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Mark Spencer, mein Fotograf und Mechaniker, und ich wurden von einer alten Frau in einer Partie Karten unterbrochen. Die Frau war ins Camp gekommen und behauptete, sie habe ein Geschenk für uns. Meine ägyptischen Wächter versuchten sie abzuwimmeln, doch als ich auf den Lärm aufmerksam wurde, trat ich heraus. Das >Geschenk<, das sie für mich hatte, war hochinteressant. Eingewickelt in ein Geflecht aus Schilfgras und zusammengehalten mit einer

Schnur, gab sie mir ein Stück von einer Schriftrolle aus Ziegenhaut, auf die Hieroglyphen gemalt worden waren. So etwas war mir bis dahin noch nie vorgekommen, und ich war neugierig, das fachmännische Können der Fälschung zu untersuchen. Eine sorgfältige Prüfung unter einer Lampe ließ eine so ausgezeichnete Arbeit erkennen, daß ich nicht umhin konnte, die alte Frau zu fragen, wer dies angefertigt habe, worauf sie einfach antwortete, die Engel. Da ich vermutete, daß sie mir die Quelle nicht nennen wollte, fragte ich, wieviel Geld sie dafür haben wolle. Und nun kam die Überraschung: Sie wollte die Rolle nicht verkaufen, sondern wollte sie mir schenken. Um es genau zu sagen, bestand sie hartnäckig darauf, daß ich sie nehmen sollte, weigerte sich aber strikt, auch nur einen Piaster dafür zu kassieren. Da ich sah, daß sie aus irgendeinem Grund verängstigt war, fragte ich sie so lange aus, bis sie schließlich mit der Sprache herausrückte und mir erzählte, daß die Rolle mit einem Fluch behaftet sei und daß dieser Fluch auf ihrer Familie laste, solange die Rolle nicht dorthin zurückgebracht werde, woher sie stamme. Nun, da ich ja nichts zu verlieren hatte, sondern höchstens eine interessante Fälschung hinzugewinnen konnte - und natürlich auch, um dem abergläubischen Geschöpf seinen Seelenfrieden zurückzugeben - , nahm ich die verfluchte Rolle von ihr an, und sie verschwand in die Nacht.« Paul Jelks spülte geräuschvoll den letzten Rest seines Tees hinunter. »Das erinnert einen doch sehr an die Tafeln von Tell-el-Amarna, meinen Sie nicht?«

»Bitte, fahren Sie fort«, drängte Achmed.

»Nun ja, wie ich schon sagte, war ich mit einer kleinen Mannschaft hier und hatte eigentlich nur die Absicht, Bestattungstexte aus den Gräbern zu kopieren. So verschwendete ich ein paar Tage lang keinen Gedanken an die Schriftrolle. Dann, eines Nachts, als Mark und alle anderen schon schliefen, holte ich das verdammte Ding hervor und nahm es gründlich unter die Lupe. Zu meinem aufrichtigen Schrecken stellte sich dabei heraus, daß es sich nicht etwa um eine Fälschung, sondern um das echte Schriftstück aus uralter Zeit handelte. Bis spät in die Nacht hinein blieb ich auf, um es immer wieder eingehend zu untersuchen und zu studieren. Dann schickte ich eine Probe davon an ein Labor nach London, um mittels der Radiokarbonmethode das Alter bestimmen zu lassen. Als das Ergebnis eintraf, stand fest: Haut und Tinte waren dreitausend Jahre alt.« Er legte eine Pause ein und wischte sich über die Stirn. Es wurde allmählich heiß unter dem Zelt. »Sie können sich vorstellen, wie erschüttert ich war. Sie wissen ja selbst, Mr. Raschid, wie selten solche Rollen sind, und diese hier wurde mir quasi vor die Haustür gelegt. Gänzlich erhalten und ziemlich gut leserlich, enthielt der Text die Aufzeichnungen eines Architekten zum Bau eines königlichen Grabes.«

»Haben Sie die Rolle noch?«

»Ja, ich werde sie Ihnen zeigen.«

»Erzählen Sie weiter.«

»So fiel es mir ziemlich leicht, das Geschriebene zu übersetzen, und Sie können sich meine Aufregung vorstellen, als mir klar wurde, was ich da las. Nicht nur der Grundriß des Grabes wurde darin in allen Einzelheiten beschrieben, vielmehr wurde auch ein genauer Lageplan gegeben. Die Tatsache, daß das Schriftstück echt war und daß es bezüglich der Lage des Grabes einen Ort gab, an dem bislang noch keins gefunden worden war, genügte mir, um mich auf ein gewagtes Unternehmen einzulassen. Ich nahm Mark und einen Araber mit und folgte den Anweisungen auf der Rolle. Und während der Nacht, so daß wir nicht bemerkt würden, gruben wir mit Schaufeln an der bezeichneten Stelle.«

