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»Woran sind sie wohl aufgehängt, was meinst du?« flüsterte sie Lida zu. »Was – «

»Nicht anfassen!« rief Lida aus. Zu spät und zu weit weg streckte sie die Hand aus, um die Bewegung der Kriegerin aufzuhalten.

Kitiara hatte die Fingerspitzen an die Eiswand gelegt. Sie war kalt, aber nicht allzu…

Dann runzelte sie die Stirn und zog.

Die Fingerspitzen ihrer rechten Hand waren an der Wand festgefroren. Hinter und über sich hörte sie, wie Janusz lachte.

Im Nu war Lida bei ihr. »Faß die Wand nicht noch mit der anderen Hand an«, warnte sie, während sie Kitiaras Finger untersuchte. »Tut es weh?«

Kitiara schüttelte den Kopf. »Was ist das für ein Zeug?«

»Eis«, erwiderte Lida gereizt. »Hast du noch nie im Winter mit der Zunge eiskaltes Metall berührt? Das hier funktioniert genauso. Aber ich habe dich gewarnt. Hörst du denn nie auf irgend jemanden außer Kitiara Uth Matar?«

Was für eine Frechheit! »Ich steh’ doch nicht hier rum und lass’ mich von einer wie dir beleidigen«, fauchte Kitiara.

»Nein?« fragte Lida. »Und wo willst du hin, Hauptmann Uth Matar?« Von der gefrorenen Wand ringelte sich dünner Dampf hoch.

Kitiara starrte Lida an. Dann drehte sich die Kriegerin wieder zur Wand um, umklammerte mit der linken Hand ihr rechtes Handgelenk und zog. »Ich brauche einen Dolch oder so etwas. Dann schneide ich mich los.«

In der Tasche tastete sie nach dem scharfen Stein, den sie im Wolfsschlitten heimlich aufgehoben hatte. Obwohl sie in einem schwierigen Winkel stehen mußte, begann Kitiara, mit der linken Hand ungeschickt das Eis um ihre gefangenen Finger abzuschlagen. Das Zeug schien hart wie Eisen zu sein. Janusz lachte wieder. Dann hörte der alte Magier auf und bellte Lida ein paar Worte in einer anderen Sprache zu. Es klang wie Altkernisch. Kitiara hatte die Diener des Valdans einige Male in dieser Sprache reden hören, wenn sie nicht wollten, daß die fremden Söldner sie verstanden.

Wortlos sah Lida ihren einstigen Lehrer an, der ihre wahre Identität noch nicht erkannt hatte. Dann wandte sie sich Kitiara zu. »Laß mich mal.«

Zweifellos würde Lida mit zwei Händen mehr bewerkstelligen als Kitiara mit einer. Kitiara übergab ihr das Stück Schiefer.

»Mach die Augen zu«, sagte Lida. Obwohl Kit sich über ihre eigene plötzliche Fügsamkeit wunderte, befolgte sie die Anweisung der Zauberin.

Mit leisem Gemurmel näherte Lida sich Kitiara. Sie schien jemanden anzurufen – einen Gott. Kitiara hörte etwas rascheln und wußte, daß Lida in einer Tasche ihrer Robe kramte. Ein leichter Hauch warmer Luft streifte Kitiaras linke Wange. Er hob sich von der Kälte ab, die von der Wand ausging. Kitiara merkte ein kräftiges Tippen an jedem Finger, machte jedoch die Augen nicht auf.

Sie zog an ihrer Hand, und da bewegte sich das Eis unter ihren Fingern. Es war, als wäre das Eis einen Herzschlag lang getaut und wieder gefroren. Doch ihre Finger klebten immer noch an der Wand.

»Ich dachte, du könntest hier nicht zaubern?« flüsterte Kit.

»Janusz hat mich freigegeben«, entgegnete Lida mit normaler Lautstärke. »Er sagt, selbst im vollen Besitz meiner Kräfte wäre ich hier keine Gefahr.« Sie schluckte, holte tief Luft und fuhr fort. »Bleib ruhig. Wenn du merkst, daß das Eis zittert, ziehst du. Paß auf, daß du das Eis nicht mit der anderen Hand oder überhaupt mit bloßer Haut berührst. Ich glaube, so wird es gehen. Ich habe es noch nie probiert.«

Lida flüsterte weitere magische Worte.

Kitiara riß die Augen auf. »Du glaubst…?«

»Zieh!«

Und Kitiara zog. Sie verspürte kurz einen heftigen Schmerz, dann war ihre Hand frei. Sie sah die Wand an. Fünf kleine Vertiefungen waren im Eis zu sehen. Noch während sie hinsah, wurde das Wasser wieder zu Eis. Als sie ihre Hand untersuchte, waren die Fingerspitzen blaßblau, aber heil. »Gute Arbeit«, knurrte Kitiara.

