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Maudie folgte meinem Blick und antwortete auf meine unausgesprochene Überraschung.

«Michael meinte, da er offenbar vorhat, in Pixhill zu bleiben, wäre es am besten, dem guten Doktor beizubringen, daß wir nicht lauter Wilddiebe und Tölpel sind.«

Ich lächelte.»Jedenfalls dürfte es ihm schwerfallen, Michael von oben herab zu behandeln.«

«Glaub nur das nicht.«

Meine Aufmerksamkeit wanderte weiter zu der Frau, die gerade mit Dot sprach, eine jüngere Frau, blond wie Mau-die, blauäugig wie Maudie, beschwingt, linkshändig, Pianistin und achtunddreißig.

«Kennst du die?«fragte Maudie, wieder meinem Blick folgend.»Susan Palmerstone. Ihre ganze Familie ist hier irgendwo verteilt.«

Ich nickte.»Ich habe die Pferde ihres Vaters geritten.«

«Ach ja? Man vergißt so leicht, daß du Jockey gewesen bist.«

Wie die Frauen vieler Flachtrainer ging auch Maudie selten zu Hindernisrennen. Ich hatte sie erst durch die Spedition kennengelernt.

Von der anderen Seite des Raumes sah Susan Palmerstone in meine Richtung und kam schließlich herüber.

«Tag«, sagte sie.»Hugo und die Kinder sind auch hier.«

«Die Kinder habe ich auf dem Trampolin gesehen.«

«Ja.«

Maudie, die mit dem Wortwechsel wenig anfangen konnte, wanderte zu Dot hinüber.

Susan sagte:»Mir war nicht klar, daß du hier sein würdest. Wir kennen die Watermeads nicht so gut. Sonst hätte ich gesagt, wir könnten nicht kommen.«

«Aber woher denn? Es macht doch nichts.«

«Nein, aber… jemand hat Hugo gesagt, er könnte kein Kind mit braunen Augen haben, und da knabbert er jetzt seit Wochen dran.«

«Hugo ist ein Rothaariger mit grünen Augen. Da kann alles mögliche durchschlagen.«

«Ich dachte nur, ich sag’s dir lieber. Es will ihm nicht mehr aus dem Kopf.«

«Okay.«

Die Tennisspieler kamen aus dem Garten herein und auch Hugo Palmerstone, der den Kindern zugeschaut hatte. Durchs Fenster sah ich meine Tochter auf dem Rasen stehen, die Arme in die Seiten gestemmt, voller Geringschätzung für das Gehopse ihres strähnig blonden Bruders. Cinders, meine Tochter, hatte braune Augen und dunkles Lockenhaar wie ich und war neun Jahre alt.

Ich hätte Susan geheiratet. Ich hatte sie geliebt und war am Boden zerstört gewesen, als sie sich für Hugo entschied, aber das war jetzt lange her. Von der Empfindung war nichts geblieben. Es fiel mir schon schwer, mich daran zu erinnern, wie ich gefühlt hatte. Ich wollte nicht, daß die längst begrabene Vergangenheit einen Schatten auf das Leben dieses Kindes warf.

Susan löste sich von meiner Seite, sobald Hugo ins Zimmer trat, und doch war ihm nicht entgangen, daß wir uns unterhalten hatten. Die Miene, mit der er direkt auf mich zukam, verhieß nichts Gutes.

«Kommen Sie mit raus«, sagte er knapp, als er einen Meter vor mir stehenblieb.»Jetzt gleich.«

Ich hätte mich weigern können, aber ich dachte, vielleicht irrtümlich, wenn ich ihm nicht die Gelegenheit gab, das zu sagen, was er offensichtlich sagen wollte, könnte es in ihm gären und seiner Familie schaden. Also setzte ich ruhig mein Glas ab und folgte ihm hinaus auf den Rasen.

«Ich könnte Sie umbringen«, sagte er.

Es war eine Bemerkung, auf die eine Antwort nicht möglich schien. Als ich schwieg, setzte er bitter hinzu:»Meine verfluchte Tante hat mir gesagt, ich soll die Augen aufmachen. Der Exjockey meines Schwiegervaters! Sieh ihn dir an, hat sie gesagt. Zähl zwei und zwei zusammen. Cinders ist sieben Monate nach eurer Hochzeit zur Welt gekommen. Mach die Augen auf.«»Ihre Tante hat Ihnen keinen Dienst erwiesen.«

Das sah er natürlich ein, aber sein Zorn war ganz auf mich gerichtet.

«Sie ist meine Tochter«, beharrte er.

Ich sah zu Cinders hinüber, die jetzt ausgelassen einen Salto vollführte.

«Natürlich«, sagte ich.

