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Wahrscheinlich weißt du viel mehr über die Verhältnisse auf Dhrawn, als den Berichten zu entnehmen ist. Wir sind hier, um möglichst viel über Dhrawn zu erfahren, und was immer du uns verschweigst, ist ein Verlust für uns. Ich verfüge über keine Beweise und bin obendrein nicht kompetent genug, um dir mit Strafen wegen Vertragsbruch zu drohen, aber ich möchte dich davon überzeugen, daß beiden Seiten besser gedient ist, wenn es zwischen uns keine Geheimnisse gibt. Das Projekt ist in eine Phase getreten, in der ein Verzicht auf vollständige Ehrlichkeit uns sehr viel und dich alles kosten könnte. Um das zu erläutern, will ich eine Geschichte erzählen… Ihr wißt, daß wir Menschen Sauerstoff atmen so wie ihr Wasserstoff; aber weil wir wesentlich größer sind, besitzen wir ein weitaus komplizierteres Atem- und Kreislaufsystem als ihr, dessen Beschaffenheit erfordert, daß wir ausreichend gasförmigen Sauerstoff innerhalb bestimmter, recht eng begrenzter Druckverhältnisse inhalieren. Mehr als drei Viertel der Erde sind von Wasser bedeckt. Unter Wasser können wir ohne technische Hilfsmittel nicht atmen, aber das Tauchen unter Wasser ist eine beliebte menschliche Sportart. Das Tauchgerät besteht hauptsächlich aus einem Tank voller komprimierter Atemluft und einem Schlauchsystem, das den Tank mit unseren Atemorganen verbindet; sehr einfach also, ganz verständlich und eindeutig. Vor sechs Erdjahren nun, als mein Sohn Benj elf Jahre alt war, baute er sich ein solches Gerät; er entwarf es — mit meiner Unterstützung — und stellte Druckbehälter, Schläuche, Ventile, was eben dazu gehört, selbst her. Gemeinsam testeten wir seine Konstruktion; sie funktionierte perfekt. So gut wie jenes handelsübliche Tauchgerät. Dann testete Benj das Gerät unter Wasser… Sicherlich seid ihr mit den Grundlagen der Hydrostatik und den Gesetzmäßigkeiten des Gaszustands vertraut, und so werdet ihr begreifen, daß in einer bestimmten Tiefe eine Atemorganfüllung nur noch das halbe Volumen besitzt wie an der Oberfläche; das wußte auch Benj, aber er dachte, eine Tankfüllung für eine Stunde sei — unabhängig von der Tiefe — wirklich für eine Stunde ausreichend, solange der Tankdruck über dem des Wasserdrucks liege. Kurz gesagt, so war es aber nicht. Nach einem Drittel der kalkulierten Zeitspanne ging ihm die Atemluft aus, und ich mußte ihn retten. Infolge des raschen Druckwechsels und einiger menschlicher Eigenarten, die ihr Meskliniten anscheinend nicht mit uns teilt, kam er beinahe ums Leben. Um eine ausreichende Sauerstoffversorgung unserer Atemorgane zu gewährleisten, müssen wir normale Luftmengen inhalieren, ganz abgesehen von Sauerstoffgehalt oder Gesamtdruck, da sonst die Abfallprodukte, vorwiegend Kohlendioxid, überwiegen… Ich möchte beileibe niemandes Intelligenz anzweifeln, wenn ich nun frage, ob man mich verstanden hat, aber ich hätte gerne von euch beiden eine Stellungnahme zu dieser Geschichte.“

Die Antworten waren aufschlußreich, sowohl ihrem Inhalt nach wie auch aufgrund der Zeitspanne, die bis zu ihrem jeweiligen Eintreffen verstrich. Barlennans Kommentar erreichte den Satelliten fast unmittelbar nach Ablauf der Übermittlungsverzögerung; Dondragmers Antwort traf sehr viel später ein, so spät, daß sie sich mit der Durchsage des Commanders nicht überschnitt.

„Die Lehre aus dieser Geschichte lautet wohl“, sagte Barlennan, „daß unvollständiges Wissen zu schweren Fehlern verführen kann, aber ich begreife den Zusammenhang mit der Gegenwart nicht. Wir wissen, daß unsere Kenntnisse unvollständig sind und unsere Tätigkeit auf Dhrawn deshalb gefährlich ist. Wir wußten es seit jeher. Warum willst du diese Tatsache jetzt besonders betonen?

