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»Gefahr?« fragte der alte Mann und sah seinen Sohn vorwurfsvoll an. Als sei dieses Wort der auslösende Faktor, griff er nach dem Glas und trank es leer. »Gefahr? Ah, David, du kannst doch die Saurier gar nicht fürchten! Uns in der Kuppel können sie keinen Schaden zufügen.« Er wandte sich wieder an mich wie ein Lehrer, der eine Vorlesung für seine Schüler hält. »Das ist eine Sache der Brutverhaltensweisen. Die Saurier legen Eier, und die können nicht den Druck des Seebodens vom Graben aushalten, dort, wo das schimmernde Gras wächst. Sie müssen also jedes Jahr um die Brutzeit auf den Seeberg kommen, um ihre Eier abzulegen. Seit Urzeiten legten sie diese Eier in einer Höhle ab, und ich habe diese Kuppel ausgerechnet über dieser Höhle erbaut!«

Er lachte leise, als habe er damit etwas besonders Gescheites getan. »Als sie gezähmt wurden, habe ich ihnen erlaubt, die Höhle zu benützen. Aber jetzt werden sie diese nicht mehr betreten! Dieser Graben gehört mir, und ich habe die Absicht, ihn zu behalten!

Vielleicht brauche ich Hilfe«, gab er zu. »Es sind sehr viele Saurier, aber du bist ja hier. Du und die anderen, ihr müßt mir helfen. Ich kann euch bezahlen. Sehr gut sogar, denn der ganze Reichtum des Tonga-Grabens ist mein! Tonga-Perlen! Ich habe eine Möglichkeit gefunden, die Ernte zu vergrößern, so wie die alten Japaner die Zuchtperlen erfanden. Mit gewöhnlichen Austern kann man das nicht machen, denn die Tonga-Perlen brauchen einen radioaktiven Nukleus, der von diesem schimmernden Tang kommt. Jim Eden, ich habe Tonga-Perlen angepflanzt, und die erste Ernte ist bereit. Sie braucht nur eingesammelt zu werden.«

Er stand auf. Wenn er sich auch gebückt hielt, so überragte er uns doch noch immer.

»Ich biete euch einen Anteil von tausend Tonga-Perlen! Du schuldest mir diese Hilfe sowieso, denn dein Vater und dein Onkel haben sie versprochen. Was meinst du, Jim Eden? Willst du mir helfen, das Reich vom Tonga-Graben zu verteidigen?« Jetzt glühten seine Augen wild.

»Du mußt deinen Tiefsee-Kreuzer nehmen, die Dolphin! Damit mußt du das Schiff zerstören, das Joe Trencher benützt. Für die Saurier genügt die Bewaffnung der Kuppel. Ich habe hoch oben eine sehr wirksame Kanone montiert, Munition ist reichlich vorhanden, und die allermodernste Feuerkontrolle ist eingebaut. Vernichte Joe Trencher für mich - die Kuppel selbst wird die Saurier vernichten, wenn sie durchzukommen versuchen. Jim Eden, bist du dazu bereit?«

David und ich schauten einander düster an, und in seines Vaters Augen starb das Licht der Begeisterung.

Jason Crakens Geist wanderte wieder. Er hatte zu lange gegen die See gekämpft, zu lange seine Zaubertränklein getrunken. Und da hatte er sich nun einen Kampfplan ausgedacht mit der Kanone im Mittelpunkt, die nicht mehr funktioniert, und einem Schiff, das längst gesunken war.

Was sollten wir ihm da noch sagen?

Es war nicht nötig, denn von draußen hörten wir seltsam kratzende Schritte, und dann kam Maeva, das Seemädchen, keuchend hereingerannt.

»David!« schrie sie und kämpfte um Atem. »David, sie kommen! Die Saurier greifen an, und sie werden angeführt von einem Tiefsee-Schiff!«

Wir sprangen auf, doch ehe wir noch den Raum verlassen konnten, erschütterte eine dumpfe Explosion die ganze Kuppel.

Eine Tiefsee-Rakete von der Killer! Der Kampf um den Tonga-Graben hatte begonnen ...

18. Der Kampf um den Tonga-Graben

»Hinauf in den Kanonenturm!« rief Maeva. »Gideon konnte das Feuerkontrollgerät noch nicht reparieren, er versucht die Kanone manuell zu bedienen!«

David rannte eine schmale Eisentreppe hoch, wir anderen folgten. Gideon war schon im Turm. Er war so mit den komplizierten Instrumenten beschäftigt, daß er nicht einmal aufschaute.

»Gideon!« rief ich, doch da mußte ich mich anklammern, weil eine neue Explosion die Kuppel erschütterte. Sie meinten es also ernst .

