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Der Krieger wurde wild vor Blutgier. Toj warf sich auf Tanis, doch Caven und Tanis trieben den Minotaurus mit dem Schwert zurück. Tojs Wutschrei vermischte sich mit dem Lärm der Schlacht. Die Peitsche schnellte vor, wickelte sich um Tanis’ linken Arm und zog den Halbelfen auf den Minotaurus zu.

Es gelang Tanis, einen kühlen Kopf zu bewahren. Er hatte das Schwert in der rechten Hand, war also noch nicht hilflos. Also ließ er es zu, daß Toj ihn vorwärts zog. Caven stürzte sich mit einem Kriegsschrei auf den Minotaurus, doch dieser hielt ihn mit der Axt auf Abstand. Gleichzeitig zog er Tanis unaufhaltsam näher heran.

Der Halbelf tat so, als würde er voller Panik gegen die Peitsche ankämpfen. Tanis sah, wie sich Befriedigung auf dem Fellgesicht des Minotaurus breitmachte. Als der Halbelf in Reichweite von Tojs Axt war, sah er, wie die Waffe auf ihn heruntersausen wollte.

Im gleichen Augenblick hörte Tanis auf, sich gegen den Zug der Peitsche zu wehren. Statt dessen sprang er auf den Minotaurus zu und wich so der Axt aus.

Tanis stieß sein Schwert tief in den Minotaurus. Bevor Tojs Kameraden Gelegenheit fanden, zu reagieren, stürmten Tanis und Caven auf Klecks und Goldener Flügel zu, die schon warteten. Augenblicke später kreisten die beiden Männer schon wieder hoch über dem Schlachtgetümmel.

Delged, der Kundschafter, rief Tanis und Caven zu: »Schnell!« Er und seine Eule schossen nach Süden. Das Brüllen der Schlacht hinter ihnen hatte nachgelassen, als Delged seine Eule zum Senkflug lenkte. Wieder wies er mit der Hand nach unten. Tanis sah die blaugraue Spalte im scheinbar endlosen Schnee, sah den Schatten, der Delgeds Worten zufolge den Eingang zum Schloß des Valdans verbarg. Goldener Flügel und Klecks landeten. Sie warteten, bis Tanis seinen Sack, den Bogen und das Schwert geholt hatte und auch Caven seine Waffe geholt hatte. Dann schwangen sich die Eulen wieder in die Luft und flogen mit Delged zurück in die Schlacht, ohne sich auch nur einmal umzusehen.

Tanis trat vorsichtig an den Rand der Gletscherspalte. Caven folgte ihm. Mit den Zehen stocherte er in dem etwas grauen Schnee herum. »Ich hoffe, die Kundschafter haben die richtige Spalte entdeckt«, murmelte Caven. Plötzlich brach ein Stück Schnee ab, dem die ganze Scholle folgte, die die Gletscherspalte verborgen hatte. Die beiden starrten ungläubig in die Tiefe. Die Seiten des Abgrunds strahlten unheimliches blaues Licht aus. Sie konnten keinen Boden erkennen.

»Springt einfach, hat Delged gesagt«, murmelte Caven leise. »Wenn ich bedenke, daß ich immer Höhenangst hatte…«

Tanis lächelte, denn das Lächeln verbarg seine eigene Angst.

»Sag mir noch mal, warum ich das mache«, fuhr Caven fort. Sein Gesicht war schweißnaß, und sein Blick hing wie gebannt an der Spalte.

»Das Gedicht«, erwiderte Tanis. »›Drei Liebende‹… Das sind wir, du und ich und Kitiara. Die ›Zaubermaid‹ ist Lida.«

»Das hast du so gesagt«, murmelte Caven. »Aber geh mal ein Stück weiter zu dem Teil mit ›Frostiger Tod im endlosen Schnee‹. Sind das auch wir?«

»Ich glaube, wir müssen alle beisammen sein, einschließlich der Eisjuwelen, damit Lida mit ihrer Magie den Valdan und seinen Zauberer besiegen kann«, meinte Tanis. »Ich hoffe, daß in dem Vers ihr Tod gemeint ist. Jedenfalls ist es jetzt zu spät, um umzukehren.«

»Es ist nie zu spät«, wandte der Kerner leise ein. Als Tanis ihm gerade antworten wollte, sprang Caven in die Spalte. Der Halbelf setzte ihm nach.

Bald standen sie sicher auf dem Boden, wo sie die Kerkerwände und die Leichen anstarrten. »An so einem Ort zu verhungern«, flüsterte Caven. »So sollte ein Krieger nicht sterben.« Seine Hände umklammerten das Schwert so fest, daß seine Knöchel weiß wurden.

