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»Was?«

Nichts. Alles. Ich muß Hilfe holen.

»Wen?«

Der Riesenvogel antwortete nicht. Xanthars Füße kratzten über den Sandstein, als er von dem Halbelfen fortwatschelte. Der Vogel atmete rasselnd. Tanis spürte das Kitzeln in seinem Kopf, das er auch schon bemerkt hatte, wenn der Vogel telepathisch nur mit Lida sprach. Irgendwann wurde die Eule still, und Tanis stellte fest, daß Xanthar eingeschlafen war. Der Halbelf zog sein Schwert aus dem Gepäck und hielt Wache. Die Höhle war zwar unbewohnt, aber es konnte sein, daß ein früherer Bewohner zurückkehrte. Tanis öffnete Kitiaras Sack und schlug den falschen Boden auf. Die Eisjuwelen strahlten in einem kalten, violetten Licht, das einen gewissen Trost spendete. Schließlich ließ der Sturm nach. Es war die Stille, nicht Tanis, welche die Rieseneule weckte. Es ist vorbei. »Ja.«

Die Eule schlurfte auf den Eingang der Höhle zu. Jetzt rutschten Sand und Staub über den Hang in ihr Versteck hinein.

Wir müssen jetzt aufbrechen. »Was ist mit Caven?«

Er hat gewußt, daß es eine gefährliche Reise wird. Er hätte eins meiner Kinder reiten können, aber er wollte ja bei seinem Pferd bleiben. Wir müssen weiter. Wir haben Zeit verloren.

»Vielleicht hat sich Caven auf der Ebene verirrt. Ich finde, wir sollten nicht ohne ihn weiterziehen.«

Xanthar seufzte. Du hast eine merkwürdig großzügige Einstellung gegenüber deinem Rivalen um Kitiaras Gefühle. Ich vermute, das macht deine elfische Erziehung; jedenfalls stammt solche Nächstenliebe nicht von deiner menschlichen Seite.

Die beiden brauchten eine halbe Stunde, bis sie sich aus der Höhle ausgegraben hatten. Sobald sie etwas Sand fortgeschoben hatten, rutschte neuer nach. Der Sand hatte eine Vielzahl von Farben: Braun natürlich, aber auch Grün und Rosa und Grau. Unter anderen Umständen wäre er schön gewesen. Aber jetzt drang der Staub und Schmutz Tanis in Mund und Nase und nahm ihm die Sicht. Der Halbelf und die Rieseneule husteten und niesten, als sie schließlich ans Tageslicht krochen.

Caven und sein Pferdchen liegen vielleicht tot und begraben unter Tonnen von diesem Zeug. Mehr wissen wir nicht. Wir sollten weiterziehen. Um Kai-lids willen. Und für Kitiara.

Wieder schüttelte Tanis den Kopf. Der Vogel blinzelte ihn an. Als er sprach, klang er mehr wie der alte Xanthar. Interessante Situation. Ohne dich bin ich im Eisreich für Kai-lid praktisch nutzlos, und du kommst ohne mich in diesem Ozean aus Staub nicht vorwärts. Wir könnten die Sache noch stundenlang diskutieren und viel Zeit verschwenden. Tanis senkte den Blick nicht. Na schön, wir suchen den Esel.

Der Himmel war genauso blau und wolkenlos wie bei ihrer Ankunft über den Staubebenen. Tanis kletterte auf Xanthars Rücken, und sie brachen auf, um nach Norden zurückzufliegen. Schon nach einer Stunde zeigte Tanis mit einem Ausruf nach vorn. Am Horizont krabbelte inmitten des Sandmeers etwas Schwarzes, das aus ihrer Höhe wie ein Käfer aussah. In wenigen Augenblicken waren sie neben der kämpfenden Gestalt gelandet.

Es war Malefiz, den sie entdeckt hatten. Caven klammerte sich auf dem Rücken des Pferdes fest. Das Tier, dessen Fell von Schweiß- und Schaumstreifen durchzogen war, bockte wild, weil es durch den fließenden Sand unter seinen Hufen in Panik geriet. Caven war heiser vom Schreien. Seine Hände waren von den Zügeln blutig gerissen, sein Gesicht von Erschöpfung gezeichnet. Mann und Pferd waren gleichermaßen schmutzverkrustet.

Tanis langte nach Malefiz’ Zaumzeug, kämpfte einen Moment mit dem Tier, konnte es dann aber beruhigen. Kurz darauf streichelte er dem Hengst schon die Nüstern. Das Pferd atmete immer noch stoßweise, hielt jedoch still. Caven rutschte von seinem Tier in den Sand. Seine Beine wollten versagen, doch Tanis’ Hand wehrte er verärgert ab. »Mir geht’s gut, verdammt.«

Xanthar kicherte spöttisch. Ja, natürlich. Menschen!

