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Sie antwortete nicht. Michael sagte:»Woher, Tessa?«

«Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«

«Du weißt nur«, tippte ich an,»daß ein Pferd, dem man den Kopf hochgehalten und die Mischung in die Nüstern gegossen hätte, angesteckt worden wäre?«

«Na ja, wahrscheinlich. Wahrscheinlich angesteckt.«

«Wer hat dir das erzählt?«fragte ich.»Wer hat dir das Zeug besorgt?«

Schweigen.

«Tessa?«sagte Michael.

«War es Benjy Usher?«fragte ich.

«Nein!«Sie war ehrlich erstaunt.»Natürlich nicht.«

«Benjy nicht«, stimmte Michael belustigt zu.»Aber wer, Tessa?«

«Sag ich nicht.«

«Das ist schade«, murmelte ich.

Eine längere Pause entstand, während die Kopfwerferin, die Tuschlerin, überlegte.

«Ach, was soll’s«, platzte sie heraus.»Es war Lewis.«

Michael war überrascht; mich dagegen hätte es gewundert, wenn sie jemand anders genannt hätte.

«Ich weiß nicht, wo er’s herhat«, sagte sie heftig.»Er sagte nur, ein Kumpel im Norden könnte ihm Rotz von einem Pferd mit dem Virus besorgen — Rotz hat er gesagt, nicht so was Hochgestochenes wie Nasenausfluß —, und dieser Kumpel würde es zur Tankstelle in Pontefract bringen, wenn ich einen fände, der’s da abholt. Der Kumpel konnte keinen Abstecher nach hier machen, und ich hätte nicht nach Yorkshire gekonnt, ohne tausend Erklärungen abzugeben, aber da fiel mir die Anzeige in der Zeitung ein, und ich meinte zu Lewis, so könnte es doch gehen. Er sagte, dann solle ich mit Dave reden, daß er den Mann mitnimmt. Dave sei für die Fahrt nach Newmarket eingesetzt und täte alles für Geld, und so käme der Mann nach Chie-veley, wo ich mich leicht mit ihm treffen könnte — und wie sollte ich denn wissen, daß er stirbt? Ich rief Lewis an, sagte ihm, was passiert war, und wollte, daß er mir die Thermosflasche holt, aber er hat mir nur den Schlüssel fürs Fahrerhaus gegeben. Und damit Sie’s wissen, Sie sahen ganz schön doof aus, als Sie mich beim Suchen ertappt haben und mit Schlafanzug, Gummistiefeln und flatterndem Regenmantel hinter mir hergehoppelt sind. Ganz schön bescheuert.«

«Wahrscheinlich«, sagte ich gelassen.»Hast du nur in oder auch unter dem Transporter nachgesehen?«

«Ein ganz Gescheiter, was? Ja, drunter auch.«

«Ehm, wieso?«

«Lewis hat mir mal gesagt, unter so einem Brummer könnte man so ziemlich alles transportieren.«»Wieso hat er das gesagt?«

«Warum sagt einer was? Der redet viel, um einen ins Gespräch zu ziehen. Er sagte, er hätte mal Seife in einem Behälter unter einem Ihrer Wagen befördert, sei aber wieder davon abgekommen, weil das nichts bringt.«

«Seife«, sagte Michael hoffnungslos verwirrt,»wieso in aller Welt Seife?«

«Ich weiß es nicht. Woher soll ich das wissen? Lewis erzählt einfach komische Dinger. Das ist seine Art.«

«Und, ehm…«, sagte ich,»hast du denn Seife unter meinem Transporter gefunden?«

«Nein, natürlich nicht. Ich hab nach einer Thermosflasche gesucht. Da war aber gar nichts drunter. Nur Schnodder und Dreck.«

«Als du Nigel überreden wolltest, dich mit den Stuten nach Newmarket mitzunehmen«, sagte ich,»hast du da immer noch gehofft, du könntest den Virusvorrat finden und die Pferde unterwegs anstecken?«

«Und wenn?«

«Es war ein anderer Transporter«, sagte ich.

«War es nicht… na ja, die sehen alle gleich aus.«

«Viele schon.«

Sie sah niedergeschmettert drein.

«Hast du Dave Geld gegeben?«fragte ich sanft.

«Nein. Ich meine, ich hab das Zeug ja nie gekriegt, oder?«

«Und Ogden hast du auch nicht bezahlt, weil er tot war. Hast du Lewis bezahlt?«

Nach einer Pause sagte sie mürrisch:»Er wollte es im voraus. Also ja.«

«Tessa«, sagte Michael wieder, beinahe heulend.

