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Die meisten Fahrer waren bis zu einem gewissen Grad auch Mechaniker. Dieser hier gab mir die Referenz einer Mercedes-Werkstatt in London.

Er hieß Aziz Nader. Alter achtundzwanzig. Er hatte lok-kige schwarze Haare, braune Haut, glänzende schwarze Augen. Selbstbewußt und extravertiert, suchte er zwar eine Stelle, jedoch ohne dafür zu katzbuckeln. Er sprach mit kanadischem Akzent, sah aber nicht so aus, als ob das selbstverständlich wäre.

«Woher kommen Sie?«fragte ich neutral.

«Libanon. «Er schwieg einen Moment und ergänzte dann seine Antwort.»Meine Eltern stammen von dort, sind aber nach Kanada gegangen, als die Krise anfing. Ich bin weitgehend in Quebec aufgewachsen und noch kanadischer Staatsbürger, aber wir sind schon acht Jahre hier. Ich habe eine Arbeitsgenehmigung, falls es das ist, was Ihnen Sorgen macht.«

Ich sah ihn nachdenklich an.»Welche Sprache sprechen Sie mit Ihren Eltern?«

«Arabisch.«

«Und… hm… wie steht’s mit Französisch?«

Er lächelte mit weißen Zähnen und sagte flüssig etwas in dieser Sprache zu mir. Mein Französisch beschränkte sich auf Rennbahnjargon; er war zu schnell für mich.

Im Sommer fuhr ich viele Pferde für arabische Kunden, deren Angestellte oft ein fürchterlich geradebrechtes oder gar kein Englisch sprachen. Ein Fahrer, der sich mit ihnen unterhalten und sich auch in Frankreich heimisch fühlen konnte, war fast zu schön, um wahr zu sein.

«Wie gut kennen Sie sich mit Pferden aus?«fragte ich.

Er schien unsicher.»Ich dachte, Sie suchen einen Fahrer und Mechaniker.«

Nun ja, niemand war vollkommen.»Pferdetransportfahrer sind besser, wenn sie mit Pferden umgehen können.«

«Ich würde es… äh… lernen.«

Das war nicht so leicht, wie er annahm, aber es schloß ihn nicht aus.

«Ich habe allen gesagt, daß ich erst eine Probefahrt mit ihnen mache, bevor ich entscheide, wer die Stelle bekommt«, sagte ich.

«Sie sind zuletzt gekommen. Können Sie warten?«

«Den ganzen Tag.«

Die Probefahrten waren wichtig, denn die Ladung durfte nicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Zwei Bewerber bremsten und schalteten unsanft, einer war arg langsam, den vierten hätte ich genommen, wenn er als einziger noch zur Wahl gestanden hätte.

Als ich neben Aziz in das Fahrerhaus des SuperSechsers stieg, merkte ich, daß ich wegen seiner Sprach-kenntnisse und seiner Mechanikerausbildung bereits geneigt war, ihm die Stelle zu geben, solange er nur halbwegs vernünftig fahren konnte. Er fuhr dann zwar nicht umwerfend, aber sauber und vorsichtig, und mein Entschluß stand lange fest, bevor wir zum Bauernhof zurückkamen.

«Wann können Sie anfangen?«fragte ich, als er anhielt.

«Morgen. «Er zeigte mir wieder ein strahlendes Lächeln, ganz Augen und Zähne, und sagte, er werde hart arbeiten.

Ich dankte den anderen Bewerbern, die hoffnungsvoll warteten, und bat sie, Isobel für alle Fälle ihre Namen zu hinterlassen. Sie gingen enttäuscht weg. Isobel und Rose waren von Aziz fasziniert und gaben sich betont weiblich, und es lag auf der Hand, daß Nigel starke Konkurrenz bekommen hatte.

Drei Monate Probe, falls seine Referenzen in Ordnung waren, schlug ich vor, bei einem angemessenen Gehalt und annehmbaren Bedingungen. Rose sagte, sie wolle ihn in ihren Computer eingeben, und bat um seine Adresse. Er werde im Dorf ein Zimmer nehmen, sagte er, und ihr dann Bescheid geben. Rose sagte ihm zögernd, wo Brett gewohnt hatte: vielleicht war das Zimmer noch frei. Aziz dankte ihr, ließ sich den Weg erklären und fuhr vergnügt davon, wie er gekommen war, in einem sehr alten, gut gepflegten kleinen Peugeot.

Ich fragte mich, wieweit man eigentlich von dem Wagen, den er fuhr, auf einen Menschen schließen konnte. Die Nina vom Sonntag paßte zu ihrem Mercedes, die vom Montag zu ihrem alten Stadtauto. Aziz schien mir eine zu starke Persönlichkeit für sein Gefährt. Andererseits fuhr ich einen Jaguar XJS, ein geliebtes Überbleibsel aus meiner Jockeyzeit. Ich düste immer noch damit zum Pferderennen, aber in Pixhill benutzte ich einen praktischen Fourtrak mit Allradantrieb als Arbeitstier. Vielleicht hatte jeder eine Zweiwagenpersönlichkeit, dachte ich flüchtig und fragte mich, was Aziz wohl fahren würde, wenn er die Wahl hätte.

