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Immer noch an der Tür stehend sagte er: »Ich habe gehört, daß Sie vielleicht etwas verkaufen.«

»Ja, das stimmt. Autos. Ich verkaufe Autos.«

»Nein«, erwiderte er kleinlaut. »Etwas anderes. Etwas, das …« Er betrachtete verlegen die falsche Holztäfelung.

Gott mochte wissen, wie viele Agenturen dieses Büro heimlich abhörten. »Einfach etwas anderes«, beendete er seinen Satz, aber die Worte kamen auf Krücken heraus.

»Meinen Sie vielleicht Huren oder Drogen oder nicht angemeldete Pferdewetten? Oder wollen Sie vielleicht einen Tot-schläger, um Ihrer Frau oder Ihrem Chef damit eins überzubraten?« Magliore sah, daß er zusammenzuckte, und lachte heiser. »Gar nicht mal so schlecht, Mister, sogar ganz gut für so einen kleinen Schnüffler wie Sie. Das war die ›Und wenn das Büro nun abgehört wird?‹-Szene, nicht wahr? Die Lektion Nummer eins an der Polizeiakademie, wenn ich nicht irre?«

»Hör’n Sie, ich bin kein …«

»Hält’s Maul!« unterbrach ihn Mansey. Er hielt den Katalog jetzt in der Hand, und er sah, daß er manikürte Fingernägel hatte. Er hatte noch nie bei einem Mann manikürte Fingernägel gesehen, abgesehen von den Fernsehreklamen, wenn Männer ein Röhrchen Aspirintabletten oder so was vor die Kamera hielten. »Wenn Sal will, daß du redest, wird er es dir schon sagen.«

Er blinzelte erschrocken und schloß den Mund. Es war wie in einem Alptraum.

»Ihr Typen werdet aber auch von Tag zu Tag dümmer«, fuhr Magliore fort. »Na ja, das ist ganz gut so. Ich verhandle gerne mit Idioten. Ich bin es gewohnt, mit ihnen zu verhandeln. Darin bin ich ganz gut. Also. Nicht, daß Sie das nicht genau wüßten, dieses Büro ist so sauber wie eine Kinderstube. Wir forsten es jede Woche durch. Zu Hause habe ich schon eine ganze Zigarrenkiste voller Wanzen stehen. Kontaktmikrophone, Knopfmikrophone, Druckmikrophone, sogar kleine Sony-Tonbänder, nicht größer als Ihr Handteller. Aber auch das versuchen sie heute schon gar nicht mehr. Heute schicken sie kleine Schnüffler wie Sie bei mir vorbei.«

Er hörte sich sprechen: »Ich bin kein Schnüffler.«

Auf Magliores Gesicht breitete sich ein Ausdruck verärgerter Überraschung aus. Er drehte sich zu Mansey um. »Hast du gehört, was er gesagt hat? Er sagte, er ist kein kleiner Schnüffler.«

»Ja, das habe ich gehört«, antwortete Mansey gedehnt.

»Findest du nicht, daß er wie ein Schnüffler aussieht?«

»Doch, das finde ich«, sagte Mansey.

»Redet sogar wie ein Schnüffler, nicht wahr?«

»Ganz gewiß.«

»Wenn Sie also kein Schnüffler sind«, fuhr Magliore wieder in seine Richtung, »was sind Sie dann?«

»Ich bin …« setzte er an, aber er wußte nicht so recht, was er sagen sollte. Was war er? Fred, wo steckst du, wenn ich dich brauche?

»Nun mal los«, forderte Magliore ihn auf. »Staatspolizei?

Stadtpolizei? Steuerfahndung? FBI? Findest du nicht, daß er wie ein erstklassiger EFF-BIE-EI-Pimpf aussieht, Pete?«

»Doch«, antwortete Pete.

»Nicht einmal die Stadtpolizei würde uns solch einen kleinen Schnüffler wie Sie rausschicken, Mister. Sie müssen vom EFF-BIE-EI oder ein Privatdetektiv sein. Also, was von beidem ist es?«

Langsam wurde er wütend.

»Schmeiß ihn raus, Pete«, befahl Magliore, der das Interesse verloren hatte. Mansey machte ein paar Schritte auf ihn zu. Er hielt immer noch den Katalog in der Hand.

»Sie dämlicher Knallkopf!« brüllte er Magliore plötzlich an.

»Sie sehen wohl schon Polizisten unter Ihrem Bett, so dämlich sind Sie! Sie denken wahrscheinlich, die Bullen sind bei Ihnen zu Hause und vögeln Ihre Frau, während Sie hier rumsitzen!«

Magliore sah ihn fasziniert mit geweiteten Augen an. Mansey erstarrte auf der Stelle und glotzte ihn ungläubig an.

