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Ich nahm mir die Zeit, ihr einen Tropf zu basteln, wobei ich den Beutel an den Jackenhaken des Autos hängte. Ich zeigte Simon, wie man den Zufluss steuerte und dafür sorgte, dass sie den Schlauch im Schlaf nicht einklemmte oder abriss. Sie wachte nicht einmal auf, als ich ihr die Nadel in den Arm stach.

Als wir wieder unterwegs waren, fragte Simon: »Wird sie sterben?«

Ich packte das Steuer ein wenig fester. »Nicht, wenn ich es verhindern kann.«

»Wo bringen wir sie hin?«

»Nach Hause.«

»Etwa ins Haus von Carol und E. D.? Den ganzen Weg?«

»Genau.«

»Warum dorthin?«

»Weil ich ihr da helfen kann.«

»Das ist eine lange Fahrt. Ich meine, so wie die Dinge stehen.«

»Ja, das kann eine lange Fahrt werden.«

Ich drehte mich kurz um, sah, wie er ihr sanft den Kopf streichelte. Dianes Haare hingen schlaff herunter, vom Schweiß verfilzt, und Simons Hände waren blass an den Stellen, wo er das Blut abgewaschen hatte.

»Ich verdiene es nicht, mit ihr zusammen zu sein«, sagte er. »Ich weiß, dass das alles meine Schuld ist. Ich hätte die Ranch verlassen können. Ich hätte Hilfe holen können.«

Ja, dachte ich. Das hättest du.

»Aber ich glaubte an das, was wir taten. Du wirst das wahrscheinlich nicht verstehen. Es war nicht nur das rote Kalb, Tyler. Ich war überzeugt davon, dass wir am Ende belohnt würden.«

»Wofür belohnt?«

»Glauben. Beharrlichkeit. Vom ersten Moment an, als ich Diane kennen lernte, hatte ich das Gefühl, dass wir Teil von etwas Spektakulärem sein würden, auch wenn ich es noch nicht ganz begreifen konnte. Dass wir eines Tages gemeinsam vor dem Thron Gottes stehen würden — nicht weniger. ›Dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis dass es alles geschehe.‹ Unser Geschlecht, unsere Generation, auch wenn wir anfangs einen falschen Weg einschlugen. Zugegeben, bei diesen New-Kingdom-Veranstaltungen sind Dinge passiert, die mir heute schändlich erscheinen. Trunkenheit, Lüsternheit, Lügen. Wir haben uns davon abgewandt, was einerseits gut war, andererseits aber hatten wir das Gefühl, die Welt sei ein bisschen kleiner geworden, seitdem wir nicht mehr unter Leuten waren, die versuchten, das tausendjährige Reich Christi vorzubereiten. Es war, als hätten wir eine Familie verloren. Und ich dachte, na ja, wenn du nach dem reinsten und einfachsten Weg suchst, dann sollte dich der in die richtige Richtung führen. ›Wenn ihr beharret, werdet ihr euer Leben gewinnen.‹«

»Jordan Tabernacle.«

»Es ist nicht schwer, die Prophezeiung am Spin zu messen. Zeichen in der Sonne, im Mond und in den Sternen, heißt es bei Lukas. Erschüttert sind die Mächte des Himmels. Aber es ist nicht… es ist nicht…« Er schien den Faden zu verlieren.

»Wie sieht’s da hinten mit ihrer Atmung aus?« Ich brauchte eigentlich nicht zu fragen, ich konnte jeden Atemzug hören, den sie machte — sie atmete schwer, aber regelmäßig. Ich wollte Simon nur ablenken.

»Sie kriegt Luft… Bitte, Tyler, halt an und lass mich raus.«

Wir fuhren Richtung Osten. Es herrschte überraschend wenig Verkehr. Colin Hinz hatte mich vor möglichen Verstopfungen rund um den Flughafen gewarnt, doch die hatten wir umfahren. Hier draußen begegneten uns nur wenige Pkws, wenn auch eine ganze Reihe aufgegebener Fahrzeuge auf dem Seitenstreifen standen. »Das ist keine gute Idee.« Im Rückspiegel sah ich, wie sich Simon Tränen aus den Augen rieb. Er wirkte so verletzlich und verwirrt wie ein Zehnjähriger bei einer Beerdigung.

»Weißt du, ich hatte in meinem ganzen Leben nur zwei Wegzeichen. Gott und Diane. Und ich habe sie beide verraten. Ich habe zu lange gewartet. Es ist nett von dir, es zu leugnen, aber sie liegt im Sterben.«

»Nicht unbedingt.«

»Ich will nicht bei ihr sein mit dem Wissen, dass ich es hätte verhindern können. Ich würde lieber in der Wüste sterben. Das ist mein Ernst, Tyler. Ich will aussteigen.«

Der Himmel wurde langsam hell, ein hässliches violettes Schimmern, eher dem Lichtbogen einer defekten Neonlampe ähnlich als irgendetwas Natürlichem.

