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Ich ließ sie hinter mir und holte kräftig aus. Druck spürte ich keinen, denn die wispernde, kichernde Elektrolunge auf meinem Rücken füllte meinen Blutstrom und meine Lungen mit Gas. Alle Giftspuren wurden herausgefiltert, so daß keine Gefahr bestand, unter der Beugekrankheit zu leiden, die vielen den Tod oder ein Krüppeldasein eingebracht hatten.

Eine Wassersäule von siebenhundert Fuß war enorm; wenn auch mein Körper den Druck abwehrte, so fühlte ich mich doch erschöpft, wenn ich auch nicht wußte, weshalb. Alle Energie schien aus mir herausgeronnen zu sein, und jede Bewegung der Flossen an meinen Füßen oder meiner Arme schien ungeheure Kraft zu erfordern. Es wäre viel einfacher gewesen, sich einfach treiben zu lassen .

Doch immer wieder fand ich die Kraft zur nächsten Bewegung. Allmählich kam die grünliche Korona der Bugaufbauten näher, zeichnete sich klarer ab, die Flutleuchten strahlten, und dann machte ich die Nummernreihe aus. Ich fand meine eigene Nummer, drückte den Knopf, das Licht erlosch. Langsam kehrte ich entlang der Führungsleine zur Schleuse zurück.

Neunhundert Fuß. Nur elf hatten den 700-Fuß-Test überstanden. Und von den elf restlichen wurden wieder sechs ausgeschieden. Sogar Eladio war unter ihnen, denn Lieutenant Saxons Elektro-Stethoskop hatte ein schwaches Herzgeräusch entdeckt.

Fünf waren noch geblieben, und zwei erwiesen sich als angeschlagen, als das Wasser in die Schleusenkammer strömte. Sie wurden schnell wieder hereingeholt. Drei waren der Rest. Ich war dabei. Und Cadet Captain Roger Fairfane, erschöpft, gereizt, aber grimmig entschlossen. Und David Craken, der Kadett aus Marinia.

Jetzt war nicht einmal mehr andeutungsweise ein Schimmer der Bugaufbauten oder der Scheinwerfer vom Übungsschiff zu erkennen. Ich schleppte mich durch das Wasser und konzentrierte mich auf das schwache Glühen der Führungsleine. Und wie schwach es in neunhundert Fuß Tiefe war!

Stundenlang schien ich mich durch eine Gallertmasse zu mühen, ohne voranzukommen. Plötzlich bemerkte ich einen matten Schimmer und davor irgend etwas, ein nicht erkennbares Seewesen ...

Zwei waren es. Und dann wußte ich auch, was es war: David Craken und Roger Fairfane. Sie hatten die Schleuse einen Augenblick vor mir verlassen, ihre Ziele erreicht und nun den Rückweg angetreten. Kaum daß sie mir einen Blick zuwarfen. Ich kämpfte mich mühsam zurück. Als ich einen Knopf gedrückt hatte, sah ich sie nicht mehr, sondern erst wieder, als sie erneut auf dem Rückweg waren.

Oder das dachte ich wenigstens. Etwas bewegte sich neben mir im Wasser. Ich schaute genauer hin. Fische. Dutzende von kleinen Fischen, die direkt meinen Kurs an der Führungsleine querten.

Nun, Fische in den Bermuda-Gewässern sind nichts Ungewöhnliches, nicht einmal in neunhundert Fuß Tiefe. Aber diese Fische schienen Angst zu haben. Wovor nur? Ich schaute in die Richtung, aus der sie kamen ...

Und da sah ich etwas, das ich nicht glauben konnte. Es war ein Schatten vor dem tieferen Schatten des Portgeländers am Übungsschiff, und er hing, wie mir schien, über dem Geländer. Das Ding sah aus wie ein Kopf; unfaßbar, doch es hatte genau diesen Umriß, ein riesiger, hoch erhobener Kopf mit winzigen Schlitzaugen ...

Vielleicht hätte ich nun Angst haben sollen, aber in neunhundert Fuß Tiefe fehlte mir dazu die Kraft. Ich zweifelte jedoch nicht an dem, was ich sah.

Und dann war es plötzlich weg, als sei es nie da gewesen.

Nichts geschah mehr. Ich wartete eine Weile, bis mir einfiel, daß ich hier ja gar nicht sein sollte. Ich mußte etwas tun, ich hatte ein Ziel. Ich mußte zur Schleuse zurück ... Ich zwang mich dazu, mich wieder in Bewegung zu setzen, und es fiel mir ungeheuer schwer.

Diese Führungsleine schien Millionen Meilen lang zu sein. Ich bot meine ganze Kraft auf, um möglichst rasch an ihrem Ende anzukommen, und schließlich sah ich tatsächlich die Aufbauten und die Schleuse. Mühsam zog ich mich hinein und schaute zurück.