Caven funkelte den Vogel an. »Ich sehe, dein Freund, der Piepmatz, redet immer noch, Halbelf.« Mensch und Vogel wechselten böse Blicke.

»Wo hast du den Sturm abgewartet?« fragte Tanis.

Caven kam auf die Beine, klopfte sich die Kleider ab und strich mit der Hand durch seinen Bart. Sand rieselte wie Schnee an ihm herunter. »Wir haben da hinten eine Felsnase gefunden.« Er zeigte nach Norden. »Ich dachte, auf der windabgewandten Seite wären wir geschützt.«

Xanthar schnaubte, was aus seinem Schnabel komisch klang. Caven fauchte die Eule an: »Na schön, du überdimensionaler Wellensittich, ich war naiv. Ich habe nicht gewußt, daß es in einem solchen Wirbelsturm keine windabgewandte Seite gibt.« Caven kniff die Augen zusammen. Dann drehte er sich wieder zu Tanis um. »Ich habe unsere Köpfe verhüllt, damit wir atmen konnten. Aber was für eine Wucht dieser Sandsturm hatte! Bei den Göttern! Ich begreife, warum in dieser verfluchten Gegend alles zu nichts zermahlen ist. So wäre es uns auch ergangen, wenn der Sturm noch etwas länger gedauert hätte.«

Tanis sah, daß Cavens Handrücken genauso aufgerissen waren wie seine Handflächen. Aus den Wunden sickerte Blut. Cavens Blick folgte dem von Tanis. »Ich mußte Malefiz festhalten. Meine Hände waren dem Sturm ausgesetzt.« Der Blick des Halbelfen ging zu dem Pferd zurück, dem der prasselnde Sand an einigen Stellen die Haare von der Haut gerieben hatte. »Die Frage ist«, stellte Caven fest, »was machen wir jetzt?«

Laß das Pony zurück. Ich trage euch beide.

»Das kannst du nicht«, sagte Tanis zu Xanthar. »Du wirst selbst mit nur einem Passagier immer schwächer, und du verlierst dein Augenlicht. Du hättest nicht einmal im Vollbesitz deiner Kräfte zwei Männer tragen können. Jetzt kannst du es ganz sicher nicht.«

Ich kann, wenn ich muß. Der Vogel richtete sich zu voller Größe auf, so daß er beide Männer überragte. Aufsteigen, alle beide.

Man konnte Xanthar absolut nicht davon abbringen. Sie hatten kaum eine andere Wahl. Tanis kletterte hinauf, doch Caven Mackid blieb störrisch neben ihnen stehen. Er hielt sein Pferd am Zügel. »Ich lasse Malefiz nicht zurück«, beharrte er.

»Der Hengst kann selbst aus der Ebene herausfinden«, sagte Tanis. »Wir haben genug Zeit verloren.« Als Caven unnachgiebig blieb, ergänzte Tanis: »Was ist dir wichtiger, Mackid, das Pferd oder Kitiara und die Zauberin?«

Ganz abgesehen von den Schrecken, die der Valdan über Ansalon entfesseln wird, wenn man ihn nicht aufhält.

Caven sah die beiden finster an. »Im Gegensatz zu Kitiara hat Malefiz mir nie meine Ersparnisse gestohlen, Halbelf. Und dieser Lida schulde ich schon gar nichts. Außerdem, Eule, wer sagt denn, daß wir den Zauberer und den Valdan wirklich aufhalten können, wenn es soweit ist?« Das Omen…

Caven schnaubte. »Ein verschleierter Traum. Der zudem noch im Düsterwald geträumt wurde. Und aus diesem armseligen Grund sollen wir unser Leben riskieren?«

»Wir ziehen weiter«, sagte Tanis müde. »Kommst du mit uns, oder willst du hierbleiben und mit deinem Pferd verrecken?«

Sie starrten einander an. Schließlich senkte der Kerner den Blick. »Ich reite nicht auf der Eule.«

»Dann bleib hier. Vielleicht trägt dich der Sand wie ein fliegender Teppich.«

Tanis nickte Xanthar zu. Die Rieseneule schwang sich wieder in die Lüfte. Als sie hoch über dem Kerner waren, sah der Halbelf schließlich wieder nach unten. Caven hatte den Hengst wieder bestiegen und trieb ihn durch den Sand. Malefiz kämpfte mit dem trügerischen Grund. »Hören die Wunder denn niemals auf?« murmelte Tanis der Rieseneule zu. »Caven reitet nach Süden. Will der Dummkopf immer noch ins Eisreich?«

Die Sonne schien warm auf seine rechte Wange. Weit vor ihnen konnte Tanis etwas sehen, das wie der Rand der Sandwüste aussah. Der Sand glitzerte.