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Seine Arbeitsbedingungen waren ebenso festgehalten wie die Zahl seiner Arbeitstage und sein Urlaubsanspruch: überhaupt kein Problem, den ihm zustehenden Betrag zu errechnen. Ich druckte eine Kopie der Einkommensaufstellung für ihn aus.

Durchs Fenster sah ich Jogger auf das Haus zuwieseln, ein graubraunes Etwas, ähnlich einem großen Schuhkarton, in den Händen. Er kam ins Wohnzimmer und pflanzte das Ding auf meine Wochenübersicht, als könnte nur ein Pedant dabei an Dreck denken.

«Das hat vielleicht gedauert, bis ich das abhatte«, sagte er.

«Wie eine Haftmine hing das da dran.«

«Wo ist der Magnet?«fragte ich.

«Noch am Chassis fest, hinter dem zweiten Tank. Superkleber wahrscheinlich. Den Kasten hier hab ich gerade so abgekriegt, wenn auch bloß mit ’nem Montierhebel.

Zum Losmachen war das nicht gedacht, das sag ich Ihnen.«

«Was meinen Sie, wie lange er da drunter war?«

Der Kasten starrte vor Schmutz bis auf eine untertassengroße, kreisrunde blanke Fläche auf der Unterseite, wo er an dem Magnet gehaftet hatte.

Jogger zuckte unglücklich die Achseln.»Das ist keine Ecke, die ich mir oft ansehen muß.«

«Eine Woche? Einen Monat? Länger?«

«Weiß nicht«, sagte er.

Ich schlug einen Bogen Zeitungspapier um den Kasten und hob ihn hoch. Er war relativ leicht, und es klapperte nichts.

«Leer«, sagte Jogger nickend.

Es war eine stabile, altmodische graue Geldkassette aus Metall, etwa 40 mal 25 mal 15 Zentimeter, mit gerundeten Ecken, eingesenktem Tragegriff und robustem Schloß. An einer Kante eine Delle von dem Montierhebel. Der Tragegriff in der Vertiefung ließ sich nicht hochstellen.

«Kriegen Sie das Ding auf?«fragte ich.»Ohne es zu demolieren?«

Jogger warf mir einen schrägen Blick zu.»Ich könnte das Schloß knacken, wenn ich mein Werkzeug hole und Sie nicht hinsehen.«

«Dann mal los.«

Er entschloß sich, die Kassette zu dem Zweck mit hinaus zu seinem Wagen zu nehmen, und brachte sie bald darauf mit einem zahnigen Grinsen geöffnet zurück.

Nichts drin, nicht mal Staub. Ich hielt die Nase dran. Innen roch die Kassette erstaunlich sauber, wo sie doch von außen so verdreckt war. Sogar frisch roch sie, wie Körperpuder oder Seife.

«Ist es schwierig, da drunter was zu suchen?«fragte ich.

«Mit dem Rollbrett geht’s leicht. Von der Wartungsgrube aus erst recht, wenn man weiß, wo man suchen muß. Ich hätte sie aber trotzdem fast übersehen. Sie hat die gleiche Farbe wie alles da drunter. Genau das ist es — man würde sie nicht sehen, wenn man nicht wüßte, daß sie da ist. Und man müßte schon diesen Teil an die Grube ranfahren, das täte man normalerweise nicht.«

«Wann haben Sie Bretts Wagen zuletzt an der Grube gehabt?«

Er zog die Brauen hoch.»Hab ’n Ölwechsel gemacht, die Bremsluft geprüft, so vor sechs Wochen. Generalüberholung muß vor Weihnachten gewesen sein. Weiß den Tag nicht mehr.«

«Der ist im Computer«, sagte ich.

Jogger sah mißmutig zu dem dunklen Bildschirm hinüber. Er schüttelte Daten gern aus dem Ärmel und fand es nicht so gut, wenn man sie überprüfen konnte.

«Jedenfalls vielen Dank«, sagte ich herzlich.»Die Kassette hätte ich in einer Million Jahren nicht gefunden.«

Die gelben Zähne kamen kurz zum Vorschein.»Sie müssen mal da drunter gehen«, sagte er.

Nein, das mußte ich nicht.

Dave kam auf seinem Rad zurück, dahinter langsam Brett in seinem Pkw, und beide zeigten wenig Appetit auf den jungen Tag. Sie kamen ins Wohnzimmer, grüßten Jogger halbherzig und sahen, ohne eine Reaktion zu zeigen, auf die schmutzige graue Kassette, die geöffnet auf dem Zeitungspapier stand.

«Hat einer von euch die schon mal gesehen?«fragte ich beiläufig.

Uninteressiert verneinten sie es.

