«M-hm. «Ich lächelte.»Mit Nigel kommt sie schon zurecht. Da läßt er seinen Charme spielen. Sie ist anspruchsvoll, aber er ist unermüdlich. Bis zum Ende des Sommers wird sie keinen anderen mehr haben wollen.«
«Das ist ja direkt angewandte Psychologie«, bemerkte sie,»wie Sie die Fahrer einteilen.«
«Zufriedene Fahrer arbeiten besser. Zufriedene Trainer gehen nicht zur Konkurrenz.«
«Alles zielt also auf den Profit?«
«Und, ehm… es schadet ja auch nichts, wenn alle bekommen, was sie möchten, oder?«
«Ich fange an zu verstehen«, sagte sie halb spöttisch,»warum Sie jeder mag.«
Ich seufzte.»Bei weitem nicht jeder. «Ich stand vom Schreibtisch auf, denn so gern ich mit ihr redete, es gab zu tun.»Sie stehen heute nicht auf dem Fahrplan, nein? Sie könnten sich nach der Frankreichtour einen Tag freinehmen.«
«Möchte ich nicht. Ich bleibe heute morgen hier und schau mich allgemein mal um, und wenn Sie kurzfristig noch einen Fahrer brauchen, steh ich zur Verfügung.«
«Einverstanden. Gut. Ah, da ist Isobel. «Wir hatten beide ihr Auto in der Einfahrt gesehen.»Kommen Sie mit und hören Sie zu. Ich will versuchen rauszufinden, wer gewußt hat, daß Dave an dem Tag, als er Kevin Keith mitnahm, nach Newmarket fuhr.«
Ihre Augen weiteten sich, als sie verstand.»Wie ich schon sagte — Sie brauchen mich hier nicht.«
«Mir gefällt, daß Sie hier sind.«
«Als Zeugin, sagte Patrick. Ich bin die Sicherheit, die Sie anscheinend haben wollten. Ihre Verteidigung. Er sagte mir, daß Sie so raffiniert seien, und ich habe ihm nicht recht geglaubt.«
«Gerissen, meinte er wohl.«
«Jedenfalls war er ja einverstanden. Deshalb bin ich hier.«
Ich fand sie fast schon zu freimütig und fragte mich, was wohl ihr Boss dazu gesagt hätte. Wir gingen in Isobels Büro, wo ich mich für die Besucherliste bedankte, und Isobel holte sie auf den Bildschirm. Sie schenkte mir ein strahlendes Lächeln für den Gruß, den ich daruntergetippt hatte, schüttelte aber den Kopf, als ich sie fragte, ob sie sich erinnern könne, an welchem Tag die einzelnen Personen auf der Liste zu ihr gekommen waren.
«Erinnern Sie sich denn«, fragte ich,»wer an dem Tag, bevor Dave und Brett den Anhalter mitnahmen, hier war? Heute vor neun Tagen also, am Mittwoch?«
Sie schüttelte den Kopf.»Ich könnte die Fahrerliste von dem Tag aufrufen. «Sie wandte sich automatisch dem Computer zu und blickte unglücklich auf.»O. der Tag ist ja gelöscht.«
«Das macht nichts. «Ich hatte die zerfetzte Wochenübersicht auf dem Schreibtisch in meinem Wohnzimmer notdürftig wieder zusammengesetzt und die Namen aufgeschrieben.
«Harve hat bei Michael Watermead die erste Ladung von Jericho Richs Pferden abgeholt und sie nach Newmarket gebracht«, sagte ich.»War jemand vom Water-mead-Stall an dem Tag im Büro? War Jericho Rich da? Oder jemand aus Newmarket? Irgend jemand, der den Donnerstagsplan zu Gesicht bekommen haben könnte? Sie haben den Plan ja oft auf dem Bildschirm. Wer könnte ihn gesehen haben?«
Sie sah verwirrt aus. Ich hatte die Fragen zu schnell gestellt. Ich kehrte zum Anfang zurück und stellte sie langsam noch einmal.