Aufrichtig gesagt, ich würde nun lieber Informationen über das Fahrzeug hören, das sich deinen Worten zufolge in Schwierigkeiten befindet.

Du gibst mir Anlaß zu dem Verdacht, daß du mich behutsam auf den Verlust eines weiteren Fahrzeugs vorbereiten willst; eine solche Häufung von Ausfällen läßt wohl darauf schließen, daß eure Konstrukteure Fehler begangen haben. Beunruhige dich nicht, ich werde dir keine Vorwürfe machen.

Niemand konnte alles voraussehen.“

Ib lächelte säuerlich. „In diese Richtung wollte ich unser Gespräch keineswegs lenken, Commander, doch deine Antwort enthält einige einleuchtende Aspekte. Dennoch würde ich gerne Dondragmers Antwort hören, bevor ich mich weiter äußere.“

Noch eine volle Minute verstrich, bevor die Stimme des Captains der Kwembly den Satelliten erreichte. „Deine Worte waren absolut unmißverständlich“, versicherte Dondragmer, „aber du hättest dich wohl kürzer gefaßt, wäre deine Aussage nicht tiefschürfender gedacht. Wie ich vermute, liegt die Kernfrage weniger darin, daß dein Sohn einmal durch Unwissenheit in Schwierigkeiten geriet, sondern eher darin, daß ihm dies trotz der Unterstützung eines überlegenen Erwachsenen widerfuhr. Ich denke, deine Äußerung ist so aufzufassen, daß wir uns während der Erforschung Dhrawns, obwohl ihr Menschen unseren Kenntnissen voraus seid und uns deshalb Unterstützung leisten könnt, zusätzlichen Gefahren aussetzen, sobald wir nach eigenem Gutdünken handeln.“

„Richtig, genau so habe ich es gemeint“, sagte Ib.

„Ich…“

„Einen Moment“, unterbrach Easy. „Solltest du nicht Dondragmers Antwort zunächst an Barlennan weiterleiten?“

„Selbstverständlich.“ Ihr Mann gab dem Commander eine gestraffte Wiederholung von Dondragmers Durchsage, dann ergänzte er die eigenen Worte. „Ich kann dir nichts aufzwingen, Barlennan, und könnte ich es, würde ich wahrscheinlich darauf verzichten. Ich möchte auch keineswegs eine Enthüllung aller Ereignisse, die sich seit eurer Landung abgespielt haben; es wäre allerdings für beide Seiten vorteilhafter, könnte meine Frau, zum Beispiel, ein kurzes Informationsgespräch mit ihren alten Freunden Destigmet und Kabremm führen; die weitere Entwicklung ließe sich leichter abschätzen. Ich erwarte keine grundlegende Änderung deiner Absichten, Commander, aber ich bitte dich, dir diesen Vorschlag genau zu überlegen.“

Barlennan war — als alter Seefahrer — an schnelle Entscheidungen gewöhnt. Außerdem hatten die Umstände ihn bereits zu ähnlichen Erwägungen bewegt. Über allen anderen Plänen stand das Interesse am eigenen Überleben und dem seiner Truppe. Er antwortete sofort.

„Easy kann das Gespräch führen, aber nicht jetzt; die Esket liegt ziemlich weit entfernt. Zudem möchte ich zunächst über die Situation jenes Fahrzeugs informiert werden, von dem du sagst, daß es sich in Not befindet. Teile mir lediglich mit, was geschehen ist, damit ich entscheiden kann, wie ihr helfen könnt.“

Ib und Easy Hoffman sahen einander an und grinsten, teilweise aus Erleichterung, zum Teil aus Triumph. Aber es war Benj, der den entscheidenden Kommentar abgab, doch erst später, im Meteorologischen Labor, als er alles McDevitt erzählte; der Blick des Jungen glitt über die riesigen Kartenhälften, die Dhrawns Oberfläche repräsentierten, und verharrte auf dem winzigen Gebiet, dessen Lichtpünktchenmarkierung vom bisher errungenen Wissen zeugte.

„Man darf wohl annehmen, daß er nun dort unten viel sicherer ist.“

Das war eine reichlich nüchterne Feststellung.