Aziz kam ins Büro, um die Schlüssel für den Fourtrak zu holen, da er Lizzie nach Heathrow bringen sollte. Ich bat ihn zerstreut, sie vorsichtig zu fahren.
«Im Kreisverkehr vom Gas runter?«fragte er strahlend.
«O Gott. «Zum erstenmal an diesem Morgen war mir zum Lachen.»Ja. Bringen Sie sie rechtzeitig zu ihrem Flug.«
Als er fort war, dachte ich eine Zeitlang über dies und jenes nach und rief dann noch einmal den Computerspezialisten an. Er meldete sich sofort, berichtete zufrieden, daß er gerade wieder ein Michelangelo-Opfer verarzte, und versicherte mir, er werde morgen früh wieder bei uns vorbeischauen.
«Gut«, sagte ich,»aber… äh, könnten Sie mir eine Frage beantworten?«
«Schießen Sie los.«
Ich sagte:»Läßt sich das Datum im PC verändern? Ließe sich seine Uhr so einstellen, daß der 6. März gar nicht im System erscheint? Könnte man aus dem 6. März den 7. machen?«
«Klar«, sagte er bereitwillig.»Das ist eine bekannte Methode, um den 6. März zu umgehen. Man stellt die Uhr auf den 7. vor, und ein paar Tage später stellt man sie wieder richtig. Sehr einfach, wenn man sich auskennt.«
«Und könnte man. den 6. März auch vor- oder zurückverlegen, so daß der Schaden effektiv am 5. oder am
7. März eintritt?«»Ja. «Eine Pause.»Das wäre aber reine Bosheit. Dazu müßte man wissen, daß der Virus da ist.«
«Aber es ginge? Und auch die Stunden könnte man verstellen?«
«Ja.«
«Wie lange würden Sie brauchen, um die Uhr zu verstellen?«
«Ich selbst? Sagen wir, höchstens eine Minute.«
«Und wenn ich es machen würde?«
«Nun«, meinte er nachdenklich,»wenn Ihnen Schritt für Schritt jemand aufschreibt, wie es geht, oder wenn Sie eine Bedienungsanleitung haben, dann sollten Sie vielleicht fünf Minuten rechnen, aber ungestört, da Sie sich konzentrieren müssen. «Er schwieg erneut.»Glauben Sie ernstlich, daß Ihnen jemand die Uhr verstellt hat? Denn jetzt geht sie jedenfalls richtig.«
«Ich weiß es nicht«, sagte ich.»Ich habe nur gefragt.«
«In Ordnung«, erwiderte er.»Also dann. Bis morgen.«
Ich kämpfte gegen Schatten, dachte ich. Sah Schurken hinter jedem Strauch. Mit großer Wahrscheinlichkeit war mein Computer, wie so viele andere, durch Zufall abgestürzt. Und wenn nicht… dann mußten irgendwo in seinen Daten die Informationen enthalten sein, die ich brauchte, um die Rätsel um mich herum zu lösen. Informationen, von denen irgendein Feind wußte, daß ich sie besaß.
Daten ließen sich am einfachsten zerstören, indem man DEL Stern-Punkt-Stern eingab. Aber dazu mußte man anwesend sein, und die Platte würde sofort den Geist aufgeben. Wenn man die Uhr des Rechners verstellte, um Michelangelo zu aktivieren, konnte man einen beliebigen künftigen Zeitpunkt bestimmen, wie bei einer Zeitbombe.
Sandy Smith kam mit seinem Streifenwagen auf den Hof gefahren und parkte ihn vor dem Bürofenster, ein überraschender, aber willkommener Besuch. Er kam zu mir herein, nahm seine Schirmmütze ab und setzte sich in den Sessel mir gegenüber.
«Joggers Verhandlung«, sagte er und wischte sich die Stirn.
«Wie ist sie gelaufen?«
Er zuckte die Achseln.»Eröffnet und vertagt, wie ich voraussagte. Ich habe ihn identifiziert. Dr. Farway hat den Tod festgestellt. Der Coroner sah sich die Fotos an, und er hatte den Obduktionsbericht gelesen. Er hat wegen noch laufender Ermittlungen vertagt. «Sandy seufzte tief.»Ich sollte Ihnen vielleicht sagen, daß er nicht glücklich ist. Es war die Rede davon, daß Jogger durch den Bruch und das Ausrenken des obersten Halswirbels gestorben ist und daß sich im Bereich der Verletzung Rostteilchen in seiner Haut befunden haben.«
«Rost!«wiederholte ich argwöhnisch.
«Wahrscheinlich sind am Rand der Schmiergrube rostige Stellen«, sagte Sandy.
«Das hoffe ich zu Gott.«
Wir sahen uns ausdruckslos an, wollten den naheliegenden Schluß noch immer nicht in Worte fassen.