Tanis zeigte auf das Portal, das in einiger Entfernung über dem Boden lag. »Wenn ich mich auf deine Schultern stelle, kann ich mich da hochziehen und dich dann nachholen.«

»Und die Eiswand?«

»Hoffen wir, daß die Salbe des Klerikers wirkt.«

»Wie aufmunternd«, sagte Caven. Der Kerner seufzte, bückte sich und verschränkte die Finger seiner Hände. Tanis setzte Caven einen Fuß in die Hände, kletterte auf seine Schultern und legte, nachdem der Kerner sich aufgerichtet hatte, zaghaft einen mit Salbe eingeriebenen Finger an den Rand des Portals. Sein Finger klebte nicht fest. Der Halbelf zog sich selbst hoch und warf Caven das Seil zu, das neben dem Portal an einem Haken hing. Tanis war nervös. »Es geht alles zu leicht«, murmelte er.

Caven hörte ihn. »Du bist zu mißtrauisch, Halbelf. Selbst wenn sie gewußt haben, daß wir kommen, werden sie sicher glauben, daß wir im Kerker festsitzen oder an den Wänden hängen wie die anderen.«

Mit gezückten Schwertern standen sie reglos im Gang. »Nichts zu hören«, stellte Tanis fest.

»Wir sind tief unter der Oberfläche«, fügte Caven zweifelnd hinzu.

»Gibt es denn gar keine Wachen?«

Die beiden Männer schlichen durch den Gang. Die Eisbeleuchtung war so gleichmäßig, daß sie keine Schatten warf, sondern beide Männer in geisterhaftes Zwielicht tauchte. »Vielleicht ist es ein gutes Zeichen, daß Kitiara und Lida nicht im Verlies waren«, flüsterte Caven. »Vielleicht behandelt der Valdan sie gut.«

»Und vielleicht sind die Frauen übergelaufen«, sagte Tanis.

»Kitiara vielleicht. Aber nicht die Zauberin.«

Sie kamen ans Ende des Ganges. Zwei Gänge führten nach rechts und links weiter. Ein Stückchen weiter unten verzweigten sie sich erneut. Caven fluchte. Tanis wählte den ganz rechten und ging darauf zu. »Der ist genauso gut wie jeder andere«, erklärte er Caven.

Caven hatte gerade das Gangende erreicht. Als er noch zögerte, warf sich eine behaarte Gestalt auf ihn. Eine zweite Gestalt packte Tanis von hinten. Drei weitere Ettins warteten hinter den ersten beiden. Die beiden Männer wehrten sich, doch sie waren hoffnungslos unterlegen. Bald hatten die Ettins sie überwältigt und entwaffnet.

»Gefangen, gefangen«, trällerte der eine Ettin. »Meister hat recht. Große, dumme Männer gehen gleich in die Falle.« Höhnisch sprang er auf und ab und knallte vor lauter Überschwang Cavens Kopf zweimal gegen die Wand.

»Große, dumme… Du Trottel, Res-Lacua!« schimpfte Caven los. »Hör auf zu springen!«

Der Ettin blieb stehen und starrte den Kerner mit beiden Augenpaaren an. »Du kennen Res?« fragte der rechte Kopf argwöhnisch.

»Ich kämpfe für den Valdan, du Armleuchter! Erinnerst du dich nicht an mich?« Als der rechte Kopf weiter sprachlos blieb, wandte sich Caven an Lacua. »Erinnerst du dich an mich?«

Lacua nickte langsam. »Lange her. Jetzt nicht.«

»Laß mich los«, befahl Caven.

Tanis sagte nichts. Langsam ließ der Ettin Caven Mackid herunter. Der Kerner zog seine Kleider zurecht. »Jetzt bring mich und meinen Gefangenen zu Hauptmann Kitiara.«

Res-Lacua starrte von Caven zu Tanis. »Gefangener?«

»Ja. Ein… ein Geschenk für Hauptmann Kitiara.«

Zwei Paar Augenbrauen zogen sich zusammen. »Nicht Hauptmann.«

»Doch, Hauptmann.«

»General.«

Caven konnte gerade noch seine Verblüffung verbergen. »Ja… Gut, bring mich zu General Kitiara.« Er richtete sich auf. »Jetzt!« fügte er hinzu. Die vier Augen des Ettins richteten sich wieder auf Tanis, der zusammensackte und sich Mühe gab, so gefangen wie möglich auszusehen. Die anderen Ettins murmelten etwas, doch der Halbelf verstand ihre Sprache nicht.

»Meister hat gesagt, zu ihm bringen«, beharrte Res-Lacua.

»Zu General Kitiara. Er wollte sagen, zu General Kitiara«, beharrte Caven. »Das hat er mir so gesagt. Nachdem du ihn verlassen hattest – äh, gerade eben. Ich komme gerade von ihm.«

Zwei Paar Schweinsäuglein blinzelten. Res-Lacua runzelte die Stirn. »Zum Meister bringen«, sagte Lacua störrisch. »Ja, ja«, fügte Res hinzu. Gerade als Caven anscheinend noch einmal darauf bestehen wollte, hellte sich das linke Gesicht des Ettins auf. »Aber«, sagte Lacua glücklich, »General bei Meister.«