Der zehneinhalb Meter lange Transporter bot Platz für drei Reihen von je drei Boxen. Die Köpfe der Pferde standen nach vorn heraus, in den freien Raum zwischen den Reihen, wo oft auch ein Begleiter für die Reise saß.
Die Breite des Transporters reichte für drei Boxen, jedoch nur, wenn die Pferde durchschnittlich groß waren. Sehr kräftig gebaute Pferde, wie etwa ältere Steepler, brauchten mehr Platz und konnten nur in Zweierreihen reisen. Zuchtstuten ebenso. Wenn wir Stuten mit Fohlen hatten, wurden die drei Boxen in eine große Einzelbox verwandelt. Wir konnten also neun Zweijährige oder drei Stuten mit Fohlen unterbringen.
Diese variable Anordnung basierte auf einem ausgeklügelten System von leicht verstellbaren Trennwänden aus Holz, die zur Vermeidung von Verletzungen weich gepolstert waren. Wir luden die Pferde ein und trennten die Boxen je nach Bedarf ab.
Der Boxenboden war aus dickem schwarzem Gummi, damit die Pferde nicht herumschlitterten, und manchmal bestreuten wir ihn mit Spänen, um den Mist aufzufangen, besonders auf langen Fahrten.
Am Bestimmungsort fegten die Begleiter oder der Fahrer jeweils die Boxen aus; der Neun-Pferde-Transporter war also bereits einigermaßen sauber hier eingetroffen, da er leer von Newmarket zurückgekommen war.
Ein schmaler Schrank hinten in den Transportern enthielt Schaufel, Kehrbesen, Schlauch, Gummiwischer und Mop. Wir führten auch ein oder zwei Eimer mit, manchmal Futter für die Pferde und mehrere Plastikbehälter mit Trinkwasser. Die Truhe unter der Begleiterbank — auf der Ogden gestorben war — enthielt Hilfsmittel wie Halfter, Stricke, Riemen, ein paar Pferdedecken und Verbandszeug. Hinter dem Fahrersitz befand sich ein starker Feuerlöscher, und das war dann so ungefähr alles, was wir dabeihatten, bis auf die Habseligkeiten der Begleiter oben in der Koje. Die Pfleger nahmen meist eine Garnitur saubere Kleidung mit, die sie anzogen, wenn sie ihre Schützlinge im Führring präsentierten; auf der Rückfahrt trugen sie dann wieder ihr Arbeitszeug.
Tag für Tag beförderten Flotten von Pferdetransportern wie meine im ganzen Land die Pferde zu den Rennen, manchmal hundert Teilnehmer pro Meeting, an schlechten Tagen vielleicht auch nur dreißig. Die meisten in Pixhill trainierten Rennpferde reisten glücklicherweise in meinen Transportern, und da zu dem Einzugsgebiet mindestens fünfundzwanzig Trainer gehörten, verdiente ich gut, wenn auch kein Vermögen.
Allen Hindernisjockeys Anfang der Dreißig drängt sich die Frage auf, was nun? Ein Leben liegt hinter ihnen, un-ausgefüllte Zeit vor ihnen. Ich hatte mit achtzehn schon Pferde für meinen Vater gefahren, der einen eigenen Transporter besaß; hatte Pferde von ihm zu den Rennen geschafft, sie versorgt, sie in Amateurrennen geritten, sie nach Hause gebracht. Mit zwanzig, nach abgeschlossener Lehre, wurde ich von einem Topstall engagiert und belegte dann zwölf Jahre hindurch den zweiten bis sechsten Platz in der Jockeyliste, bei vierhundert und mehr Hindernisrennen pro Saison. Nur wenige Hindernisjockeys halten sich länger so weit oben, da immer wieder Stürze dem Körper zusetzen, und mit zweiunddreißig hatten die Zeit und die Verletzungen, wie abzusehen, auch mich eingeholt.
Der Wechsel vom Jockey zum hauptberuflichen Pferdetransporteur hatte in mancher Hinsicht eine gewaltige Umstellung bedeutet, aber auch in schon vertrautes Terrain geführt. Nach drei Jahren dieses neuen Lebens kam es mir vor, als sei es von Anfang an unvermeidlich gewesen.
Ich füllte Bretts Lohntüte wie versprochen mit Bargeld aus meinem Safe und gab die Information in den Computer ein, damit Rose sie drüben im Büro in die Papiere aufnehmen konnte. So oder so hatte sie mit Entlassungen nicht viel Erfahrung, da die Fahrerfluktuation bei uns gering war.
