere völlig unbeeindruckt. Kaum größer als ein begehbarer Schrank, bot der Laden von Ramesch Gupta sehr wenig, was Statuen und antike Möbel anbelangte. Statt dessen erregten ein paar Regale mit Büchern, Schmuck und einigen Aquarellen vom Nil das Interesse. Es gab keine Theke, nur einen alten hölzernen Schreibtisch, auf dem eine Unmenge Papierkram herumlag. Mr. Gupta war ein Inder, der mit einem Turban und einem fleckenlosen Anzug bekleidet war und mir kaum bis zur Schulter reichte. Er sprach in einer hohen, eintönigen Stimme. »Bonjour, Madame«, grüßte er mich und stand auf. »Hallo.«

»Ah, Britin?«

»Amerikanerin.«