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»Die Walroßmenschen«, sagte der Herrscher, »stammen aus dem Eisreich. Die Thanoi schlafen im Freien, also brauchtest du für sie keine Häuser zu bauen.«

»Das hilft wenig. Ich muß den Ettin und Kitiara verfolgen und unglaublich viel Energie darauf verwenden, über diese gewaltige Strecke mit Res-Lacua zu sprechen. Du treibst mich bereits bis an die Grenzen meiner Kraft, Valdan, und es gibt auf ganz Krynn keinen Magier, der dir besser dienen könnte.«

»Jedenfalls keinen so bereitwilligen«, murmelte der Valdan.

Ungerührt fuhr Janusz fort. »Ich muß all unsere Vorräte herbeiholen. Ich muß für dich spionieren, die Händler und die Sklaven überwachen und zahllose andere Dinge erledigen. All das bei nur drei Stunden Schlaf pro Nacht.«

Der Valdan lehnte an einem brokatüberzogenen Stuhl, der dem glich, auf dem der Zauberer saß. Er wartete, bis die Wut des Magiers von selbst nachließ. »Aber denk an den Lohn, der dich erwartet, Janusz. Der Mann, der die Eisjuwelen hat und ihr Geheimnis kennt, kann Krynn regieren. Denk an die Armeen, die durch ganz Ansalon transportiert werden können! Den taktischen Vorteil!« Mit roter Zunge leckte er sich die Lippen, so daß Janusz vor Widerwillen die Augen abwandte.

»Denk an die Macht«, sagte der Valdan lächelnd. Er betrachtete den Magier. Dann griff er an seinen Gürtel und zog einen verzierten Dolch. Während er Janusz absichtlich übersah, prüfte er die Spitze, indem er sie über die dünne Haut an seinen Pulsadern zog. Die Wunde blieb sauber und blutete nicht. Dann schloß sie sich im Nu wieder, ohne eine Narbe zu hinterlassen. »Sollen wir das Blutband weiter auf die Probe stellen, Zauberer?« höhnte der Valdan. »Oder bist du mir treu ergeben?«

»Nicht!« Unwillkürlich stieß der Magier einen Schrei aus.

Der Valdan lachte und steckte die Waffe in die Scheide zurück. Immer noch lachend ging er zur Tür. Als er dort war, meinte er, ohne sich noch einmal umzudrehen: »Denk an deine Familie, Zauberer. Deine Geschwister wären inzwischen erwachsen, oder?«

An seine Familie denken? Als ob er sie je vergessen könnte. Die Tür fiel hinter dem rothaarigen Mann ins Schloß. Als ob er sie je vergessen könnte.

Als Kind war Janusz so einnehmend gewesen wie viele andere Kinder. Schon früh hatte er Begabung für die Magie gezeigt, doch seine Familie war so arm gewesen wie alle Tagelöhner in dem Reich nördlich der Stadt Kernen. Die einzige Erleichterung ihrer erdrückenden Armut kam jedes Jahr an Mittwinter, wenn die Bauern sich im Schloß des Vaters des Valdan versammelten, um eine Gnade zu erbitten – ein besonderes Geschenk, das der Valdan selbst bestimmte.

Janusz’ Eltern, die mit zu vielen Kindern gesegnet waren und wenigstens einem von ihnen eine Ausbildung ermöglichen wollten, hatten ihn mit zehn Jahren ins Schloß des Valdan gebracht. Mit tiefer Verbeugung hatten sie den Valdan gebeten, den Jungen an seinem Hof aufzunehmen und zum Magier ausbilden zu lassen. Ganz sicher würde der Junge es ihm durch treue Dienste reichlich vergelten.

Janusz sah jenes Mittwinterfest jetzt so deutlich vor sich, als wäre es gestern gewesen. Er erinnerte sich an die besorgten blauen Augen des damaligen Valdan und den scharfen, begeisterten Blick des Jungen in seinem Alter, der auf einem kleinen Thron neben seinem Vater saß und jede Bewegung des Herrschers nachahmte.

Der Valdan nahm Janusz und seine Eltern zur Seite, wo sie außer Hörweite des restlichen Hofstaats waren. Ja, erklärte der Valdan dem Paar, er war mit ihrem Plan einverstanden, allerdings unter einer Bedingung – der Junge mußte einem durch Magie besiegelten Blutband zwischen sich und dem kleinen Sohn des Valdan zustimmen.