«Ich habe gesehen, wie sie geboren wurde. Sie ist meine Tochter, und ich liebe sie.«

Ich blickte traurig in Hugos wütende grüne Augen. Er und ich waren im Wesen wie im Aussehen nahezu grundverschieden. Hugo, ein mittlerer Angestellter in der Londoner City, hatte ein hitziges, aufbrausendes Temperament, feurig wie seine Haare, verbunden mit einer sehr sentimentalen Ader. Daß wir uns so fernstanden, war eine Schranke, die auf natürliche Weise bisher auch verhindert hatte, daß ich meiner Tochter näher kam und sie zu lieb gewann, und über eines war ich mir, vielleicht im Unterschied zu Hugo, vollauf im klaren: Wenn ich mich auf einen Streit, einen Kampf mit ihm einließ, würde ich etwas zerstören, was unantastbar sein sollte.

Er ballte wieder und wieder die Fäuste, hatte sich aber noch in der Gewalt.

Ich sagte:»Sie haben das Mädchen bekommen, das Sie haben wollten. Sie haben eine Tochter und zwei Söhne. Sie können froh sein. Es wäre dumm, sich das kaputtzumachen. Was hätten Sie davon?«

«Aber Sie… Sie…«Er stotterte, konnte vor verletzter Eitelkeit und Zorn kaum sprechen, wünschte mir den Tod.

«Hassen Sie mich, wenn Sie wollen«, sagte ich,»aber lassen Sie es nicht an Ihrer Familie aus.«

Ich wandte mich von ihm ab, schon darauf gefaßt, daß er mich herumreißen und auf mich einschlagen würde, aber zu seiner Ehre sei gesagt, er tat es nicht. Trotzdem dachte ich unbehaglich, wenn er auf einen weniger direkten Weg stieß, mir zu schaden, daß er dann möglicherweise die Gelegenheit ergriff.

Ich ging durch die Gartentür zurück, und Maudie, die am Fenster stand, fragte:»Was war denn mit euch los?«

«Nichts.«

«Susan Palmerstone sieht richtig erschrocken aus.«

«Tja, also ich hatte eine Meinungsverschiedenheit mit Hugo, aber vergiß es. Mach Lorna mit Bruce Farway bekannt und setz mich am Tisch nicht neben sie.«

«Was?« Sie lachte, dann wurde ihr Gesicht nachdenklich.

«Gut, aber dafür kannst du Tessa mal von Benjy Usher loseisen. Mir gefällt nicht, daß sie mit ihm flirtet, und Dot ist fuchsteufelswild.«

«Warum hast du sie eingeladen?«

«Wir sind doch praktisch Nachbarn, verdammt. Wir laden Benjy und Dot immer ein.«

Ich tat mein Bestes für sie, aber Tessa von Benjy loszueisen erwies sich als unmöglich. Tessa war eine begnadete Tuschlerin und fand nichts dabei, den Leuten den Rücken zu kehren, damit sie nicht hörten, was sie Benjy ins Ohr flüsterte. Nachdem auch ich ein paarmal den Rücken zugedreht bekommen hatte, wurde es mir zu dumm, und ich ließ die beiden stehen.

Bruce Farway fand Interesse an Lorna, der bildhübschen Schwester voll guter Werke. Susan hatte sich bei Hugo eingehakt und unterhielt sich angeregt mit Michael über Pferde. Intrigieren, Fäden spinnen, typisch für Rennsportgemeinden. Tauscht die Partner und tanzt.

Wir aßen Maudies vorzügliche Rinderrippchen mit den knusprigen Bratkartoffeln und zum Nachtisch Honignußeis. Ich saß zwischen Maudie und Dot und benahm mich gesittet.

Die jüngeren Kinder plapperten über das Kaninchengehege im Garten, wo die Zahl der Haustiere der Familie sich innerhalb eines Jahres verdoppelt hatte.»Die kommen demnächst unters Messer«, murmelte Maudie mir finster zu.»Sie schleichen sich raus und fressen meine Dahlien.«

«Ein Kaninchen fehlt«, beharrte ihre jüngste Tochter.

«Woher willst du das wissen?«fragte Michael.»Es sind doch so viele.«

«Vorige Woche waren’s fünfzehn, und jetzt sind’s nur noch vierzehn. Ich hab sie gezählt.«

«Wahrscheinlich haben die Hunde eins gefressen.«

«Papa!«

Lorna unterhielt sich mit Bruce Farway über im Gnadenbrot stehende alte Rennpferde, eines ihrer derzeitigen Engagements, und er hörte interessiert zu. Unglaublich.

Das Gespräch kam auf Jericho Rich und seine Abkehr von Michaels Stall.

«Undankbares Ekel«, empörte sich Maudie.»Nach so vielen Siegen!«

«Ich hasse ihn«, sagte Tessa so heftig, daß sie einen scharfen Blick von ihrem Vater einfing.