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»Zwei Eldorados. Einer Jahrgang 70, der andere 72. Einer in gold der andere beige. Ich habe letzte Woche mit Mr. Magliore darüber gesprochen. Es ist eine geschäftliche Angelegenheit.«

»Oh, ja, richtig. Er ist im Augenblick wirklich nicht hier, Mr. Dawes. Um ehrlich zu sein, er ist in Chicago. Und er wird wohl kaum vor elf Uhr nachts zurück sein.«

Draußen hängte Duncan ein Schild an den Flipperautomaten:

AUSSER BETRIEB

»Wird er morgen da sein?«

»Ja, sicher. Geht es um eine Transaktion?«

»Nein, ich zahle bar.«

»Eine von unseren Spezialitäten?«

Er zögerte einen Moment: »Ja, genau. Wäre vier Uhr in Ordnung?«

»Ja, vier ist gut.«

»Vielen Dank, Mr. Mansey.«

»Ich sage ihm, daß Sie angerufen haben.«

»Ja, tun Sie das.« Er legte vorsichtig den Hörer auf. Seine Handflächen waren schweißnaß.

Merv Griffin plauderte wieder mit seinen Berühmtheiten, als er nach Hause kam. Heute war nichts mit der Post gekommen; ihm fiel ein Stein vom Herzen. Er ging ins Wohnzimmer. Mary trank ein heißes Gebräu mit Rum aus einer Teetasse. Neben ihr lag eine Familienpackung Tempotücher, und das ganze Wohnzimmer roch nach Eukalyptus.

»Bist du krank?« fragte er besorgt.

»Gib mir keinen Kuß«, sagte sie, und ihre Stimme klang wie ein entferntes Nebelhorn. »Ich hab’ mir ‘ne Erkältung geholt.«

»Armes Kind.« Er gab ihr einen Kuß auf die Stirn.

»Ich hasse es, dich darum bitten zu müssen, Bart, aber würdest du wohl heute abend einkaufen gehen? Ich war mit Meg Carter verabredet, aber ich mußte ihr leider absagen.«

»Natürlich. Hast du Fieber?«

»Ich weiß nicht. Vielleicht. Ein bißchen.«

»Soll ich dir einen Termin bei Dr. Fontaine geben lassen?«

»Weiß nicht. Mach’ ich morgen, wenn’s mir nicht besser geht.

»Du hörst dich richtig verstopft an.«

»Ja. Die Tabletten haben ‘ne Weile geholfen, aber jetzt …« Sie zuckte die Achseln und lächelte traurig. »Ich klinge wie Donald Duck.«

Er zögerte einen Moment und sagte dann: »Morgen abend komme ich etwas später nach Hause.«

»Oh?«

»Ich fahre nach Northside raus, um mir ein Haus anzusehen. Scheint mir ganz gut zu sein. Sechs Zimmer, kleiner Garten, nicht weit von den Hobarts entfernt.«

Freddy sagte laut und deutlich: Na, hör mal, du gemeiner, dreckiger Hurensohn.

Marys Gesicht hellte sich auf. »Das ist ja wundervoll. Darf ich mitkommen?«

»Besser nicht. Mit der Erkältung?«

»Ich bin schon in Ordnung.«

»Das nächste Mal«, sagte er fest.

»Na gut.« Sie lächelte ihm zu. »Gott, bin ich froh, daß du endlich was unternimmst. Ich hab’ mir schon Sorgen gemacht.«

»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«

»Ich weiß.«

Sie nahm einen Schluck von ihrem heißen Rumgetränk und kuschelte sich an ihn. Er konnte sie rasselnd ein- und ausatmen hören. Merv Griffin plauderte mit James Brolin über dessen neuen Film Westworld, der anscheinend bald bei aDen Herrenfriseuren des Landes gezeigt werden sollte.

Nach einer Weile stand Mary auf und schob das TV-Dinner in den Herd. Er stand ebenfalls auf und wechselte den Kanal, um sich eine Wiederholung von F Troop anzusehen. Er versuchte, nicht auf Freddy zu hören. Doch Freddy wechselte plötzlich das Thema.

Erinnerst du dich noch daran, wie ihr euren ersten Fernseher bekommen habt, Georgie?

Er lächelte und blickte durch Forrest Tucker auf dem Bildschirm hindurch. Und ob ich mich daran erinnere, Fred.

Sie waren eines Abends von den Upshaws nach Hause gekommen - das war gut zwei Jahre nach ihrer Heirat gewesen -, wo sie sich die Hitparade und Dan Fortune angesehen hatten. Mary hatte ihn gefragt, ob er nicht auch fände, daß Donna Upshaw ein wenig … na ja, ein wenig genervt gewirkt hätte. Heute abend, hier vor dem Fernseher sitzend, erinnerte er sich daran, wie schlank Mary damals gewesen war.

