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„Wir sind doch später noch allein, wenn Sie mich nach Hause bringen“,

antwortete sie lachend.

„Sicher, aber was passiert dann? Bestimmt dasselbe wie beim letztenmal!“ reagierte Conway sauer. „Wir schleichen uns auf Zehenspitzen an ihre Zimmertür heran, um bloß nicht Ihre Mitbewohnerin zu wecken, die wieder einmal Frühschicht hat, und dann dröhnt plötzlich diese verdammte Roboterstimme los.“ Conway begann mit Zornesröte im Gesicht eine automatische Stimme nachzuahmen und fuhr quäkend fort: „. soweit ich feststellen kann, sind Sie zwei Wesen der Klassifikation DBDG und verschiedenen Geschlechts. Weiterhin ist mir aufgefallen, daß Sie bereits seit zwei Minuten und achtundvierzig Sekunden eng nebeneinanderstehen. Unter diesen Umständen muß ich Sie bei allem Respekt auf den Paragraphen dreiundzwanzig, Absatz drei der Hausordnung für DBDG-Schwesternquartiere hinweisen, der sich auf die Beherbergung von männlichen Gästen bezieht und.“

Schwester Murchison erstickte fast vor unterdrücktem Lachen und stammelte: „Tut mir leid, das muß wirklich furchtbar frustrierend für Sie gewesen sein.“

Conway stellte verdrossen fest, daß ihr scheinbar bedauernder Gesichtsausdruck durch das vorangegangene unterdrückte Lachen leider verdorben wurde. Er rückte ein Stück näher zu ihr heran, umfaßte behutsam ihre Schulter und sagte: „Das war es wirklich und ist es auch immer noch. Ich will mit Ihnen reden, und ich werde leider keine Zeit haben, Sie heute abend zu Ihrer Unterkunft zu bringen. Aber ich möchte mich nicht hier mit Ihnen unterhalten, weil Sie immer ins Wasser verschwinden, sobald ich Sie in die Enge getrieben hab. Verstehen Sie mich bitte richtig, ich möchte Sie wirklich in die Enge treiben, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Ich muß Ihnen einfach einige ernste Fragen stellen. Unser rein freundschaftliches Verhältnis bringt mich nämlich allmählich um und.“

Die hübsche Schwester schüttelte nachdenklich den Kopf, nahm seine Hand von ihrer Schulter, drückte sie und sagte schließlich etwas verwirrt: „Kommen Sie, lassen Sie uns schwimmen gehen.“

Als Conway sie kurz darauf ins Wasser scheuchte, fragte er sich, ob sie vielleicht nicht doch ein wenig telepathisch veranlagt war; jedenfalls legte sie ein Tempo vor, als würde sie tatsächlich um ihr Leben rennen.

Bei den hier herrschenden Gravitationsverhältnissen war das Baden ein fast berauschendes Erlebnis. Die Wellen waren hoch und steil, und der kleinste Wasserspritzer schien sekundenlang in der Luft zu schweben, wobei jeder einzelne Tropfen rot und gelb in der Sonne schillerte. So konnte der schlecht ausgeführte Hechtsprung eines Wesens, das einer besonders schwergewichtigen Spezies angehörte, wirklich atemberaubende Effekte erzielen — insbesondere FGLIs neigten mit ihren massiven Körpern immer wieder zu unglaublichen Bauchklatschern.

Conway kraulte gerade wie aufgedreht am Rande eines gewaltigen Wellenbergs, der von einem Tralthaner verursacht worden war, hinter Schwester Murchison her, als ein knackendes Geräusch das Einschalten der Lautsprecher auf den Felsen signalisierte.

„Doktor Conway, bitte melden Sie sich zur Einschiffung in Schleuse sechzehn. Doktor Conway, bitte.!“ dröhnte es über die Bucht hinweg.

Als sie kurz darauf den Strand hinaufgingen, sagte Schwester Murchison in einem für sie ungewohnt ernsten Ton: „Ich hab gar nicht gewußt, daß Sie heute abreisen müssen. Ich ziehe mich rasch um und werde Sie zum Schiff begleiten.“

Im Vorraum der Schleuse sechzehn wurde Conway bereits von einem Mitglied des Monitorkorps erwartet. Als der Monitor sah, daß Conway in weiblicher Begleitung war, sagte er nur: „Wir legen in fünfzehn Minuten ab, Sir“ und zog sich dann diskret zurück.