«Ich kann nichts dafür, daß der Transporter nicht sauber ist«, ging Brett in die Defensive.»Sandy Smith hat mich gestern abend nicht an ihn herangelassen.«

«Machen Sie ihn gerade noch sauber, bis ich Ihre Lohntüte fertig habe?«

«Es war Daves Idee, den Mann mitzunehmen.«

«Ja, das sagten Sie schon.«

«Von selbst wäre ich gar nicht draufgekommen.«

«Das ist verdammt unfair«, verwahrte sich Dave wütend.

«Haltet den Mund, alle beide«, sagte ich.»Macht den Transporter sauber.«

Wutschnaubend marschierten sie hinaus, und durch das Fenster sah ich sie steif vor Zorn ans Werk gehen. Wahrscheinlich war es Daves Schuld, daß sie den Anhalter mitgenommen hatten, und doch konnte ich ihm seine Verantwortungslosigkeit eher verzeihen als Brett seine Selbstgerechtigkeit. Das Geld von Kevin Keith Ogden hatten sie jedenfalls beide genommen, auch wenn ihnen kein Mensch entlocken würde, wieviel.

Jogger zeigte auf die Kassette.»Was soll ich jetzt damit machen?«

«Ach… lassen Sie sie einfach stehen. Und danke.«

«Wohin fährt Brett denn heute mit dem Transporter?«fragte er, meinem Blick durchs Fenster folgend.

«Nirgendwohin. Er verläßt die Firma. Ich fahre selbst.«

«Ehrlich? Dann tu ich Ihnen einen Gefallen.«

Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf sein schmutziges, zerfurchtes, dreiundfünfzigjähriges Gesicht, die listige Physiognomie eines alten Soldaten, der jeden Kniff kannte, sich in mancher Hinsicht aber doch an einen strengen Ehrenkodex hielt, zumal bei allem, was Räder hatte.

«Sie haben einen starken, freiliegenden Magnet unter dem Transporter«, erklärte er mir.»Wenn Sie nicht aufpassen, pickt der Eisenstangen oder so was auf, und damit könnten Sie hängenbleiben oder beim Zurücksetzen den Tank einstechen und Schlimmeres.«

Ich wußte die Information zu würdigen.»Was tut man da am besten?«

«Ich decke ihn ab, wenn Sie wollen.«

«Danke, Jogger.«

Er hörte an meiner Stimme, daß ich wirklich froh war, und nickte kurz.»Was haben wir befördert, hm?«fragte er.»Kaviar?«

Ich war verwirrt. »Kaviar?«

«Und Rogen. Drogen.«

«Aha. «Endlich begriff ich.»Na, hoffentlich nicht, «Ich überlegte kurz.»Behalten Sie das erst mal für sich, Jogger, ja? Bis ich Klarheit habe.«

Er sagte, das werde er tun, ein Versprechen, das vielleicht die ersten drei Biere heute abend in der Kneipe überstand, aber mehr auch nicht.

Aus der Nähe roch er nach Öl und Staub, seinen ständigen Gefährten, aber auch nach schalem Rauch und sonstigen Ausdünstungen. Ich fand es angenehmer als das überwältigend süße Aftershave und das ätzende medizinische Mundwasser eines der Fahrer, dessen Duft seinen ganzen Transporter durchdrang und sogar den Pferdegeruch überdeckte.

Nach Möglichkeit fuhr jeder Fahrer immer einen bestimmten Transporter und machte ihn zu seinem eigenen. Ich hatte festgestellt, daß es allen so am liebsten war und sie sich dann auch besser um die Fahrzeuge kümmerten. Sie hielten sie gut in Ordnung, lernten ihre Eigenarten kennen und behandelten sie stolz als ihren persönlichen Besitz. Jeder Fahrer verwahrte die Schlüssel seines Transporters selbst und konnte dem Fahrerhaus seine persönliche Note geben, wenn er wollte. Einige, die gern im Wagen schliefen, hatten Gardinen an den Fenstern angebracht. Pat, die an Grippe erkrankt war, hatte immer frische Blumen und eine raffinierte Stellwand zum Umkleiden in ihrem. Ich hätte fast mit Sicherheit anhand des Fahrerhauses sagen können, in wessen Transporter ich war.

Bretts Fahrerhaus war entsprechend dem geringen Engagement, das er für den Job aufgebracht hatte, völlig unpersönlich. Ich war froh, ihn loszuwerden, auch wenn sich die Fahrerknappheit dadurch noch verstärkte.

Jogger sagte, er werde etwas für den Magneten holen und am besten zusehen, daß er in die Gänge komme, wenn er noch die Zuchtstuten nach Surrey bringen solle; sprach’s, wackelte zu seinem Lieferwagen, packte das Rollbrett hinein und fuhr los. Dave spritzte den Transporter ab und putzte die Fenster mit einem Gummischrubber. Brett fegte den Dreck achtlos durch die Pflegertüren auf den Asphalt.