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Dann wurde mir wieder schwindlig und ich fiel aufs Bett zurück. Die Luft im Zimmer war schwül, mein Schweiß tränkte die Bettwäsche.

Ich schlief oder verlor das Bewusstsein.

Als ich wieder aufwachte, dachte ich für einen Moment, im Zimmer sei Feuer ausgebrochen — doch es war nur die stehende Hitze in Verbindung mit einem maßlos kitschigen Sonnenuntergang.

Ich ging zum Fenster. Die Sonne war über den westlichen Horizont gezogen und sank so rasch, dass man es mitverfolgen konnte. Spärliche Wolken standen hoch am sich verdunkelnden Himmel, Fetzen von Feuchtigkeit, einem bereits ausgedörrten Land entzogen. Ich sah, dass jemand mein Auto den Hügel hinabgerollt und auf der linken Seite der Scheune abgestellt hatte. Und zweifellos die Schlüssel an sich genommen hatte. Nicht, dass noch ausreichende Mengen Benzin im Tank gewesen wären oder man sonst mit dem Auto noch groß etwas hätte anfangen können.

Aber ich hatte den Tag überlebt. Wir hatten den Tag überlebt. Wir beide. Diane und ich. Und Millionen andere. Wir hatten es hier also mit der langsamen Version der Apokalypse zu tun: Sie würde uns töten, indem sie uns schonend kochte, Grad für Grad. Oder, sollte das nicht klappen, indem sie das Ökosystem der Erde ausbrannte.

Endlich verschwand die Sonne. Die Luft schien augenblicklich um zehn Grad abzukühlen. Vereinzelte Sterne lugten durch die Gazewolken.

Ich hatte lange nichts gegessen, geschweige denn getrunken. Vielleicht war es ja Condons Absicht, mich an Dehydration verrecken zu lassen. Vielleicht hatte er mich aber auch einfach vergessen. Ich hatte nicht den Hauch einer Vorstellung davon, wie Pastor Dan sich diese Ereignisse geistig zurechtlegte, ob er sich bestätigt fühlte oder schreckliche Angst hatte — oder eine Mischung aus beidem.

Das Zimmer wurde dunkel. Kein Deckenlicht, keine Lampe. Aber ich konnte ein leises Tuckern hören, wahrscheinlich ein mit Benzin betriebener Generator, und es drang Licht aus den Fenstern im Erdgeschoss und aus der Scheune.

Während ich an technischen Hilfsmitteln nichts besaß als mein Handy. Ich zog es aus der Tasche und schaltete es ein, ohne bestimmte Absicht, einfach nur, um das Phosphoreszieren des Displays zu sehen.

Dann kam mir ein anderer Gedanke.

»Simon?«

Stille.

»Simon, bist du das? Kannst du mich hören?«

Stille. Dann eine blecherne, digitalisierte Stimme: »Du hast mich beinahe zu Tode erschreckt. Ich dachte, dieses Ding würde nicht mehr funktionieren.«

»Nur bei Tageslicht nicht.«

Sonnenrauschen hatte jegliches Signal der in großer Höhe schwebenden Aerostaten geschluckt. Nun aber schirmte die Erde uns vor der Sonne ab. Vielleicht hatten die Aerostaten Schäden davongetragen — die Verbindung klang nach Niedrigfrequenz und war von Rauschen durchsetzt —, doch es reichte, um sich zu verständigen.

»Tut mir Leid, was da passiert ist«, sagte Simon. »Aber ich hatte dich ja gewarnt.«

»Wo bist du? In der Scheune oder im Haus?«

Pause. »Im Haus.«

»Ich hab den ganzen Tag hinuntergesehen, aber ich habe weder Condons Frau noch Sorleys Frau oder die Kinder entdeckt. Oder die McIsaacs. Was ist mit ihnen passiert?«

»Sie sind weggefahren.«

»Bist du dir da sicher?«

»Ob ich mir sicher bin? Ja, natürlich. Diane war nicht die Einzige, die krank geworden ist. Tatsächlich war sie die Letzte. Teddy McIsaacs kleine Tochter ist als Erste krank geworden. Dann sein Sohn. Dann Teddy selbst. Als es schließlich so aussah, als wären die Kinder, na ja, also richtig ernsthaft krank, ohne dass es besser wurde, da hat er sie in seinen Pick-up gesetzt und ist weggefahren. Pastor Dans Frau ist mitgekommen.«

»Wann war das?«

»Vor ein paar Monaten. Aarons Frau und die Kinder sind kurz darauf auf eigene Faust weggegangen. Ihr Glaube hatte sie verlassen. Außerdem hatten sie Angst, sich anzustecken.«

»Du hast sie weggehen sehen? Ganz sicher?«

»Ja, warum denn nicht?«

»Die Erde neben der Scheune sieht ganz so aus, als ob man dort etwas verscharrt hätte.«