Bretts Umschlag in der Hand, ging ich hinaus zum Transporter, vor dem Dave und Brett standen und sich grimmig anfunkelten. Nachdem Dave den Schlauch von dem Wasserhahn hinterm Holzstoß abgenommen hatte, hielt er jetzt das zu losen Schlingen aufgerollte grüne Plastikding im Arm und bestand offenbar kindisch darauf, daß es Bretts Sache sei, es wieder in den Schrank zu hängen.
Gib mir Kraft, dachte ich und bat Dave freundlich, den Schlauch selbst wegzuhängen. Widerwillig stieg er in den Transporter, und Brett sah ihm gehässig nach.
«Das war nicht das erste Mal, daß Dave einen Anhalter mitgenommen hat«, sagte er.
Ich hörte zu, gab aber keine Antwort.
Brett sagte:»Ihn sollten Sie an die Luft setzen, nicht mich.«
«Ich hab Sie nicht an die Luft gesetzt.«
«So gut wie.«
In seinem scharfgeschnittenen jungen Gesicht war nicht die Spur von Humor, und es tat mir leid für ihn, daß er so darauf eingestellt war, sich sein Leben lang unbeliebt zu machen. Es gab wohl keine Möglichkeit mehr, ihn zu ändern; er würde jammern bis ins Grab.
«Sie werden Isobel eine Nachsendeadresse angeben müssen«, sagte ich im Gesprächston.»Man braucht Sie ja vielleicht, wenn der Tod des Mitfahrers von gestern untersucht wird.«
«Die haben doch Dave.«
«Lassen Sie trotzdem eine Adresse da.«
Er grunzte, nahm ohne Dank seine Lohntüte in Empfang und fuhr davon, während Dave wieder an meine Seite kam und ihm haßerfüllte Blicke nachsandte.
«Was hat er gesagt?«fragte er.
«Sie hätten schon öfter Anhalter mitgenommen.«
Dave war auf hundertachtzig.»Das sieht ihm ähnlich.«
«Tun Sie’s nicht, Dave.«
Er hörte, welchen Nachdruck ich in die Worte legte, und bemühte sich vergeblich, es ins Scherzhafte zu wenden.»Soll das eine Drohung sein?«»Eine Warnung.«
«Es ist doch irgendwie nicht nett, wenn man Leute an der Straße stehen läßt.«
«Auch wenn Sie es nicht nett finden«, sagte ich,»beißen Sie die Zähne zusammen und fahren Sie vorbei.«
«Na ja… gut. «Er grinste mich halbherzig an und versprach, auf der Rückfahrt von Gloucestershire am Nachmittag, wenn er die Zuchtstuten abgeliefert habe, keine Anhalter mitzunehmen.
«Ich meine es ernst, Dave.«
Er seufzte,»Ja. Ich weiß schon.«
Er holte sein rostiges Fahrrad vom Holzstoß, quietschte die Einfahrt hinunter und mußte einen Schlenker machen, weil Jogger ihm mit seinem Lieferwagen entgegenkam.
Jogger hatte ein buchgroßes, dicht mit Nägeln beschlagenes Stück Holz dabei. Die Nagelköpfe würden an dem Magnet haften, sagte er, aber nicht so fest, daß er das Ganze bei der nächsten Überholung nicht wieder herunterbekomme. Das Holz werde verhindern, daß der Magnet noch etwas anderes anziehe.
Ich glaubte es ihm und sah zu, wie er geschickt ohne das Rollbrett unter den Rahmen glitt und nur Sekunden brauchte, um das schützende Holz anzubringen. Im Nu war er wieder auf den Beinen und bedachte mich mit einem schrägen gelbstichigen Lächeln.
«Das ging ja schnell«, sagte ich nachdenklich.
«Wenn man weiß, wo, ist es ein Kinderspiel.«
Gerade als Jogger wieder wegfuhr, traf Harve ein. Wir gingen zusammen ins Haus, und ich zeigte ihm die schmutzbedeckte Kassette und erklärte ihm, wo Jogger sie gefunden hatte. Er sah so verwirrt aus, wie ich es selber war.
«Wozu soll die denn gut sein?«sagte er.
«Jogger meint, wir haben, ohne es zu wissen, Drogen befördert.«
«Was?«
«Vielleicht Kokain geschmuggelt.«
«Nein. «Harve war eisern.»Das könnte niemand ohne unser Wissen.«
Bedrückt sagte ich:»Vielleicht weiß es ja jemand von uns.«
Harve stimmte nicht zu. Unsere Fahrer seien Heilige, deutete er an.
Ich erzählte ihm von dem nächtlichen Besucher, der schwarz vermummt in den Transporter eingedrungen war.