Er hatte ihr zum Sommerbeginn ein Paar weiße Sandalen geschenkt, in denen sie auf bezaubernde Weise größer wirkte.

Sie hatte weiße Shorts angehabt, und ihre langen, fohlenglei-chen Beine hatten so lang ausgesehen, als ob sie wirklich erst an ihrem Kinn enden würden. Es hatte ihn nicht weiter interessiert, ob Donna Upshaw nun genervt gewesen war oder nicht; er hatte mehr Interesse daran gehabt, Mary die Shorts vom Körper zu ziehen. Ja, das war ihm damals viel wichtiger gewesen - auch wenn das nicht sehr fein klingt.

»Vielleicht wird es ihr langsam ein bißchen zuviel, die halbe Nachbarschaft mit Erdnüssen zu versorgen, nur weil sie die einzigen in der Straße sind, die einen Fernseher besitzen«, hatte er ihr geantwortet.

Er nahm an, daß er daraufhin die kleine Falte zwischen ihren Augenbrauen gesehen hatte - diese besondere Linie, die immer bedeutete, daß Mary etwas ausbrütete. Zu dem Zeitpunkt waren sie schon halb die Treppe hinaufgestiegen, und seine Hand hatte sich liebkosend auf Marys engsit-zende Shorts gelegt - wie klein diese Shorts doch damals waren -, und erst viel später - danach - hatte sie zu ihm gesagt:

»Wieviel würde wohl so ein einfaches Tischmodell kosten, Bart?«

Im Halbschlaf hatte er geantwortet: »Hm, ich glaube, wir könnten einen Motorola für achtundzwanzig, vielleicht dreißig Dollar kriegen. Aber ein Philco -«

»Kein Radio. Einen Fernseher.«

Er hatte sich aufgesetzt, die Nachttischlampe angeknipst und sie fragend angesehen. Sie hatte nackt neben^ihm gelegen, die Bettdecke um die Hüfte geschlungen, und obwohl sie ihn angelächelt hatte, war ihm klar gewesen, daß sie es völlig ernst meinte. Es war ein herausforderndes Lächeln gewesen.

»Mary, wir können uns keinen Fernseher leisten.«

»Wieviel kostet ein Tischmodell, Bart? Ein GE oder ein Philco?«

»Neu?«

»Neu.«

Er dachte darüber nach, während er das Licht-und Schat-tenspiel auf ihren sanft geschwungenen Brüsten betrachtete. Sie war damals so viel schlanker gewesen (aber sie ist auch heute kaum dick zu nennen, George, wies er sich vorwurfsvoll zurecht; hab’ ich ja auch nie behauptet, Freddy, alter Junge), sie hatte viel lebendiger gewirkt. Sogar ihre Haare hatten vor Leben gesprüht und die Botschaft ausgesandt: lebendig, wach, offen …

»Um die siebenhundertfünfzig Dollar«, sagte er und nahm am. daß das ihr Lächeln ersticken würde … aber das tat es nicht.

»Sieh mal«sagte sie und setzte sich in Indianermanier mit untergeschlagenen Beinen im Bett auf.

»Ich sehe«antwortete er schmunzelnd.

»Das doch nicht.« Aber sie hatte ebenfalls gelacht. Eine sanfte Röte hatte sich über ihr Gesicht und ihren Hals ausgebreitet (aber sie hatte die Bettdecke nicht hochgezogen, wie er sich jetzt erinnerte).

»Worüber denkst du nach?«

»Warum wünschen Männer sich einen Fernseher?« fragte sie. »Um sich die Sportsendungen am Wochenende anzusehen. Und warum möchten Frauen gern einen Fernseher haben? Für die Seifenopern am Nachmittag. Man kann sie nebenbei ansehen beim Bügeln oder beim Ausruhen nach der Hausarbeit. Nehmen wir mal an, daß wir beide eine Beschäftigung finden - eine, für die wir bezahlt werden -, mit der wir die Stunden ausfüllen können, in denen wir sonst nur rumsitzen …«

»Ein Buch lesen, zum Beispiel, oder Liebe machen«, schlug er vor.

»Dafür werden wir immer Zeit finden«, sagte sie lachend und wurde rot. Ihre Augen verdunkelten sich im warmen Lampenlicht, das nun einen halbrunden Schatten auf ihre Brüste warf, und er wußte, daß er ihr nachgeben würde, daß er ihr sogar einen Zenith für fünfzehnhundert Dollar versprochen hätte, wenn er jetzt nur mit ihr Liebe machen könnte, und bei dem Gedanken spürte er, wie er steif wurde, wie die Schlange zu Stein wurde - das hatte Marys mal gesagt, als sie auf der Silvesterparty bei den Ridpaths zu viel getrunken hatte. (Und auch jetzt, achtzehn Jahre später, wurde die Schlange wieder zu Stein - aufgrund einer Erinnerung.)