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„Dreiundvierzig“, warf Williamson mit überraschter Stimme ein.

„. und ich schätze, alle Bürger des Imperiums wissen über Etla Bescheid und stehen einer Beendigung des dort herrschenden Elends wohlwollend gegenüber. Sie betrachten ihn zwar als einen unter ständiger Quarantäne stehenden Planeten, tun jedoch alles in ihrer Macht Stehende, um ihm zu helfen.“

„Allerdings!“ unterbrach ihn Williamson erstaunt. „Unser Mann war zwar nur zwei Tage auf einem der äußeren Planeten des Imperiums, bevor man ihn auf den Zentralplaneten zu einer Audienz mit dem großen Chef geschickt hat, aber das war genug Zeit für ihn, um die Meinung der Bevölkerung über Etla herauszufinden. Praktisch überall, wo man hinblickte, konnte man Abbildungen von den leidenden Etlanern sehen. Stellenweise waren diese Bilder sogar zahlreicher als die normale Plakatwerbung. Überall wird damit zu Spendenaktionen für die notleidende Bevölkerung Etlas aufgerufen, die zudem von der Regierung des Imperiums voll unterstützt werden. Das sieht mir doch eigentlich nach äußerst netten Menschen aus, Doktor.“

„Ich bin mir sicher, daß die Bürger nett sind, Captain“, entgegnete Conway schroff. „Aber finden Sie es nicht auch ein bißchen merkwürdig, daß die vereinte Wohltätigkeit von dreiundvierzig bewohnten Systemen gerade mal dafür ausreicht, alle zehn Jahre ein einziges Schiff zu schicken.?“

Williamson öffnete den Mund, schloß ihn wieder und blickte nachdenklich drein. Im gesamten Raum herrschte bis auf die über Funk eingehenden gedämpften Mitteilungen Stille. Dann fluchte plötzlich Stillman, der hinter Conway stand, und sagte mit belegter Stimme: „Ich verstehe, worauf er hinaus will, Sir. Wir müssen sofort starten.!“

Williamsons Augen huschten von Conway zu Stillman und wieder zurück. Er murmelte: „Wenn es nur einer wäre, könnte es sich ja noch um vorübergehende Geisteskrankheit handeln, aber bei zweien.“

Drei Sekunden später erging an die gesamte Mannschaft die Anweisung zum Rückzug, wobei die Dringlichkeit noch durch das ohrenbetäubende Heulen der Sirenen für allgemeinen Alarm betont wurde. Als man auf diese Weise sämtliche vor nur wenigen Minuten ausgegebenen Befehle widerrufen hatte, wandte sich Williamson wieder an Conway.

„Fahren Sie fort, Doktor“, sagte er verbissen. „Ich glaube, ich verstehe jetzt allmählich, was hier gespielt wird.“

Conway seufzte dankbar auf und setzte seine Ausführungen fort.

Ganz zu Anfang war Etla eine normale Kolonie mit einem einzigen Raumhafen gewesen, auf dem man die notwendige Startausrüstung entladen und die ersten Kolonisten abgesetzt hatte. Die Kolonisten gründeten in günstiger Lage zu den Naturschätzen Städte, und die Planetenbevölkerung entwickelte sich prächtig. Doch schließlich mußten die Menschen von einer Krankheitswelle oder einer ganzen Reihe von Krankheiten überrollt worden sein, die sie auszurotten drohte. Als nun die Bürger des Imperiums von ihrem Elend erfuhren, nahmen sie sich der Etlaner so an, wie es Menschen mit in Schwierigkeiten geratenen Freunden tun, und schon bald begannen die ersten Hilfsgüter einzutreffen.

Diese Hilfe mußte anfangs wohl sehr gering gewesen sein, nahm dann aber sicherlich schnell an Umfang zu, nachdem sich die Nachricht über das Elend der Kolonie herumgesprochen hatte. Doch für die Etlaner selbst blieb es bei der geringen Hilfe.

Die überzähligen, leicht verschmerzbaren Groschen des einzelnen Bürgers summierten sich bei der Gesamtbevölkerung eines Planeten zu einem beachtlichen Betrag. Und als schließlich zig Planeten Geld spendeten, wuchs der Betrag zu einer Summe an, die die Regierung des Imperiums oder der Imperator selbst nicht länger übersehen konnte. Denn selbst damals mußte das Imperium schon zu großspurig, verschwenderisch und dekadent gewesen sein, weshalb der unvermeidbare Verfall bereits im innersten Kern eingesetzt hatte. Man benötigte immer mehr öffentliche Einnahmen, um das Imperium aufrechtzuerhalten und/oder den Imperator und seinen Hof weiter im vermeintlich legitimen Luxus schwelgen zu lassen. Conway fand es nur natürlich anzunehmen, daß sich der Imperator und die Regierung vielleicht selbst gesagt hatten, die Wohltätigkeit würde schließlich im eigenen Haus beginnen, und sie sich daraufhin einen Großteil dieser Gelder für den eigenen Gebrauch angeeignet hatten. Und nach der Bekanntgabe und Förderung der Spenden für den Planeten Etla wurden diese Gelder zu guter Letzt ein wesentlicher Bestandteil des Regierungseinkommens.