Dann nahm der Valdan den kleinen Janusz beiseite. »Ich hab’ schon von dir gehört«, hatte der alte Valdan gesagt, der sein zerfurchtes Gesicht nah an das des Jungen heranbrachte. Er roch nach Krankheit. Seine Hände waren ausgedörrte Klauen. »Ich habe gehört, daß du schon früh Begabung für die Magie gezeigt hast. Meine Berater sagen mir, daß du sehr mächtig sein wirst, wenn du groß bist.« Er hustete, griff nach dem Jungen und lehnte sich schwer auf dessen Schulter. »Es wirft ein gutes Licht auf deine Eltern, daß sie sich wünschen, daß der Hof aus deiner beachtlichen Begabung seinen Nutzen zieht.« Janusz hatte auf den Marmorboden gestarrt, weil er nicht wußte, was er sagen sollte. Er wußte, warum er und seine Eltern, Sabrina und Godan, hier waren. Sie erwarteten ein weiteres Kind, doch die Hütte im Tal war schon jetzt zu eng für die Familie. Der Mann und die Frau brauchten starken Nachwuchs, Kinder, die vom ersten Hahnenschrei bis zum Abend auf den Feldern arbeiten konnten. Dieser schmächtige, leicht ermüdende Junge hatte durch seine Taschenspielereien auf Jahrmärkten nur ein kleines Zubrot verdienen können.

»Junge?« hatte der Valdan geflüstert. Der kleine Janusz hatte dem Mann in die Augen geblickt, die von Schmerzfurchen umgeben waren. Dann sah er seine Eltern an. Seine Mutter hielt ihre geflickte Robe vor sich zusammen, doch man sah ihre Schwangerschaft.

»Ich bin einverstanden«, sagte er entschlossen.

»Ein Blutband bedeutet kein einfaches Leben«, warnte ihn der Alte. »Du wirst zum Magier ausgebildet, ja, aber du wirst diese Magie so einsetzen, wie mein Sohn es befiehlt.«

Die Warnung ließ den Jungen innehalten. »Und wenn er etwas befiehlt, was ich für falsch halte?«

Der Valdan lächelte. »Es ist lange her, seit jemand zum letzten Mal die Richtigkeit der Entscheidungen eines Valdan in Frage gestellt hat. Wie erfrischend, daß jemand es in Betracht zieht.« Er sah zu der Gruppe zurück, die sich um den großen, leeren Thron und den kleinen scharte, auf dem sein Sohn saß, der so alt war wie Janusz. Der Kleine, dessen Haar im Fackellicht orangerot glänzte, wies herrisch mit der Hand auf die obersten Berater des Valdan und gab ihnen Befehle. Sie zögerten, weil sie offensichtlich hofften, ihr Herr würde zurückkehren und die Anweisungen widerrufen.

»Janusz«, hatte der Valdan gedrängt, »bist du ein guter Mensch? Und möchtest du ein guter Mann werden, der allem Bösen widersteht?«

»Ich möchte die weißen Roben des Guten tragen, Sir.«

Der Valdan runzelte die Stirn. »Hast du denn einen starken Willen?« Er griff den Jungen an den Oberarmen und drückte schmerzhaft zu. Schweißperlen standen auf der Oberlippe des Herrschers.

»Meine Mutter sagt, ich bin ausgesprochen stur, Sir«, entgegnete Janusz.

Dabei blickte er seinem Herrscher tief in die Augen. Der Valdan hatte wieder dünn gelächelt. »Das sagen Mütter gern zu Söhnen in deinem Alter, Junge«, flüsterte er. »Sogar meine eigene Frau.« Das Lächeln des Herrschers erstarb. Dann durchbohrte er Janusz mit seinem Blick. Seine Hände waren fiebrig heiß.

»Ich würde es nicht tun, wenn ich die Wahl hätte«, sagte er zu dem Jungen. »Ein Blutband hat hier seit vielen Generationen keiner mehr gewagt. Aber… ich will versuchen, für dich zu sorgen. Bist du dir deiner Entscheidung ganz sicher? Triffst du sie frei, ohne Druck durch die Familie? Du mußt einen mäßigenden Einfluß auf meinen einzigen Sohn ausüben. Er neigt zur Selbstsucht. Ich fürchte, ich war ein schlechter Vater für ihn, besonders in den letzten Monaten.«

Janusz hatte seinen Blick durch den prächtigen Saal schweifen lassen, in dem die drei Kamine eine erstickende Hitze verbreiteten. Die Überreste eines großen Mahls standen noch auf dem Tisch. Angesichts der Bratenreste, auf denen das Fett zusammengelaufen war, lief ihm vor Hunger das Wasser im Mund zusammen. Er hatte seit einem Monat weder Fleisch noch Milch bekommen. Dann fing er den ängstlichen Blick seiner Eltern auf. Seine Mutter taumelte am Arm seines Vaters.