Wir alle hingen an seinen Lippen. »Und?«

»Und als der Morgen graute, hatten wir eine steinerne Stufe freigelegt. Mr. Raschid, Sie allein sind in der Lage, die Bedeutung dieser Tat richtig einzuschätzen! Die Wahrscheinlichkeit, auf eine solche Rolle zu stoßen, ist eins zu zehn Millionen, und doch ist es mir passiert! Wer weiß, woher die Familie der alten Frau sie hatte? Und wen interessiert es auch? Offensichtlich hatten sie die Rolle generationen-, wenn nicht gar jahrhundertelang aufbewahrt, sie irgendwo unter einer Lehmziegelhütte oder dergleichen weggeschlossen, weil sie glaubten, sie sei wertvoll oder mit magischen Kräften versehen. Und dann werden sie plötzlich von Krankheit heimgesucht. Sie machen die rätselhafte Ziegenhaut dafür verantwortlich, die den Engeln gehört. Sie wissen, zu wem sie sie bringen können - bring sie zu einem Fremden, der Gräber ausraubt und schon wissen wird, woher sie stammt und wohin sie zurückgelegt werden muß. Bring sie zu einem Fremden, bei dem es nicht darauf ankommt, ob er hinterher bis in alle Ewigkeit verflucht ist!«

Er schenkte sich noch eine Tasse Tee ein und stürzte sie auf einmal hinunter. »Dann bat ich Wilbur, herzukommen. Ich brauchte sowohl seine Hilfe als auch sein Geld. Und wir heuerten mehr Leute an. Sie sind vertrauenswürdig, besonders wenn es um Geld geht. Eine riesige Menge Geld.«

»Und ist das, was Sie in dem Grab gefunden haben, wertvoll, Dr. Jelks?«

Er beugte sich vor und flüsterte: »Wertvoller als der Schatz von Tutenchamun!«

Achmed Raschid schloß die Augen. »Allah sei gelobt!«

»Dann machte ich in Luxor die Bekanntschaft von Adele. Sie war mit einer Reisegruppe da. Gott, ich habe mich sofort in sie verliebt. Ich brachte sie mit ins Lager, und sie entschloß sich zu bleiben. Über kurz oder lang mußte ich ihr von dem Grab erzählen, und sie war hellauf begeistert.«

»Das ist ganz Adele.«

»Es tut mir leid, daß sie nicht hier ist, Lydia. Sie haben einen langen Weg hinter sich.«

Darauf erzählte ich ihm, was ich alles durchgemacht hatte, um sie zu finden - zuerst Rom, dann Kairo - , aber die Namen John Treadwell und Arnold Rossiter ließ ich aus. Ich wußte ja nicht, wieviel ich preisgeben durfte, um Achmeds Pläne nicht zu durchkreuzen. »Donnerwetter, da haben Sie ja ganz schön was erlebt! Es tut mir leid, daß sie nicht in Rom war, um Sie zu empfangen, besonders nachdem sie Ihnen den Schakal geschickt und Sie angerufen hatte.«

»War sie denn im Palazzo Residenziale, Dr. Jelks?«

»Nennen Sie mich bitte Paul, wo wir doch eines Tages verwandtschaftlich verbunden sein werden. Ja, sie wohnte im Hotel Palazzo Residenziale, doch auf mein Anraten trug sie sich dort unter einem anderen Namen ein, nur für den Fall, daß ihr jemand folgte.«

»Ach, deshalb stand sie nicht im Gästeverzeichnis! Und im Shepheard’s Hotel war es wohl genauso! Das erklärt alles.« Und ich konnte mir jetzt auch vorstellen, daß Rossiter irgendwie mein Telegramm nach Rom abgefangen hatte und einen seiner Männer meinen Anruf hatte entgegennehmen lassen. Als nächster ergriff Achmed das Wort. »Jetzt erzählen Sie mir bitte, Dr. Jelks, wie Sie mit Arnold Rossiter in Kontakt kamen.«

»Das haben wir wohl einem ziemlich unglücklichen Zufall zu verdanken. Wilbur und ich wollten nur einige Stücke aus dem Grab verkaufen, um unsere Ausgaben zu decken. Danach hatten wir vor, eine Grabungserlaubnis zu beantragen, um die Entdeckung echt erscheinen zu lassen. Wie Sie schon sagten, Mr. Raschid, wir haben unsere ethischen Grundsätze. Als Ägyptologen sind wir nicht am Geldwert der Schätze interessiert, sondern allein an den wertvollen historischen