So hatte es einst angefangen.

Man stellte Etla unter strenge Quarantäne, obwohl sowieso kein normaler Mensch dorthin fliegen wollte. Doch dann drohte plötzlich eine Katastrophe: die Etlaner mußten nämlich auf einmal ohne jede fremde Hilfe mit der Selbstheilung begonnen haben. Es sah ganz so aus, als ob die lukrative Einnahmequelle versiegen würde. Irgend etwas mußte also schleunigst geschehen.

Die Regierung hielt es wohl moralisch gesehen sowieso nur für einen kleinen Schritt, den Etlanern nicht nur weiterhin die Hilfe vorzuenthalten, durch die sie hätten geheilt werden können, sondern in Zukunft ihren Krankheitszustand auch aktiv durch die gelegentliche Einfuhr einiger relativ harmloser Krankheiten zu konservieren. Diese Krankheiten mußten natürlich fotogen sein, damit man bei den gutherzigen Bürgern des Imperiums die größtmögliche Wirkung erzielen konnte. Es handelte sich also zumeist um entstellende Leiden oder um Krankheiten, die bei den Etlanern Verkrüppelungen oder Mißbildungen hervorriefen. Man mußte aber auch Maßnahmen zur Sicherung des Bestands an erkrankten Einheimischen ergreifen, und aus diesem Grund waren die Methoden der Gynäkologie und Kinderpflege auch so gut entwickelt.

Um die Krankheitsquote auf der gewünschten Höhe zu halten, setzte das Imperium bereits zu einem recht frühen Zeitpunkt einen psychologisch auf sein Amt zugeschnittenen Vertreter ein. Irgendwie hatten die Etlaner aufgehört, Menschen zu sein. Statt dessen waren sie zu nützlichen, kranken Tieren verkommen, und genau dafür schien sie auch der Vertreter des Imperiums zu halten.

An dieser Stelle machte Conway eine Pause. Der Captain und Stillman wirkten plötzlich blaß und krank, und ihre Gefühle mußten ungefähr die gleichen sein, wie sie Conway nach der Zerstörung von Lonvellins Schiff empfunden hatte — denn dadurch fügten sich sämtliche Teile des Puzzles am richtigen Platz ein.

„Teltrenn stehen jederzeit einheimische Streitkräfte zur Verfügung, um zufällige Besucher zu vertreiben oder zu vernichten“, fuhr Conway fort. „Wegen der Quarantäne handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit bei allen Besuchern um Aliens, und der einheimischen Bevölkerung hat man ja eingebleut, alle Aliens zu hassen — unabhängig von ihrer Gestalt, Anzahl oder Absichten.“

„Aber wie kann das Imperium nur so. so kaltblütig sein?“ fragte Williamson entgeistert.

„Das Ganze hat wahrscheinlich als simple Veruntreuung von Geldern angefangen und ist dann allmählich außer Kontrolle geraten“, antwortete Conway mit matter Stimme. „Aber jetzt droht dem Imperium durch unsere Einmischung ein sehr einträgliches Schwindelgeschäft in die Brüche zu gehen. Deshalb versucht das Imperium nun seinerseits, uns zu vernichten.“

Bevor Williamson darauf etwas entgegnen konnte, meldete der leitende Nachrichtenoffizier, daß sich beide Hubschrauberbesatzungen wieder auf dem Schiff befänden, und ebenso das gesamte Personal, das sich in Hörweite der Sirene aufgehalten hatte, also alle, die in der Stadt gewesen waren. Da die restlichen Monitore Stunden gebraucht hätten, um zur Vespasian zurückkehren, hatten sie die Anweisung erhalten unterzutauchen, bis sich zu ihrer Befreiung irgendwann später ein Aufklärungsschiff heimlich zu ihnen durchschlagen würde. Der Offizier hatte seine Meldung noch nicht einmal abgeschlossen, als der Captain bereits den Befehl zum Starten gab. Einen Moment lang spürte Conway ein unbehagliches Schwindelgefühl, als die Schwerkraftgitter den Ausgleich für vollen Notschub herstellten und die Vespasian in rasender Geschwindigkeit zum Weltraum emporschoß, wobei ihr das Kurierschiff unmittelbar darauf folgte.