Es war nichts mehr da.

Das äußere Schleusentor schloß sich, die Pumpenmotoren begannen zu summen und das Wasser hinauszudrängen.

Ich weiß nicht, was die anderen beiden gesehen hatten, doch sie sahen ebenso erschöpft aus wie ich, als Trainer Blighman hereinkam. Seine Stimme klang wie Donner in dem kleinen Raum, doch er lachte.

»Gratuliere, Männer! Ihr seid richtige Seekühe, ihr habt das bewiesen. Neunhundert Fuß! Das ist ein Rekord, und während meiner ganzen Trainerzeit an der Akademie habe ich nicht einmal ein halbes Dutzend Kadetten gesehen, die das schafften! Und jetzt seid ihr sogar drei in einer Klasse!«

Ich kam allmählich wieder zu Atem. »Trainer«, sagte ich. »Lieutenant Blighman, ich .«

»Moment, Eden. Bevor du was sagst, will ich etwas fragen.« Jetzt, in dem kleinen hellen Raum, war ich mir nicht mehr sicher, was ich gesehen hatte. Es schien alles so weit weg zu sein .

»Ihr seid alle qualifiziert, daran ist nicht zu rütteln«, sagte Blighman. »Aber Lieutenant Saxon läßt fragen, ob jemand von euch einen weiteren Versuch machen will mit noch zweihundert Fuß tiefer. Das ist absolut freiwillig, und niemand soll sich verpflichtet fühlen, es zu tun. Aber er hofft, diese neuen Injektionen könnten einen weiteren Tiefenrekord ermöglichen. Das würde er gerne ausprobieren. Nun, was meint ihr dazu, Männer?«

Er schaute uns mit seinen glühenden Haiaugen an.

»Eden? Alles in Ordnung? Du siehst aus, als würdest du allmählich Reaktion zeigen.«

»Vielleicht trifft das auch zu, Sir.« Ich zögerte, denn wie sollte ich ihm das mit einem riesigen Schlangenkopf begreiflich machen?

Er ließ mir keine Chance. »Na, gut, Eden. Ist erledigt, und du kommst also nicht in Frage. Kein Wort mehr darüber. Hast deine Sache großartig gemacht. Hat keinen Sinn, etwas zu riskieren ... Craken?«

»Jawohl, Sir«, antwortete er so leise, daß er kaum zu verste-hen war. »Ich bin bereit.«

Fast hätte ich ihn vor dieser Schlange gewarnt, aber da fiel mir ein, was ich vorher über Seeschlangen zu ihm gesagt hatte. Es gab doch keine Seeschlangen, und jeder wußte es. Vielleicht war dies nur eine Einbildung von mir gewesen, verursacht von der übergroßen Anstrengung der Tiefe.

»Fairfane?«

»Ich bin okay«, antwortete dieser etwas mühsam. »Gut. Wir tauchen.«

Seetrainer Blighman musterte ihn nachdenklich, dann zuckte er die Schultern. Ich wußte genau, was er dachte. Fairfane sah gar nicht so gut aus, aber Blighman war der Meinung, die Ärzte würden es schon entdecken, falls etwas nicht in Ordnung wäre.

Die Ärzte kamen und stellten fest, die beiden seien fit, den Versuch zu wagen. Dann schickte Blighman die Ärzte und mich aus der Schleuse. Ich sah gerade noch, daß Roger Fairfane David anfunkelte und etwas zu ihm sagte; ich glaubte zu hören: »Du wirst aus mir nie einen Geleehering machen.«

Elfhundert Fuß. Trainer Blighman nahm mich mit in den Kontrollraum, damit ich Fairfane und David Craken bei ihrem Test beobachten konnte.

Die Schiffsmotoren rumpelten und sangen und brachten uns weitere zweihundert Fuß nach unten. Die Ballasttanks wurden genau ausgewogen, denn es war ungeheuer wichtig, daß das Übungsschiff ganz ruhig im Wasser lag; die Wasserbewegung würde nämlich die Schwimmer wegtragen. Die Tauchflossen waren in diesem Fall nutzlos, die Lage des Schiffes im Wasser wurde allein von den Ballasttanks stabilisiert.

Das Schiff lag endlich ruhig da, die Schleuse wurde geflutet. Ich sah, wie sich die Blende öffnete wie eine Kameralinse, und David und Roger kamen langsam durch die Schleusentür.

Durch die dicken Linsen des Beobachtungsports sahen sie klein und verzerrt aus. Sie schwammen langsam und schwerfälliger weg, und als sie aus unserem Blickfeld verschwanden, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Verrückt oder nicht - ich hätte sie vor dem warnen müssen, was ich gesehen hatte. Ich wartete. Sie kamen nicht zurück. Allerdings waren auch erst Sekunden vergangen.