«Ah, ich verstehe. Also, natürlich konnten alle Fahrer sehen, wer wohin sollte. Ich meine, die schauen ja immer mal nach.«
«Und außer den Fahrern?«
Sie schüttelte den Kopf.»Es ist so lange her. Hier geht’s dauernd rein und raus. «Sie überlegte.»Die brauchten nicht extra vorbeizukommen, um zu erfahren, wer die Tour macht. Als Betsy anrief, hab ich ihr gesagt, daß Brett sie kriegt, und sie meinte, da würden aber weder Mr. Rich noch Mr. Watermead begeistert sein, der Brett wäre so ein Nörgler, und ich sagte… na ja, ich hab gesagt, sie soll’s für sich behalten, aber sie hat es dann wohl doch erzählt.«
Ich las die Liste auf ihrem Bildschirm.»Was ist mit Dr. Farway?«
«Nein, nein, der kam am Tag nachdem der Anhalter gestorben war. Er kam am Freitag.«
«Und, äh… John Tigwood?«
«Der nervt einen vielleicht mit seinen Sammelbüchsen, ’tschuldigung, so etwas sollte ich nicht sagen.«
«Wieso nicht? Es stimmt doch. An welchem Tag war er da?«
«Das muß auch am Freitag gewesen sein. Ja, ja, Sandy Smith war auch da. Ich weiß noch, wie sie alle über den Toten geredet haben.«
«Okay. Was ist mit Tessa Watermead?«
«Die muß vor Freitag gekommen sein, denn das war der Tag, an dem sie mit Nigel nach Newmarket fahren wollte und er sie nicht mitgenommen hat. «Isobel runzelte die Stirn.»Tessa schaut öfter rein. Ich glaube, sie langweilt sich. Sie will, daß ich ihr zeige, wie ich arbeite… geht das in Ordnung?«
«Solange sie Ihnen nicht lästig fällt oder Ihnen die Zeit stiehlt.«
«Ein bißchen tut sie das schon«, bekannte Isobel.»Ich habe sie gefragt, warum sie nicht auf die Handelsschule geht und es richtig lernt, und sie meinte, sie will es sich überlegen.«
«Gut«, sagte ich,»wie steht’s mit Mr. Rich?«
«Freitag. Während Sie auf der Pendeltour waren.«
«Noch an einem anderen Tag?«
«Ehm… ja, natürlich, er hat doch am Dienstag wegen seines Umzugs Theater gemacht. Hab ich Ihnen erzählt — erinnern Sie sich?«
«Dunkel.«
«Ich sagte ihm, Sie hätten es auf drei Tage hintereinander verteilt. Bin alles mit ihm durchgegangen.«
«M-hm. Und Lorna Lipton, die Schwester von Mrs. Watermead?«
«Die läuft mit ihrem Hund hier vorbei. Na ja, das wissen Sie. Sie kommt ja ab und zu rein, um, äh. mit Ihnen zu reden. An dem Freitag, als Sie die Pendeltour gemacht haben, war sie auch hier.«
«Und früher in der Woche?«
Isobel sagte unsicher:»Ich weiß nicht mehr, an welchen Tagen.«
«Hm«, sagte ich,»wissen Sie noch, ob jemand an dem Tag, bevor er nach Newmarket ist, nach Dave gefragt hat?«
«Bitte?«
Ich wiederholte die Frage.»Wollte ihn jemand sprechen?«
Ihre Stirn krauste sich.»Ich wüßte nicht, daß jemand nach ihm gefragt hat, aber ich könnte es nicht beschwören, weil… ah ja, doch! Mr. Rich wollte wissen, ob Dave sein erstes Lot Pferde nach Newmarket bringt, aber ich sagte nein, wir hätten Fahrerknappheit wegen Grippe und er müßte ein paar Starter nach Folkestone schaffen. War doch Folkestone, oder?«Sie warf einen verzweifelten Blick auf den Computer, ohne dessen Gedächtnis sie sich aufgeschmissen fühlte, dabei war ihr eigenes gar nicht so schlecht.»Jedenfalls werde ich ihm gesagt haben, daß Dave die neun Zweijährigen am Donnerstag nach Newmarket begleitet.«
Ich tätschelte ihr dankend den Arm und ging hinaus auf den Hof, gefolgt von Nina.
«Das ist doch ein Irrgarten«, meinte sie.»Wie behalten Sie das alles im Kopf?«
«Tu ich ja nicht. Immer wieder vergeß ich was. «Und ich hätte mich immer noch am liebsten schlafen gelegt, was auch nicht half.
Der Fuhrpark hatte sich zusehends gelichtet, und der Hof sah leer aus, da die meisten meiner Ungetüme bereits draußen auf der Wildbahn waren. Nur drei Transporter standen noch vereinzelt auf ihren Plätzen, stumm, sauber, in der Sonne glitzernd und auf ihre Weise majestätisch.
«Sie sind stolz darauf«, rief Nina aus, als sie mein Gesicht sah.
«Das gewöhne ich mir am besten ab, sonst passiert noch was damit. Ich war in meinen Jaguar vernarrt. ach, lassen wir das. «Isabel kam zur Bürotür und schien erleichtert, mich noch anzutreffen. Benjy Ushers Sekretärin sei am Telefon, sagte sie — ob wir bitte gleich noch einen Wagen schicken könnten, denn Mr. Usher habe vergessen, daß er noch ein Gespann für das zweite Sieglosen-Hürdenrennen in Lingfield, den letzten Lauf des Tages, im Stall hatte.
«Sie sagt, er hat völlig verschwitzt, daß sie genannt waren«, berichtete Isobel.»Dann stieß er auf einmal einen Schrei aus und sagte, sie müßten sofort los. Der Schmied ist gerade da, um ihnen Renneisen zu verpassen, und flucht wie ein Schneekönig. Was soll ich ihr sagen? Sie wartet auf Antwort. Mr. Usher brüllt ihr die Ohren heiß. Ich kann ihn hören. Lewis hat die ersten beiden da schon abgeholt, und Mr. Usher sagt, der kann nicht zurückkommen, dafür sei es zu spät. Was meinen Sie?«