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«Sie laufen warm«, versicherte er mir.

«Streichen Sie Larry Dell. Sein Pferd hat sich festgelegen.«

«In Ordnung.«

Ich legte den Hörer in der Küche auf und ging ins Wohnzimmer, um mir den Wochengesamtplan anzusehen, der den größten Teil der Schreibtischplatte einnahm und auf dem vermerkt war, welcher Transporter mit welchen Pferden wohin sollte. Ich schrieb den Plan immer mit Bleistift, weil er sich dauernd änderte.

Auf einem Nebentisch, der mit einer Drehung des grünen Lederstuhls leicht zu erreichen war, stand ein Computer mit Bildschirm und Tastatur. Theoretisch war es einfacher, die Transporter auf den Bildschirm zu holen und ihre Fahrten einzutragen oder zu ändern, und tatsächlich speicherte ich auch alle Daten über die abgeschlossenen Fahrten im Computer, aber zum Vorausplanen nahm ich immer noch lieber Bleistift und Radiergummi.

Im Hauptbüro auf dem Bauernhof hielten meine beiden aufgeweckten Sekretärinnen, Isobel und Rose, den Computer gewissenhaft und kompetent auf dem laufenden und verzweifelten an meinen altmodischen Verfahrensweisen. Das Terminal in meinem Wohnzimmer war eine Art Nebenstelle, die alle Änderungen registrierte, die sie am Zentralcomputer eingegeben hatten, und dafür benutzte ich ihn auch hauptsächlich — um zu sehen, was in meiner Abwesenheit organisiert worden war.

Umgekehrt speiste ich alle Änderungen ein, die sich außerhalb ihrer Arbeitszeit ergaben, und auf jeden Fall hatten wir bis jetzt noch keinen hoffnungsvollen Renner vergebens auf die Kutsche warten lassen, die ihn zum Ball bringen sollte.

Ich schaute mir den Plan den Tages an, eine ganz typische Aufstellung für einen Freitag in der ersten Märzwoche. Zwei Transporter sollten nordwärts nach Southwell, wo die Allwetterbahn den ganzen Winter hindurch sowohl Flach- wie auch Hindernisrennen zuließ. Vier Transporter holten Starter für die heutigen Jagdrennen in Sandown, südlich von London, ab. Ein Neun-Pferde-Transporter brachte Zuchtstuten nach Irland. Ein Sechser brachte Zuchtstuten nach Newmarket, einer brachte Zuchtstuten nach Gloucestershire, ein weiterer brachte Stuten auf ein Gestüt in Surrey: die Vollblutzucht hatte Hochsaison.

Ein Transporter war außer Betrieb und sollte in die Werkstatt. Einer fuhr nach Frankreich. Einer würde Jericho Richs Stuten nach Newmarket bringen. Brett und sein Neuner, der im heller werdenden Tageslicht draußen vor meinem Fenster stand, sollten den ganzen Tag zwischen der Gegend von Salisbury und Pixhill hin und her fahren, um das Lot eines umziehenden Trainers hierherzuschaffen: keine langen, aber viele Touren und aus meiner Sicht sehr rentabel.

In der kommenden Woche stand das Cheltenham Festival an, die Krönung des Hindernisjahres, und in der Woche darauf ging die Flachsaison so richtig los, deren dichtes Programm mir sechs Monate lang gute Umsätze bringen würde. Der März war eine Zeit zum Aufatmen, wenn der Nebel und der Frost ihren Würgegriff lockerten: Eine

Staffel von Transportern, die stumm nebeneinander im Schnee standen, brachte nichts ein, aber die Fahrer mußten trotzdem bezahlt werden.

Mein Fahrdienstleiter rief mich zurück. Er hieß Harve, kurz für Harvey.»Pat hat die Grippe«, sagte er.»Sie liegt im Bett.«

«Mist.«

«Die Grippe ist ein Hammer dieses Jahr. Haut einen um. Dafür kann sie nichts.«

«Nein«, sagte ich.»Wie geht’s Gerry?«

«Immer noch schlecht. Wir könnten die Zuchtstuten da auf Montag schieben.«

«Nein, die fohlen jetzt bald. Hab versprochen, daß sie heute nach Surrey gehen. Ich überleg mir was.«

Pat und Gerry waren zuverlässige Fahrer; wenn sie sagten, sie seien zum Arbeiten zu krank, dann waren sie es auch; also umdisponieren.