Conway und Schwester Murchison blieben neben dem Tunnelgang stehen, durch den der Weg zur Schleuse führte. Sie sah ihm in die Augen, aber ihr Gesicht verriet keine besondere Regung, es war einfach nur schön und sehr begehrenswert. Conway erzählte ihr noch immer von der Wichtigkeit der vor ihm liegenden Aufgabe, obwohl er eigentlich über etwas ganz anderes reden wollte. Zu allem Überfluß sprach er viel zu hastig und zerfahren. Als er jedoch den Monitor durch den Schleusentunnel zurückkommen hörte, zog er Schwester Murchison an sich heran und küßte sie stürmisch.

Er vermochte nicht einmal zu sagen, ob sie seinen Kuß erwidert hatte, er war viel zu überstürzt und ungestüm vorgegangen.

„Ich werde etwa drei Monate fort sein“, sagte er mit einem Unterton, der erklärend und entschuldigend zugleich klingen sollte. Dann schloß er mit gekünstelter Leichtigkeit: „Und spätestens ab morgen früh werde ich es kein bißchen bereuen, was ich eben getan hab.“

8. Kapitel

Einer der Monitore, der sich als Major Stillman vorstellte, begleitete Conway zu seiner Kabine. Der Äskulapstab über dem Rangabzeichen wies ihn zudem als Korpsarzt aus. Trotz der sehr zurückhaltenden und höflichen Ausdrucksweise des Majors gewann Conway den Eindruck, daß er nicht so leicht einzuschüchtern war. Wie ihm der Major abschließend sagte, würde der Captain ihn gern im Kontrollraum sehen, um ihn an Bord persönlich willkommen zu heißen, nachdem er sich in seiner Kabine eingerichtet habe.

Kurz darauf stellte sich Conway bei Captain Colonel Williamson vor, der ihm gleich die Erlaubnis erteilte, sich auf dem Schiff nach Belieben zu bewegen. Diese Auszeichnung wurde einem auf einem Schiff der galaktischen Föderation nur äußerst selten zuteil, und Conway fühlte sich entsprechend geehrt. Allerdings mußte er bald feststellen, daß er im Kontrollraum zunächst allen nur im Weg stand, obwohl sich niemand bei ihm beschwerte.

Beim darauffolgenden Versuch, das Schiffsinnere ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen, verirrte er sich gleich zweimal. Der schwere Monitorkreuzer Vespasian war weit größer, als Conway zunächst angenommen hatte. Nachdem er von einem freundlichen Monitor mit verständnisvoller Miene zurückgebracht worden war, beschloß er, die meiste Zeit der Reise in seiner Kabine zu verbringen, und sich dort mit seiner vor ihm liegenden Aufgabe vertrauter zu machen.

Colonel Williamson hatte ihm zwar Unterlagen ausgehändigt, die bis ins letzte Detail gingen und auch dank der hervorragenden Informationsquellen des Monitorkorps auf dem aktuellsten Stand waren, aber zunächst wollte er die Akte studieren, die ihm O’Mara mitgegeben hatte.

Als Lonvellin vor einiger Zeit ins Orbit Hospital eingeliefert worden war, war dieser EPLH eigentlich auf dem Weg zu einem Planeten gewesen, der in einer praktisch unerforschten Region der Kleinen Magellanschen Wolke lag und über den böse Gerüchte kursierten. Kurz nach seiner Entlassung hatte er die Reise fortgeführt und einige Wochen später Kontakt mit dem Monitorkorps aufgenommen. Die Verhältnisse, die er auf dem betreffenden Planeten laut eigener Aussage vorgefunden hatte, grenzten sowohl in soziologischer als auch in medizinischer Hinsicht an Barbarei. Was die medizinische Seite anging, brauchte er dringend Unterstützung, bevor er die vielen gesellschaftlichen Krankheiten wirkungsvoll bekämpfen konnte, von denen dieser wirklich kranke Planet befallen war. Außerdem bat er, ihm einige Angehörige der physiologischen Klassifikation DBDG zu schicken, da die Einheimischen derselben Gruppe angehörten und allen fremdartigen Lebensformen gegenüber entsetzlich feindlich gesinnt waren — ein Umstand, durch den Lonvellins Aktivitäten offenbar am meisten gehemmt wurden.

In Anbetracht der enormen Intelligenz dieses Wesens und der Erfahrung seiner Spezies bei der Lösung komplizierter gesellschaftlicher Probleme, stellte die Tatsache, daß er überhaupt um irgendwelche Hilfe bat, schon an sich eine große Überraschung dar. Bei dieser Unternehmung hatten sich die Dinge für Lonvellin allerdings in eine völlig falsche, fast fatale Richtung entwickelt, und allein durch die notwendig gewordene massive Anwendung verschiedenster Verteidigungstechniken war er bereits so sehr in Anspruch genommen worden, als daß er irgend etwas anderes hätte unternehmen können.