»Das ist mir egal.«

Er sah mich verblüfft an. »Was?«

»Es ist mir egal, wie du dich gerade fühlst. Ich habe dich mitgenommen, weil wir eine schwierige Reise vor uns haben und ich mich nicht um sie kümmern und gleichzeitig fahren kann. Außerdem werde ich früher oder später schlafen müssen — wenn du dich dann ans Steuer setzen könntest, müssten wir nicht anhalten, außer um zu tanken und Verpflegung zu kaufen.«

»Kommt es darauf denn an?«

»Es ist nicht gesagt, dass sie stirbt, Simon, aber sie ist so krank, wie du glaubst, und sie wird sterben, wenn sie keine Hilfe bekommt. Und die einzige Hilfe, die ich kenne, ist ein paar tausend Kilometer von hier entfernt.«

»Himmel und Erde vergehen. Wir werden alle sterben.«

»Für Himmel und Erde kann ich nicht sprechen, aber ich weigere mich, sie sterben zu lassen, solange ich etwas dagegen tun kann.«

»Darum beneide ich dich.«

»Was? Worum in aller Welt könntest du mich beneiden?«

»Um deinen Glauben.«

Ein gewisses Maß an Optimismus war noch möglich, aber nur nachts. Bei Tageslicht verdorrte er.

Ich fuhr ins Hiroshima der aufgehenden Sonne. Das Licht tat mir zwar vermutlich nicht besonders gut, aber ich hatte aufgehört, mir darüber Sorgen zu machen. Dass wir überhaupt den ersten Tag überlebt hatten, war ein Rätsel — ein Wunder, hätte Simon wohl gesagt. Es ermunterte mich zu einem gewissen Pragmatismus: Ich holte meine Sonnenbrille aus dem Handschuhfach und versuchte die Augen stur auf die Straße zu richten anstatt auf das orangefarbene Feuer, das aus dem Horizont emporschwebte.

Draußen wurde es immer heißer. Ebenso im Wageninneren, trotz der Klimaanlage, die ich auf Hochtouren laufen ließ, um Dianes Körpertemperatur halbwegs unter Kontrolle zu behalten. Irgendwo zwischen Albuquerque und Tucumcari wurde ich von heftiger Müdigkeit überschwemmt. Wiederholt fielen mir die Augen zu und beinahe hätte ich einen Kilometeranzeiger gerammt. Darauf fuhr ich an den Straßenrand und stellte den Motor ab. Ich sagte Simon, er solle den Tank aus den Kanistern auffüllen und sich bereit machen, das Steuer zu übernehmen. Er nickte widerstrebend.

Wir waren besser vorangekommen, als ich erwartet hatte. Es hatte wenig bis gar kein Verkehr geherrscht, womöglich weil die Leute Angst hatten, allein unterwegs zu sein. Während Simon Benzin nachfüllte, fragte ich ihn, was er zu essen mitgenommen hatte.«

»Nur was ich auf die Schnelle in der Küche gefunden habe. Ich hatte es eilig. Sieh selbst nach.«

Im Kofferraum, zwischen den eingedellten Kanistern, dem verpackten medizinischen Bedarf und einzelnen Flaschen Mineralwasser fand ich einen Pappkarton. Er enthielt drei Schachteln Cheerios, zwei Büchsen Cornedbeef und eine Flasche Pepsi light. »Jesus, Simon.«

Er zuckte zusammen; mir wurde klar, dass ich mich nicht gerade sorgfältig ausgedrückt hatte. »Das war alles, was ich finden konnte.«

Und keine Schüsseln oder Löffel. Aber ich war ebenso hungrig wie müde. Wir beschlossen, den Motor ein wenig abkühlen zu lassen. Währenddessen setzten wir uns in den Schatten des Autos, dessen Scheiben heruntergelassen waren, damit die aus der Wüste wehende Brise hindurchblasen konnte. Die Sonne stand sengend am Himmel, es war wie High Noon auf dem Merkur. Wir benutzten die Böden leerer Plastikflaschen als behelfsmäßige Tassen und aßen in lauwarmem Wasser eingeweichte Cheerios. Es sah ein bisschen aus wie Klebstoff und schmeckte auch so.

Ich besprach die nächste Reiseetappe mit Simon, erinnerte ihn daran, die Klimaanlage einzuschalten, sobald wir unterwegs waren, und bat ihn, mich zu wecken, falls sich auf der Straße irgendwelche Probleme abzeichneten.