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Über dem Herd hing ein großes Poster, das Richard Nixon mit Kopfhörern darstellte. Die Leitung der Kopfhörer steckte im Hinterteil eines Esels, der sich am Bildrand befand. Darunter stand in großen Buchstaben:

WIR HÖREN BESSER ZU!

Zu seiner Linken stand ein Mann mit weit ausgestellten Hosenbeinen, der in jeder Hand einen Drink hielt (ein Wasserglas voller Whisky in der Rechten, einen vollen Bierkrug in der Linken), und unterhielt eine gemischte Gruppe mit Witzen. »Dieser Typ kommt also in eine Bar und findet den Esel, der auf dem Hocker direkt neben ihm sitzt. Er bestellt ein Bier, und als es kommt, fragt er den Barkeeper: ›Wem gehört eigentlich dieser Esel? Süßes kleines Tierchen.‹ Und der Barkeeper sagt zu ihm: ›Oh, der Esel, der gehört dem Klavierspieler.‹ Da dreht er sich um und …«

Er mixte sich seinen Drink und sah sich nach Walt um, aber der war schon wieder zur Tür gegangen, um ein paar Neuankömmlinge zu begrüßen - ein junges Pärchen. Der Mann hatte eine altmodische Autokappe und eine alte Rennbrille aufgesetzt und trug einen abgenutzten Kittel mit der Aufschrift:

KEEP ON TRUCKIN’

Einige Leute lachten schallend, und Walter heulte gequält auf. Der Witz, den dieser Kerl gerade erzählte, mußte einen langen Bart haben.

»… der Kerl geht also zum Klavierspieler rüber und sagt: ›Ist Ihnen klar, daß Ihr Esel gerade in mein Bier gepißt hat?‹ Und der Klavierspieler antwortet: ›Nein, aber wenn Sie mir ein paar Takte vorsummen, mache ich es ihm nach.‹« Mäßiges Gelächter. Der Mann mit den weit ausgestellten Hosenbeinen schluckte seinen Whisky und spülte ihn mit dem Bier herunter.

Er nahm seinen Drink und schlenderte ins verdunkelte Wohnzimmer, wobei er sorgfältig darauf achtete, an Tina Howard Wallaces Rücken vorbeizuschleichen, bevor sie ihn entdeckte und ihn in eine lange Konversation mit dem Tenor ›Wo sind die Jahre geblieben?‹ verwickelte. Sie gehörte genau zu der Kategorie von Leuten, die jedes Kapitel aus dem Leben ihrer früheren Klassenkameraden runterbeten konnte, besonders von denen, die gescheitert waren - Scheidung, Nervenzusammenbruch und Kriminalität würden ganz oben auf der Liste stehen. Und diejenigen, die es zu etwas gebracht hatten, würde sie als Unmenschen abstempeln.

Jemand hatte die unvermeidliche Rock’n’RolI-Platte aus den Fünfzigern aufgelegt, und zirka fünfzehn Paare twiste-ten begeistert und sehr schlecht über die Tanzfläche. Er entdeckte Mary, die mit einem großen, schlanken Mann tanzte, den er von irgendwoher kannte, aber nicht einordnen konnte. Jack? John?» Jason? Der Name fiel ihm einfach nicht mehr ein. Sie trug ein Partykleid, das er noch nie an ihr gesehen hatte. Es hatte eine Knopfleiste auf der rechten Seite, und sie hatte genug Knöpfe offengelassen, um die sexy Rundung ihres Oberschenkels über dem Knie zu zeigen. Er wartete auf eine starke Empfindung bei dem Anblick - Neid oder Trauer oder ein bißchen Sehnsucht -, aber er spürte nichts. Nachdenklich nippte er an seinem Drink.

Sie wandte den Kopf um und entdeckte ihn. Er hob beiläufig eine Hand, um sie zu grüßen und ihr zu sagen, daß sie ruhig weitertanzen solle, aber sie nahm ihren Partner bei der Hand und kam zu ihm herüber.

»Ich bin so froh, daß du gekommen bist, Bart«, sagte sie.

Sie sprach mit erhobener Stimme, um die Stereoanlage zu übertönen. »Erinnerst du dich noch an Dick Jackson?«

Bart reichte dem schlanken Mann die Hand, und er schüttelte sie. »Sie haben mal mit Ihrer Frau in unserer Straße gewohnt. Vor fünf … nein, sieben Jahren, nicht wahr?«

Jackson nickte. »Wir wohnen jetzt drüben in Willowood.«

Sozialer Wohnungsbau, dachte er. Seit einiger Zeit wußte er über sämtliche städtischen Baumaßnahmen und ihre geo-graphische Lage sehr genau Bescheid.

»Nicht schlecht. Arbeiten Sie immer noch für Piels?«

»Nein, ich habe jetzt mein eigenes Geschäft. Ich besitze zwei Lastwagen. Riesige Transporter. Hören Sie, wenn Ihre Wäscherei irgendwelche Lieferungen braucht … Chemikalien oder so …«

»Ich arbeite nicht mehr in der Wäscherei«, sagte er und bemerkte, wie Mary leicht zusammenzuckte, als hätte jemand an eine alte Wunde gerührt.