»Allerdings«, kommentierte Janusz von oben. »Ein kleiner Trick, der zu einer Karnevalsfeier paßt. Ich könnte dir soviel mehr beibringen, Lida.«

Kitiara fuhr zu Lida herum. »Das hat er dich drüben im Minotaurenlager gefragt, hm?« fragte Kitiara. »Als ich fort war. Er hat dich gebeten, dich ihnen anzuschließen. Und du hast abgelehnt, hm?«

»Ich bin keine Verräterin«, schimpfte Lida. »Ich mache keine gemeinsame Sache mit dem Feind.«

Plötzlich wurde Janusz zur Seite geschoben. Ein wutverzerrtes Gesicht trat in die Nische über ihnen.

»Kitiara Uth Matar!« donnerte der Valdan. Seine roten Haare standen wie eine Krone von seinem Kopf ab. Lidas Gesicht verzog sich. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück.

»Wovor hast du Angst, Zauberin?« fragte Kitiara Lida mit durchdringendem Flüstern. »Im schlimmsten Fall endest du als Verbündete eines mächtigen Zauberers. Du bist nicht ernstlich in Gefahr.« Ihre nächsten Worte richtete Kitiara an den Valdan. »Seid Ihr so schwach, daß Ihr Euch hinter den Röcken Eures Zauberers verstecken müßt, Valdan?«

Der Valdan schien aus ihrem Hohn Kraft zu schöpfen. »Du machst es einem so leicht, dich zu hassen, Hauptmann. Aber ich habe dich aus einem bestimmten Grund hierhergebracht.«

»Um die verlorenen Eisjuwelen wiederzubekommen«, fiel Kitiara wieder ein. »Ich habe sie nicht…«

»Töte sie«, warf der Valdan Janusz zu.

»… aber ich weiß, wo sie sind.«

Lächelnd hielt Kitiara dem Blick des Valdans stand. Langsam, fast gegen seinen Willen, brachte auch der Herrscher ein Lächeln zustande. In seinem Blick lauerte Grausamkeit, in ihrem Dickköpfigkeit. »Ich kenne dich gut genug, Kitiara Uth Matar, also weiß ich, daß nicht einmal unsere beste Folter dich zum Reden bringen wird. Deshalb bist du auch so eine herausragende Söldnerin.«

»Deren Fehler Dreenas Tod verschuldet hat«, warf der Zauberer des Valdans ein, doch der Herrscher hörte nicht auf ihn.

»Vielleicht können wir einen Kompromiß aushandeln, Hauptmann«, sagte der Heerführer. »Ich kann dir fast grenzenlose Macht anbieten.«

»Sobald ihr die Eisjuwelen habt, bringt ihr mich um«, sagte Kitiara.

»Wir könnten auch deine Freundin martern, die alte Dienerin meiner Tochter. Vielleicht stimmt dich das um.«

Kitiara warf der jungen Magierin einen kalten Blick zu. »Wir sind keine Freunde«, erwiderte Kitiara. »Macht mit ihr, was ihr wollt.«

Der Valdan lachte. »Wie wäre es dann mit einigen deiner Liebhaber? Mein Zauberer hat mir verraten, daß zwei von ihnen bereits nach Süden eilen – in Begleitung eines schwarzen Hengstes und einer Rieseneule. Ist nicht einer von ihnen der Vater deines Kindes? Das muß doch selbst dir etwas bedeuten.«

Lida sagte: »Ihr habt sie gefunden? Und die Rieseneule ist bei ihnen?« Sie war den Tränen nahe.

Janusz nickte. »Zu eurem Unglück haben Kitiara und Caven persönliche Dinge zurückgelassen, als sie aus dem Lager des Valdans geflohen sind. So hatte ich etwas aus ihrem Besitz, mit dessen Hilfe ich sie beobachten konnte. Ich weiß mehr über dein Leben in den letzten paar Monaten, als du vielleicht glaubst, Hauptmann.«

Kitiara überlegte rasch. Der Zauberer glaubte offensichtlich, daß sie die Eisjuwelen versteckt hatte. Das brachte ihr einen kleinen Vorteil – vorläufig. Sie brauchte Zeit, um einen Plan auszuhecken. Und sie brauchte Verstärkung. Wenn sie die Eisjuwelen doch bloß wirklich versteckt hätte. Zur Zeit lagen sie anscheinend entweder vergessen auf der Lichtung im Düsterwald, oder Tanis und Caven brachten sie unwissentlich zum Schlupfwinkel des Valdans.

»Meine Freunde und ich arbeiten zusammen. Sie wissen wichtige Dinge über die Eisjuwelen«, sagte sie leichthin. »Ihr müßt dafür sorgen, daß sie sicher hier ankommen, wenn wir ins Geschäft kommen wollen, Valdan.«

Der Valdan nagelte sie mit seinem stechenden Blick fest. »Vielleicht«, sagte er schließlich. »Denn wenn du lügst, kann ich sie später immer noch töten. Und dich auch. Zumindest könnten eine oder zwei Wochen in meinem Verlies deinen Ton ändern, Hauptmann.«