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Er legte auf, sagte danke und tschüs und verabschiedete sich von uns mit einem gütigen Lächeln, in der beruhigenden Gewißheit, daß ihm aus Joggers Tod keine Unannehmlichkeiten erwachsen würden.

«Was halten Sie davon?«fragte Harve, als wir unser gemeinsam genutztes Büro erreichten und eine Denkpause einlegten.

«Glauben Sie, er ist gestürzt?«fragte ich.

«Ich möchte nicht daran denken, was es sonst sein könnte.«

«Nein«, stimmte ich zu.

«Aber wenn er nicht gestürzt ist…«

Er ließ die Worte im Raum stehen, und ich auch.

Ich sagte:»Wer war gestern abend mit Jogger im Pub?«

Harve überlegte nicht lange:»Sandy natürlich. Dave bestimmt auch… Ich nicht…«Entgeistert brach er ab.»Meinen Sie etwa. wer war da im Pub und hat ihn reden hören über Kuckuckseier unter den Brummis? Das kann doch… das kann nicht Ihr Ernst sein…«

Ich schüttelte den Kopf, aber wem wäre der Gedanke nicht gekommen?

«Warten wir lieber den Autopsiebericht ab«, sagte ich.»Vielleicht stellt sich heraus, daß er auf einer Ölspur ausgerutscht und mit dem Nacken auf den Grubenrand geschlagen ist — was ja passieren kann —, dann sehen wir weiter.«

«Aber die Geldkassette in dem Versteck war doch leer«, hakte Harve nach.»Niemand würde Jogger umbringen, bloß weil er so ein leeres Ding gefunden hat. Niemand. Das kann es nicht sein.«

«Nein«, sagte ich.

Harve starrte besorgt auf die Reihe der Pferdetransporter.

«Als ich ihn gefunden habe«, sagte er,»bin ich nach Hause und habe Sie daheim angerufen, aber nur Ihren Anrufbeantworter gekriegt mit der Nachricht, Sie würden bald zurückrufen, die drauf ist, wenn Sie mal ein, zwei Stunden weg sind. Aber, na ja, ich dachte, das kann nicht warten, und hab also Sandy angerufen. War das in Ordnung?«

«Das einzig Richtige.«

«Wir wußten nicht, wo Sie waren. Schließlich haben wir uns an Isobel gewandt, und die meinte, Sie seien wahrscheinlich bei den Watermeads; Nigel hatte ihr etwas in der Richtung gesagt, als er sie wegen der Abfahrtszeiten, die die Watermead-Tochter vermasselt hatte, anrief. Nigel wußte es anscheinend von Tessa. Da meinte Sandy dann, er fährt vorbei und holt Sie.«

«M-hm. «Neuigkeiten reisten in Pixhill in schwindelerregenden Spiralen.

Harve schien sich etwas zu überlegen, was ihn beunruhigte. Ich kannte ihn lange genug, um sofort zu merken, daß er sich offenbar fragte, wie er mir die unangenehme Nachricht beibringen sollte und ob überhaupt.

«Spucken Sie’s aus«, sagte ich resigniert.

«Oh! Na ja… Nigel sagte, Tessa wollte bei dem Stutentransport dabeisein und mit ihm nach Newmarket fahren. Sie war schon eingestiegen und hatte sich startbereit auf den Beifahrersitz gepflanzt.«

«Hoffentlich hat er sie nicht mitgenommen.«

«Nein, aber er war hin- und hergerissen. Ich meine, auf der einen Seite Sie mit Ihrer Drohung, jeden rauszuwerfen, der Anhalter mitnimmt, und auf der anderen Seite die Tochter des Trainers, die gern mitfahren wollte. «Er schwieg.»Sie ist schon eine richtige junge Frau, die Kleine, und Nigel ist ein sexy Brocken, meint meine Frau, und deshalb dachte ich… aber verstehen Sie mich nicht falsch… daß es vielleicht besser wäre, Sie wüßten Bescheid.«

«Ich bin Ihnen sehr dankbar«, sagte ich wahrheitsgemäß.»Auf so einen Schlamassel können wir verzichten. Ich möchte nicht Michael Watermeads Aufträge verlieren, bloß weil seine Tochter hinter einem unserer Fahrer her ist. Am besten schicken wir Nigel nicht mehr hin, so ärgerlich das, gelinde gesagt, auch ist.«

Lewis war zwar Michaels bevorzugter Fahrer, aber sehr oft war für die Watermead-Transporte mehr als ein Wagen nötig. Wenn ich Nigel nicht schicken konnte, blieben mir nicht viele Möglichkeiten.