«Na ja, ich hab’s für dich getan, Dad«, sagte sie.»Ich hasse Jericho Rich. Holt seine Pferde weg, weil ich ihm ein paar gelangt hab! Ich hab’s für dich getan.«

Michael war überwältigt, erfüllt von voreiliger Nachsicht. Ich glaubte ihr nicht, aber Michael mußte es vielleicht.

Kapitel 13

Isobel war noch im Büro, als ich zum Bauernhof zurückkam, obwohl es schon auf fünf zuging. Rose war nach Hause gefahren.

Lewis hatte angerufen, sagte Isobel. Ich hatte ihn knapp verpaßt. Er und Nina waren wieder durch den MontBlanc-Tunnel zurück und hatten auf ein Sandwich und zum Tanken angehalten. Nina war gefahren. Der Hengst hatte die ganze Zeit den Kopf zum Fenster hinausgestreckt, aber nicht verrücktgespielt. Lewis würde die Nacht durchfahren, auf dem Weg nach Norden aber noch irgendwo anhalten, um die Kanister für den Hengst mit französischem Wasser zu füllen.

«Okay«, sagte ich.

Französisches Wasser, reines, süßes Quellwasser, war gut für Pferde. Das rechtfertigte schon einen kurzen Halt.

«Aziz möchte morgen frei haben«, sagte Isobel.»Er will morgen nicht fahren. Hängt mit seiner Religion zusammen.«

«Mit seiner Religion?«

«Sagt er mal.«

«Das Schlitzohr. Wo ist er jetzt?«

«Auf dem Rückweg von der Auktion in Doncaster.«

Ich seufzte. Über Glaubensfragen konnte man schlecht streiten, aber Aziz war trotzdem ein Schlitzohr, wenn nichts Schlimmeres.

«Sonst noch was?«

«Mr. Usher hat angefragt, ob wir den Hengst abgeholt haben. Ich sagte ihm, daß er morgen abend gegen sechs in Pixhill eintrifft, wenn die Fähre keine Verspätung hat.«

«Danke.«

«Toi, toi, toi.«

«M-hm.«

«Sie sehen schrecklich mitgenommen aus«, sagte sie.

«Das macht die Geschichte mit Jogger.«

Sie nickte verstehend. Die Polizei, sagte sie, hatte beanstandet, daß so viele Fahrer auf Achse waren.

«Die begreifen anscheinend nicht, daß wir ein Geschäft in Gang zu halten haben. Die meinen, wir müßten die Arbeit niederlegen. Ich habe ihnen gesagt, daß das nicht geht.«

«Danke nochmals.«

«Schlafen Sie ein wenig«, sagte sie spontan, aufgeweckt wie immer.

«M-hm.«

Ich versuchte ihren Rat zu beherzigen. Die Gehirnerschütterung half nicht mehr. Ich lag wach und dachte an Lewis, wie er irgendwo anhielt, um die Kanister mit französischem Wasser zu füllen. Ich hoffte inständig, daß Nina den Kopf einziehen und die Augen — halbwegs — schließen würde.

Am Mittwoch morgen brachte ich die Transporter wieder auf den Weg nach Doncaster, wo am nächsten Tag die Flachsaison begann. Für Croft Raceways läutete das Märzmeeting in Doncaster mit seinen Auktionen und Rennen die arbeitsreichste Zeit ein; jetzt hieß es sechs Monate Hochbetrieb, Improvisation und Hetze, eine Atmosphäre, die mir gewöhnlich lag. Auch die Zahlenakrobatik, das immer neue Jonglieren mit Wagen, Fahrern und Gewinnaussichten erregte mich normalerweise, doch diese Woche hatte ich mich darauf noch kaum konzentrieren können.

«Morgen«, sagte Isobel aufmunternd,»kommt die ganze Armada ins Rollen.«

Mir lag nur daran, daß Lewis heute wieder anrollte.

Um neun nahm Isobel zum x-ten Mal das unentwegt klingelnde Telefon ab und runzelte die Stirn.

«Aziz?«sagte sie.»Einen Moment bitte. «Sie hielt den Hörer zu.»Was heißt >Bleiben Sie dran< auf französisch?«

«Ne quittezpas«, sagte ich.

Isobel wiederholte »Ne quittez pas« in den Apparat und stand auf.»Da ist ein Franzose, für Aziz.«

«Der ist doch heute nicht da«, sagte ich.