»Knallkopf?« fragte Magliore und drehte das Wort im Mund um wie ein Handwerker ein Werkzeug, das er noch nie gesehen hat. »Hat er mich gerade einen Knallkopf genannt?«

Er war selbst verblüfft über das, was ihm da rausgerutscht war.

»Ich nehm’ ihn mit nach hinten!« sagte Mansey und marschierte auf ihn zu.

»Wart mal einen Augenblick!« hielt Magliore ihn zurück.

Er musterte ihn mit unverhohlener Neugierde. »Haben Sie mich wirklich gerade Knallkopf genannt?«

»Ich bin kein Bulle«, verteidigte er sich. »Und ich bin auch kein Verbrecher. Ich bin ein einfacher Mann, der gehört hat, daß Sie an Leute, die genug dafür bezahlen, etwas verkaufen. Ich habe Geld genug. Ich wußte nicht, daß man hier das Losungswort kennen oder das Geheimsiegel vorzeigen muß oder all das dumme Zeug. Ja, ich habe Sie Knallkopf genannt und ich entschuldige mich sogar dafür, wenn es diesen Kerl davon abhält, mich zusammenzuschlagen. Ich bin …« Er leckte sich über die Lippen und wußte beim besten Willen nicht, was er noch sagen konnte. Magliore und Mansey betrachteten ihn fasziniert, als hätte er sich direkt vor ihren Augen in eine griechische Marmorstatue verwandelt.

»Knallkopf«, wiederholte Magliore leise. »Filz ihn, Pete.«

Pete packte ihn an der Schulter und drehte ihn zur Wand um.

»Leg die Hände an die Wand«, sagte er direkt neben seinem Ohr. Er roch nach einem Desinfektionsmittel. »Spreiz die Beine, so wie in den Krimiserien.«

»Ich seh’ mir keine Krimiserien an«, sagte er, aber er wußte, was Mansey meinte und stellte sich in die richtige Position, um sich durchsuchen zu lassen. Mansey fuhr mit den Händen an seinen Beinen hoch, betastete sein Geschlecht mit der unpersönlichen Miene eines Arztes, schlüpfte mit einer Hand unter seinen Gürtel, klopfte seine Rippen ab und schlüpfte mit einem Finger unter seinen Kragen.

»Sauber«, sagte er.

»Drehen Sie sich um«, befahl Magliore.

Er drehte sich wieder um. Magliore musterte ihn immer noch fasziniert.

»Kommen Sie her!«

Er trat an den Schreibtisch.

Magliore tippte mit den Fingern auf die Glasplatte, unter der er mehrere Schnappschüsse entdeckte: eine dunkelhaarige Frau, die ihre Sonnenbrille in die drahtigen Haare hoch-geschoben hatte und fröhlich in die Kamera lächelte, zwei braungebrannte Kinder in einem Swimmingpool, Magliore selbst in einer schwarzen Badehose am Strand mit einem Cockerspaniel an der Seite. Er sah aus wie König Farouk.

»Auspacken«, sagte er.

»Ha?«

»Alles, was Sie in den Taschen haben. Auspacken.«

Er wollte protestieren, aber dann fiel ihm Mansey ein, der bedrohlich nah hinter seinem Rücken stand. Er packte alles aus.

Aus den Manteltaschen kamen nur zwei abgerissene Kinokarten zum Vorschein. Er war vor kurzem mit Mary in einem Film gewesen. Viel Musik, aber er konnte sich nicht mehr an den Titel erinnern.

Er zog den Mantel aus. Aus der Anzugjacke zog er ein flaches Feuerzeug mit seinen Initialen - BGD. Eine Schachtel Feuersteine. Eine Zigarettenpackung, in der nur noch eine Zigarette war. Eine dünne Folie mit Bittersalztabletten. Eine Rechnung von der A&S-Reifenhandlung, bei der er seine Winterreifen hatte montieren lassen. Mansey betrachtete sie und sagte befriedigt: »Mann, da haben Sie sich ganz schön ausnehmen lassen.«

Dann zog er das Jackett aus. In der Hemdtasche hatte er nichts als ein kleines Stückchen Mull. Er holte seine Autoschlüssel und etwas Kleingeld aus seiner rechten vorderen Hosentasche. Circa vierzig Cents, hauptsächlich in Fünfcentmünzen. Er hatte nie begreifen können, warum er die Fünfcentstücke magnetisch an sich zog. Nie hatte er einen Zehner für die Parkuhr. Zum Schluß legte er seine Brieftasche zu den anderen Sachen auf die Glasplatte von Magliores Schreibtisch.

Magliore nahm sie und las das verblichene Monogramm -

Mary hatte sie ihm vor vier Jahren zu ihrem Hochzeitstag geschenkt.