»Nicht? Was machen Sie denn jetzt?«

»Ich bin selbständig«, antwortete er und grinste. »Haben Sie an dem Streik der unabhängigen Lastwagenfahrer teilgenommen?«

Jacksons Gesicht, das vom Alkohol schon etwas gerötet war, wurde noch dunkler, »Und ob ich das habe! Ich habe mir sogar persönlich einen Kerl vorgenommen, der nicht einse-hen wollte, wozu der Streik nützen sollte. Haben Sie eine Ahnung, was diese Mistkerle in Ohio heutzutage für Diesel verlangen? 31,9! Das verringert meinen Profit von zwölf auf neun Prozent! Und davon soll ich dann noch die ganzen Wartungskosten zahlen. Von diesen verdammten, halsabschneiderischen Geschwindigkeitsbegrenzungen ganz zu schweigen …«

Er ließ sich lang und breit über die Freuden und Gefahren eines selbständigen Transportunternehmens in einem Land aus, das plötzlich unter einem schlimmen Energiemangel litt, und Bart hörte zu, nickte an den richtigen Stellen und nahm ab und zu einen Schluck. Mary entschuldigte sich und ging in die Küche, um sich einen Punsch zu holen. Der Mann in dem alten Autokittel tanzte einen übertriebenen Charleston nach einer alten Everly-Brothers-Platte, und einige Umstehende lachten und applaudierten ihm fröhlich.

Jacksons Frau, ein stämmiges, muskulöses Persönchen mit einem karottenroten Haarschopf, kam auf sie zu und wurde ihm vorgestellt. Sie wirkte schon ziemlich angetrunken, und ihre Augen waren so stumpf wie die Blinklichter eines Flipperautomaten. Sie schenkte ihm ein gläsernes Lächeln, gab ihm die Hand und sagte zu ihrem Mann: »Liebling, ich glaube, ich muß mich übergeben. Wo ist das Badezimmer?«

Jackson führte sie weg. Er ging über die Tanzfläche und setzte sich auf einen der am Rand stehenden Stühle, wo er sein Glas leertrank. Mary ließ sich Zeit. Vermutlich hatte sie jemand in eine Unterhaltung verwickelt.

Er griff in seine Jackentasche, holte ein Päckchen Zigaretten heraus und zündete sich eine an. Er rauchte jetzt nur noch auf Partys. Das war ein großer Fortschritt im Vergleich zu früher, als er zu der Drei-Packungen-am-Tag-Krebsbri-gade gehört hatte.

Als er die Zigarette halb aufgeraucht hatte, während er die Küchentür im Auge behielt, um Marys Rückkehr abzupas-sen, blickte er zufällig auf seine Hand und stellte fest, wie interessant sie plötzlich war. Es war außerordentlich interessant, wie sein Zeige- und Mittelfinger die Zigarette hielten, so selbstverständlich, als hätten sie sein Leben lang nichts anderes gemacht.

Der Gedanke war so komisch, daß er lachen mußte.

Es kam ihm so vor, als hätte er seine Finger schon eine ganze Weile studiert, als er plötzlich einen eigenartigen Geschmack im Mund bemerkte. Nicht schlecht, aber seltsam.

Die Spucke schien viel dicker geworden zu sein. Und seine Beine … seine Beine waren ganz hippelig, als wollten sie den Takt der Musik mitschlagen, als wäre das das einzige, was sie entspannen könnte, damit sie sich wieder so leicht und normal wie Beine anfühlten …

Er bekam ein wenig Angst. Der Gedanke, der ganz ge-wöhnlich angefangen hatte, nahm plötzlich einen völlig anderen, geschraubten Weg, wie ein Mann, der sich in einem riesigen Haus verlaufen hat und jetzt eine große, krrrrissstall-lene Wendeltreppe hinaufkletterte …

Da war es wieder. Es mußte an der Pille liegen, die er geschluckt hatte. Ja, es war Olivias Pille. Und was für eine komische Art, Kristall zu sagen. Krrrrissstalll. Ein aufregender, knisternder Klang, wie die Spannung, wenn die Striptease-tänzerin ihr Kostüm auszog.

Er lächelte angestrengt und betrachtete wieder seine Zigarette, die jetzt erstaunlich weiß und erstaunlich rund aussah, das erstaunliche Symbol für Amerikas Reichtum und Wohl-stand. Nur in Amerika schmeckten die Zigaretten so gut. Er nahm einen Zug. Wundervoll. Er dachte an die Unmengen von Zigaretten, die von Amerikas Fließbändern quollen, in Winston-Salem und sonstwo, eine Unmenge von Zigaretten, ausgeschüttet wie aus einem Füllhorn. Es lag am Meskalin.