Es war ein enger, düsterer Turm, und von Jason Crakens Labor stieg ein scheußlicher Geruch herauf. Die winzigen Fenster waren kaum größer als Luken, und zu sehen war durch sie nicht viel. Im matten Schimmer der Edenit-Schicht konnte ich nur erkennen, daß unter uns die Kuppel sich steil nach unten schwang. Im kalten blauen Licht der Kuppel ließen sich draußen ein paar dunkle Felszacken erkennen. Dahinter wurde das Dunkel der Tiefe nur gelegentlich vorn geisterhaften Schimmer einiger Tiefsee-Kreaturen unterbrochen, die ihre eigenen Lichter mitführten.

»Ich sehe nichts«, bemerkte ich verblüfft.

David nickte. »Kannst du auch nicht, Jim. So weit unter der Wasseroberfläche brauchst du Mikrosonar, wenn du etwas sehen willst. Daran arbeitet Gideon jetzt, denke ich. Wenn das Mikrosonar-Zielgerät funktioniert, kann man diese Kanone hier von Hand bedienen. Aber seit fünfzehn Jahren wurde dieses Geschütz nicht mehr bemannt, sondern immer von der Feuerkontrolle aus, ein Stockwerk tiefer, bedient. Und das ist nicht möglich; das Gerät ist zerstört.«

Gideon sah nur kurz auf, nickte und arbeitete weiter. Ich sah, daß er sich große Sorgen machte ...

Die Kanone füllte fast den ganzen Turm aus. Es war eine häßliche, wirksame Zerstörungsmaschine, aber der Lauf wirkte, soweit er sich im Turm befand, erstaunlich schlank. Die blanken Geschosse waren kaum länger als mein Arm.

»Kommt dir wohl altmodisch vor?« fragte David. »Aber es ist eine tödliche Waffe, Jim. Eine solche Granate vernichtet einen Seewagen. Der Schock neutralisiert den Edenit-Film für einen winzigen Sekundenbruchteil, und der Druck der See besorgt den Rest. Man nennt sie Athodyden. Sie nehmen Wasser auf und schießen es hinten in Form von Dampf aus.«

Gideon tat einen Ausruf. Er nahm etwas aus einem Ersatzteilekasten, setzte etwas in das Drahtgewirr und berührte einen Schalter. »Das müßte jetzt gehen«, meinte er.

Wir hielten den Atem an. Das ferne Summen winziger Motoren war zu hören. Der Turm schüttelte sich ein wenig und drehte sich langsam. Der Mikrosonarschirm wurde hell.

»Du hast es geschafft!« rief David.

»Jedenfalls funktioniert es«, sagte Gideon und tätschelte liebevoll den schlanken Lauf. »Ich glaube wenigstens, daß es geht. Diese Sonarkupplung machte mir richtige Kopfschmerzen. Ohne Sonar würde die Kanone blind schießen, es ist das eigentliche Visier. Ich denke, jetzt können wir sehen, was wir tun.«

Fasziniert besah ich mir die Sache. Es war ein uraltes Mikrosonar-Modell, wesentlich primitiver als das wundervolle Ding, an dem wir auf der Akademie geschult wurden. Alles war verkleinert und verzerrt, als schaue man durch das verkehrte Ende eines billigen Teleskops.

Aber ich fand mich bald zurecht und entdeckte einige Kleinigkeiten. Ich sah die steilen Hänge des Seebergs, entdeckte den zerklüfteten Rand einer Rinne - wahrscheinlich war sie der Brutweg für die Saurier -, durch die Maeva und Old Ironsides uns geschleppt hatten.

Ich schaute genauer auf den Schirm, dann noch einmal. Da war ein wirbelndes Muster winziger Formen zu erkennen. »Ah«, sagte ich, »das ist ja ein Fischschwarm. Da sind die Saurier wohl nicht in der Nähe. Ich meine, sie verscheuchen doch sicher die Fische.«

»Was meinst du mit Fischen?« fragte Gideon.

»Wenn es Saurier wären, würde man das doch sehen, nicht wahr. Und dieser Fischschwarm .«

»Jim, schau mal her.« Gideon brachte mit einer kleinen Knopfdrehung ein sehr scharfes Bild herein. »Da, genau vor dir. Saurier. Ein paar hundert vermutlich. Sie sehen ziemlich klein aus, weil diese alten Zielschirme sehr stark verkleinern, aber da sind diese Saurier, knapp außerhalb unserer Reichweite.«

Ungläubig musterte ich diesen Schwärm, den ich für Fische gehalten hatte. Richtig, es waren tatsächlich Saurier, viele hundert sogar, und dazwischen bemerkte ich etwas, das mir noch viel gefährlicher erschien. Ich deutete. Gideon und David folgten mit dem Auge meinem Finger.

»Richtig, Jim«, antwortete David. »Das ist die Killer Whale. Sie wartet. Aber lange wird sie das nicht mehr tun.«