«Dave kann Pats Stuten nach Gloucestershire schaffen«, sagte ich. Dave war ein langsamer Fahrer, und ich setzte ihn nur ans Steuer, wenn es sein mußte.»Mit denen eilt es nicht.«

«Ja. Okay.«

«Ich will ihn aber erst hier sprechen. Schicken Sie ihn rüber, wenn er auf den Hof kommt. Und Brett auch.«

«Wird gemacht«, sagte er.»Geht es um den Toten?«

«Ja.«

«Die blöden Säcke.«

«Und sagen Sie Jogger, ich brauche ihn auf der Stelle. Er soll sein Rollbrett mitbringen.«

«Er fängt erst in einer halben Stunde an.«

«Früh genug.«»Sonst noch was?«

«Bestimmt — in fünf Minuten.«

Er legte lachend auf, und ich dachte wie so oft, daß ich mich glücklich schätzen konnte, ihn zu haben. Als ich noch Rennen ritt, war Harve» mein «Jockeydiener gewesen, der Mann, der mir jeden Tag meine geputzten Sättel und frische Reithosen mit auf den Rennplatz brachte. Jok-keydiener waren ein bißchen so wie Ankleider beim Theater, wenn auch ein Jockeydiener regelmäßig rund zehn Jockeys betreute. Es war eine sehr persönliche Betreuung: man konnte wenig vor dem Jockeydiener verbergen.

Als ich meine Stiefel an den Nagel gehängt und die Spedition gekauft hatte, war er überraschend an meiner Tür erschienen.

«Ich wollte fragen, ob Sie Arbeit für mich haben«, kam er direkt zur Sache.

«Aber ich brauche keinen Jockeydiener mehr.«

«Klar. Das will ich auch nicht weitermachen. Mein alter Vater ist gestorben, und seit er nicht mehr da ist, ist der Waageraum nicht mehr dasselbe, deshalb will ich mich verändern. Ich bin die Waschbütte leid. Kann ich nicht für Sie fahren? Ich fahre doch seit Jahren schon Hunderte von Meilen in der Woche.«

«Aber«, sagte ich langsam,»dazu braucht man einen Führerschein für Schwerlastwagen.«

«Den besorge ich mir.«

«Die Transporter sind nicht wie Autos. Sie müßten einen Kurs belegen.«

«Stellen Sie mich ein, wenn ich den Führerschein mache?«

Ich sagte ja, weil wir immer gut miteinander ausgekommen waren, und so erhielt ich ganz nebenbei den besten Mitarbeiter, den man sich vorstellen kann.

Er war rotblond, kräftig, etwa so alt wie ich, vier oder fünf Zentimeter größer. Ein nüchterner Kopf ohne Illusionen, der zwar schnell über andere herzog, aber auf eine Art, die zum Schmunzeln verlockte. Brett, so hatte er mir einmal gesagt, wälze die Schuld auf andere ab, bevor man überhaupt den Anlaß wahrgenommen habe.»Der trägt einen Sack voll Alibis mit sich rum, damit er immer eins vorzeigen kann.«

Ich ging nach oben, duschte, rasierte mich, zupfte die Bettdecke zurecht und saß bald schon wieder an meinem Schreibtisch, mit Blick auf den Pferdetransporter.

Jogger, der Betriebsmechaniker, bog mit seinem Lieferwagen in die Einfahrt und hielt quietschend frontal vor dem Transporter. Flink, o-beinig, kahl, ein waschechter Londoner, schälte er sich aus dem Wagen und kratzte sich am Kopf, während er den Transporter betrachtete. Dann kam er mit dem eigentümlichen Gang, dem er seinen Spitznamen verdankte, zum Haus herüber — eine rollende Bewegung wie bei den 20-km-Gehern, fast ein Laufen, nur daß ein Fuß immer auf dem Boden war, die Ellbogen am Körper.

Ich empfing ihn an der Tür, und wir gingen gemeinsam zu dem Transporter zurück, wobei er sein Tempo ungeduldig drosselte, um sich dem meinen anzupassen.

«Was haben wir für Krabben?«sagte er.

Er sprach einen gereimten Cockney-Slang mit vielen Wendungen, die mir wie von ihm selbst erfunden vorkamen, aber inzwischen hatte ich mich daran gewöhnt. Krabben und Hummer: Kummer.

«Klopfen Sie ihn einfach mal ganz ab, ja?«erwiderte ich.

«Sehen Sie sich den Motor gut an. Dann rutschen Sie drunter und vergewissern sich, daß nichts ausläuft und nicht irgendwas dranhängt.«

«Klar«, sagte er.

Ich sah zu, wie er mit raschen Blicken, feinen Fingern den Motor prüfte und beruhigt dabei nickte.

«Alles bestens«, sagte er.

«Gut. Gehen Sie den Rest durch.«

Er wieselte zu seinem Wagen und holte den biegsamen Stab mit dem Spiegel heraus, mit dem man in sonst unsichtbare Winkel sehen konnte, und auch die niedrige Plattform mit den Laufrollen, die man brauchte, um sich zu einer schnellen Inspektion des Fahrgestells unter den Transporter zu schieben.