Zur Vorsicht prüfte ich seine Referenzen. Die Werkstatt in London sagte, er verstehe sein Handwerk, sei aber schon vor einiger Zeit bei ihnen fort. Der Trainer, dessen privaten Pferdetransporter er gefahren hatte, war kürzlich wegen finanzieller Schwierigkeiten aus dem Geschäft ausgestiegen. Aziz Nader war ein guter Arbeiter gewesen, aber alle Angestellten hatten entlassen werden müssen.

Während ich telefonierte, trafen zwei Autos gleichzeitig ein, kein Tandem, wie sich herausstellte, aber beide auf Informationsreise. Dem ersten entstieg die Presse in Gestalt eines dürren jungen Mannes mit großer Nase und Spiralblock; dem zweiten die Bezirksbluthunde in Zivil, andere Leute als am Tag zuvor. Ich ging ohne Begeisterung hinaus, um sie zu begrüßen. Es gab kein Lächeln, kein Händeschütteln, nur ein knappes Sichvorstellen und gezückte Dienstmarken. Offenbar legte niemand Wert darauf, übertrieben freundlich zu erscheinen oder sich vertrauensvoll meiner Mitarbeit zu versichern. Statt dessen stellten der Pressemann wie auch die Polizei aufdringliche, fast schon unverschämte Fragen und nahmen meine Antworten sichtlich skeptisch auf.

Von Sandy abgesehen, hatte ich nur wenig Erfahrung mit der Polizei allgemein, aber doch genug, um zu wissen, daß man ihr niemals ein Wort zuviel sagen durfte, da sie mit ziemlicher Sicherheit sonst bis zum schlüssigen Beweis des Gegenteils — und sehr wahrscheinlich auch später noch — annahm, daß man etwas verbrochen hatte. Auch sollte man niemals, unter gar keinen Umständen, Witze machen. Nicht mal einem Sandy gegenüber. Meines Erachtens hatte die Polizei es sich nur selbst zuzuschreiben, wenn die breite Öffentlichkeit ihr mißtraute, obwohl die meisten Polizisten bestimmt prima Kerle waren. Aber das Kaschen lag ihnen allen im Blut — sonst hätten sie wenig ausrichten können. Ich kannte niemanden, schon gar keinen Unschuldigen, der sich in ihren Netzen gern verfangen wollte.

Der Reporter betrachtete sich offenbar als Vertreter des» amerikanischen Spürhund-Journalismus «im Stil der Washington Post. Die Polizei betrachtete ihn zu meiner heimlichen Belustigung als lästigen Mitmenschen, der, wenn es nach ihr ging, recherchieren konnte, wo der Pfeffer wuchs. Ich hörte zu, wie sie verbal die Säbel kreuzten, bis sich der junge Mann kleinlaut zurückzog, um in seinem Wagen zu warten, und die Polizisten ihre eigenen Notizbücher herausholten.

«Also, Sir«, begannen sie, eine denkbar unheildrohende Eröffnung,»wollen Sie uns bitte die Hausschlüssel des Mannes aushändigen, der gestern hier tot aufgefunden wurde.«

Ich hätte ihnen Joggers Schlüssel bereitwillig gegeben. Der schroffe Ton ihrer Aufforderung verstärkte meine Neigung zum Widerstand und bewirkte, daß ich ihnen nicht so entgegenkam, wie ich es sonst vielleicht getan hätte und wohl auch hätte tun sollen. Schweigend ging ich zurück zum Büro, wohin sie mir argwöhnisch folgten, als hätte ich die Absicht, bei der erstbesten Gelegenheit Beweismaterial zu zerstören. Isobel und Rose beobachteten die Prozession mit offenem Mund. Ich sparte mir die allgemeine Vorstellung.

Die beiden Kriminalbeamten postierten sich an meinem Schreibtisch. Ich öffnete die Schublade, holte Joggers Schlüssel heraus und nahm seine Hausschlüssel vom Ring.

Sie steckten die Schlüssel wortlos ein und fragten, was Jogger an einem Sonntagmorgen auf dem Bauernhof verloren gehabt hätte. Ich erwiderte, daß alle meine Angestellten auf den Bauernhof kommen konnten, wann immer sie dort etwas zu erledigen hatten, auch sonntags, da es für uns ein Arbeitstag war.

Sie fragen mich nach Joggers Trinkgewohnheiten. Ich sagte, er sei nie betrunken zur Arbeit erschienen. Davon abgesehen war es seine Privatangelegenheit.