»Ach das. Tja, da hast du Recht, dort ist etwas verscharrt — die Rinder.«

»Wie bitte?«

»Ein Mann namens Boswell Geller hatte eine große Ranch oben in der Sierra Bonita. Ein Freund von Jordan Tabernacle vor der Spaltung, ein Freund von Pastor Dan. Er hat rote Färsen gezüchtet, aber letztes Jahr hat das Landwirtschaftsministerium eine Untersuchung angestrengt. Gerade, als er anfing, Fortschritte zu machen. Boswell und Pastor Dan wollten alle roten Rinderarten der Welt miteinander kreuzen. Pastor Dan sagt, dass es das sei, worum es im vierten Buch Mose, Kapitel neunzehn, geht: eine reine rote Färse, die am Ende der Zeit geboren wird, hervorgegangen aus allen Arten auf der ganzen Welt, überall, wo das Evangelium gepredigt wurde. Das Opfer ist ein buchstäbliches wie ein symbolisches. Im biblischen Opfer hat die Asche die Kraft, eine besudelte Person zu reinigen, beim Untergang der Welt aber verzehrt die Sonne die Färse und ihre Asche wird verstreut in alle Himmelsrichtungen, auf dass sie die ganze Welt reinigt, sie vom Tode reinwäscht. Das geschieht jetzt gerade. Brief an die Hebräer, Kapitel neun: ›Denn wenn der Böcke und der Ochsen Blut und die Asche von der Kuh, gesprengt auf die Unreinen, sie heiligt zu der leiblichen Reinigkeit, wieviel mehr wird das Blut Christi, der sich selbst als ein Opfer ohne Fehl durch den ewigen Geist Gottes dargebracht hat, unser Gewissen reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott?‹ Und natürlich…«

»Ihr habt diese Rinder hier gehabt?«

»Ja, nur ein paar. Fünfzehn Zuchttiere, die herausgeschmuggelt wurden, bevor das Ministerium sie beschlagnahmen konnte.«

»Und danach sind die Leute dann krank geworden?«

»Nicht nur die Leute, die Rinder auch. Wir haben die Grube neben der Scheune ausgehoben, um sie darin zu vergraben, alle aus dem ursprünglichen Bestand, außer dreien.«

»Schwäche, unsicherer Gang, Gewichtsverlust gingen dem Tod voraus?«

»Ja, so ungefähr — woher weißt du das?«

»Die Symptome von KVES. Die Kühe waren die Überträger. Das ist es, was Diane krank macht.«

Ein langes Schweigen. Dann: »Ich darf dieses Gespräch überhaupt nicht fuhren.«

»Ich bin oben in dem hinteren Zimmer.«

»Ich weiß, wo du bist.«

»Dann komm und schließ die Tür auf.«

»Das kann ich nicht.«

»Warum? Wirst du beobachtet?«

»Ich kann dich nicht einfach befreien. Ich dürfte mich nicht mal mit dir unterhalten. Ich bin beschäftigt, Tyler. Ich mache Diane etwas zu essen.«

»Ist sie noch kräftig genug, um zu essen?«

»Ja… wenn ich ihr helfe.«

»Lass mich raus. Es muss ja niemand wissen.«

»Ich kann nicht.«

»Sie braucht einen Arzt.«

»Ich kann dich nicht rauslassen, selbst wenn ich wollte. Bruder Aaron hat den Schlüssel.«

Ich dachte kurz nach. »Dann lass das Telefon bei ihr, wenn du ihr das Essen bringst — dein Telefon. Du sagtest doch, dass sie mit mir sprechen will, stimmt’s?«

»Sie sagt jetzt oft Sachen, die sie gar nicht meint.«

»Und du glaubst, das war hier auch der Fall?«

»Ich muss jetzt Schluss machen.«

»Lass ihr das Telefon da, Simon. Simon?«

Totenstille.

Ich ging zum Fenster, wartete. Ich sah Pastor Dan zwei leere Eimer von der Scheune zum Haus tragen und kurz darauf mit gefüllten, dampfenden zurückkehren. Wenige Minuten später ging auch Aaron Sorley zur Scheune.

Womit nur noch Simon und Diane im Haus waren. Vielleicht gab er ihr gerade etwas zu essen. Fütterte sie.

Ich verspürte ein unbändiges Verlangen, das Telefon zu benutzen, aber ich hatte beschlossen zu warten, die Dinge sich ein wenig beruhigen, die Hitze abklingen zu lassen.

Ich beobachtete die Scheune. Helles Licht drang durch die Bretterwände, als sei drinnen eine Batterie von Industrielampen installiert. Condon war den ganzen Tag lang hin- und hergelaufen. Irgendwas geschah da drinnen.