Lachend sagte Harve:»Wir können ja Pat die Watermead-Zusatzfuhren geben, wenn es ihr wieder bessergeht, und was bis dahin anfällt, könnte die Aushilfe übernehmen.«

«Ausgezeichnet!«Ich unterdrückte ein Grinsen und hinterließ eine Notiz für Isobel, Nigel vornehmlich bei Marigold English einzusetzen, deren Puls er vielleicht nutzbringend beschleunigen konnte.

Bald darauf kam ein Polizeiwagen vorsichtig zum Tor hereingekrochen und spuckte Kriminalbeamte, einen Gerichtsmediziner und einen Fotografen aus. Harve und ich gingen hinüber zur Scheune, wo Sandy seinen Kollegen in Zivil die Schmiergrube mit dem Toten zeigte und Bruce Farway wichtigtuerisch mit seinem polizeilichen Pendant sprach. Der Polizeifotograf machte seine Blitzlichtaufnahmen aus den gleichen Winkeln wie ich.

Harve wurde gefragt, wie er die Leiche gefunden hätte, und seine Aussage wurde in dem gespreizten Englisch aufgenommen und ihm vorgelesen, das solche Verfahren anscheinend mit sich bringen.

Er unterschrieb das Ergebnis, auch wenn die Worte nicht seine eigenen waren, und Farway, Sandy und ich bestätigten, daß die Leiche noch so war, wie wir sie vorgefunden hatten und daß am Fundort weder etwas hinzugefügt noch weggenommen worden war.

Sandys Kollegen waren unpersönlich, humorlos. Alle tödlichen Unfälle müßten eingehend untersucht werden, sagten sie, und morgen werde es mit Sicherheit noch weitere Fragen geben.

Derselbe schwarze Leichenwagen, der Kevin Keith Ogden abgeholt hatte, oder ein sehr ähnlicher, traf auf dem Hof ein, und wieder verließ einer, aus dem Leben gerissen, unter Tuch und Riemen in einem Metallsarg mein Gelände.

Die Polizei fuhr mit ernsten Gesichtern hinterher. Farway, Sandy und ich schauten ihnen nach, und ich zumindest atmete auf.

«Alles sehr traurig«, meinte Farway ein wenig geschäftsmäßig, als wäre ihm das Ganze einerlei.

«Ein Original«, sagte Sandy nickend.

Kein großer Grabspruch, dachte ich. Ich sagte:»Sandy, haben Sie Jogger gestern abend in Ihrem Wagen heimgefahren oder in seinem?«

«Gestern abend. In meinem. Sein Lieferwagen, das alte Wrack, wird noch am Pub stehen.«

«Das alte Wrack gehört eigentlich mir«, sagte ich ihm.»Ich hole es nachher ab. Haben Sie noch die Schlüssel?«

Die lagen bei ihm zu Hause, zur Aufbewahrung. Ich sagte, ich würde sie demnächst abholen, und mit einem Seufzer der Erleichterung fuhr er davon, um den Rest seines freien Sonntags zu retten.

Bruce Farway fuhr dann auch, aber ohne die etwas schleimige Herzlichkeit, mit der er Michael und den Polizeiarzt bedacht hatte, an mich zu verschwenden; er nickte nur kühl zum Abschied. Harve ging zu Fuß nach Hause zu seinem lange aufgeschobenen Mittagessen, und ich wan-derte in der Scheune umher, starrte in die jetzt leere Schmiergrube und überzeugte mich, daß im Geräteraum nichts aus der Ordnung war.

Der Geräteraum, fensterlos, maß geräumige sechs mal drei Meter. Ich schloß die breite Tür auf, drehte das Licht an und blickte auf Joggers Reich; zwei hydraulische Schwerlastwagenheber, ein Riesenaufgebot an Engländern und Schraubenschlüsseln, beschriftete Ersatzteilkisten, Kabelrollen, Ketten, Ölkanister, Dosen mit Schmierfett und ein Satz von sechs neuen Michelinreifen, die auf ihre Einwechslung warteten.

Der Boden war schmutzig, das Werkzeug aber sauber, wie so oft bei Jogger. Soweit ich sah, war die allgemeine Ordnung, die er im Geräteraum wunderbarerweise aufrechterhalten hatte, nicht angetastet. Der Lieferwagen würde im Gegensatz dazu ein Bild hoffnungslosen Wirrwarrs bieten, auch wenn Jogger immer mit einem Griff die richtige Zange herauszupicken verstand.

Ich schaltete das Licht aus, schloß den Geräteraum ab und ging an der langen Werkbank in der Scheune entlang, einem stabilen Bord, auf dem sich im Augenblick nichts als ein großer und ein kleiner Schraubstock befanden, beide festgeschraubt. Nirgends lag Werkzeug herum. Nichts, worüber man hätte stolpern können, wie betrunken auch immer.