Sandy sagte:»Laut Obduktionsbefund ist er gegen Mittag gestorben.«
«So?«
«Es wird eine Menge Fragen geben.«
Ich nickte.
«Man wird wissen wollen, was Sie um diese Zeit gemacht haben«, sagte Sandy.»Danach fragen sie bestimmt.«
Blumen gepflückt, sie aufs Grab meiner Eltern gelegt, zum Lunch bei Maudie Watermead gefahren. Nicht gerade ein umwerfendes Alibi.
«Gehen wir in der Kneipe was trinken«, schlug ich vor.
«Ich kann nicht. «Er blickte ein wenig schockiert drein.»Ich bin im Dienst.«
«Wir könnten ja Cola trinken«, sagte ich.»Ich muß die Rechnung für Joggers Gedenkrunde bezahlen.«
«Oh. «Sandys Gesicht sah erleichtert aus.»Na, in Ordnung.«
«Können wir mit Ihrem Wagen fahren? Mein Fourtrak ist unterwegs.«
Er wollte mich nicht mitnehmen, tat sich aber mit der Ablehnung schwer.
«Keine Sorge, Sandy«, foppte ich ihn müde.»Ich kompromittiere Sie schon nicht. Ich nehme Joggers alten Lieferwagen. Sie brauchen nicht mitzukommen, wenn Sie nicht wollen.«
Er wollte aber. Wir fuhren im Konvoi zu Joggers Kneipe, und ich überreichte dem Wirt einen dicken Scheck. Der Wirt war mit dem Geschäft sehr zufrieden und hatte sich mit der Autogrammsammlung alle Mühe gegeben. Die Unterschriften füllten einen Bogen Papier von der Größe einer Zeitungsseite und waren von gutgemeinten Kommentaren begleitet.»Armer alter Jogger, jetzt hat er ausgejoggt.«
«Macht die Tür auf, aber quer, der Jog ist ziemlich breit, o Herr.«
«Macht hoch die Tür«, sinnierte Sandy, der mit mir las.
«Auf dem Weg zum großen Ölwechsel im Himmel«, sagte der Wirt und zeigte mit dem Finger.»Das ist von mir.«»Sehr passend«, versicherte ich ihm.
Die halbe Einwohnerschaft von Pixhill schien unterschrieben zu haben, aber leider kreuz und quer, nicht in übersichtlichen Spalten, wie es mir vorgeschwebt hatte. Die meisten meiner Fahrer standen auf der Liste, einschließlich Lewis, der an dem Samstagabend in Frankreich gewesen war, um die Zweijährigen für Michael abzuholen. Ich machte eine Bemerkung darüber. Der Wirt gab zu, daß sich mehr Leute eingetragen hatten als nur die, die an Joggers letztem Abend mit ihm zusammengewesen waren.»Sie wollten ihm die letzte Ehre erweisen«, erklärte er.
«Und das Freibier trinken«, sagte Sandy.
«Na ja… der alte Jogger war ein guter Kumpel.«
«M-hm«, stimmte ich zu.»Aber wer von diesen Leuten war denn nun am Samstag wirklich hier? Sandy, Sie waren dabei. Sie wissen es bestimmt noch.«
«Ich war nicht im Dienst«, wandte er ein.
«Aber Sie hatten doch Augen im Kopf.«
Sandy sah auf die dichtgedrängten Namen und pickte mit einem dicken Finger einzelne heraus.
«Von Ihren Fahrern auf jeden Fall Dave, der wohnt ja praktisch hier. Dann Phil und seine Liebste und Nigel, der sie zu Phils Empörung angequatscht hat, und Harve kam noch kurz rein. Und Brett, der den toten Ogden gefahren hat, war definitiv auch da, obwohl es hieß, er sei schon weg aus Pixhill. Er hat herumgemeckert, daß Sie ihn gefeuert hätten.«
Sein Blick glitt über die Namen.
«Bruce Farway! Er hat unterschrieben. Den hab ich hier nicht gesehen.«
«Den Doktor?«Der Wirt nickte.»Er kommt oft mit diesen Intellektuellen her, die sich in die hinterste Ecke verziehen, um die Welt zu verbessern. Er trinkt Aqua Libra. «Konzentriert las er die Liste von oben nach unten.»Ein ganzer Schwarm von Watermeads Pflegern war hier und ein paar von jedem zweiten Stall in Pixhill. Die Neue, Mrs. English, von der sind auch ein paar Jungs gekommen. Neue Gesichter. Kein übler Haufen. Und John Tigwood, der schaut ja alle Naselang nach seinen Sammelbüchsen. Und Watermeads Sohn und seine Tochter waren am Samstag zwar auch hier, aber seitdem nicht mehr, deshalb fehlen ihre Namen, verstehen Sie?«