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Dermod sagte: „Die haben sich aus der Reichweite der schweren Waffen, die wir außen am Hospital angebracht haben, zurückgezogen und feuern jetzt Raketen auf uns ab. Das ist eine Zermürbungstaktik, mit der sie uns verunsichern wollen, bevor sie zum eigentlichen Hauptangriff übergehen. Denn ein Gegenangriff durch unsere restliche mobile Streitmacht hätte nur deren völlige Zerstörung zur Folge. Sie ist dem Feind zahlenmäßig so stark unterlegen, daß sie nur wirkungsvoll operieren kann, wenn sie von den Verteidigungsanlagen am Hospital unterstützt wird. Deshalb haben wir gar keine andere Wahl, als in der gegenwärtigen Kampfphase die Raketen so gut wir können zu schlucken und unsere Kräfte zu sparen, bis wir.“

„Welche Kräfte denn?“ fragte Conway wütend. O’Mara, der neben ihm stand, gab einen mißbilligenden Laut von sich, und von der anderen Seite des Schreibtischs musterte der Flottenkommandant Conway mit eisigem Blick.

„Wir können darüber hinaus mit leichten Angriffen durch schnelle, wendige Einheiten rechnen, die uns noch mehr verunsichern sollen“, sagte Dermod zu Conway, beantwortete damit aber nicht die Frage. „Die Verwundeten, die man Ihnen bringen wird, werden sich aus den zur Verteidigung des Hospitals eingesetzten Monitoren zusammensetzen, aus Besatzungsmitgliedern der Verteidigungsschiffe und vielleicht auch aus feindlichen Opfern. Und damit komme ich zu einem Punkt, den ich gerne klären würde. Sie scheinen sich ja um eine ganze Menge Verletzte des Feindes zu kümmern, Doktor, und dabei hatten Sie mir doch gesagt, daß Ihre Möglichkeiten bereits bis an die Grenzen ausgereizt seien.“

„Woher, zum Teufel, wollen Sie das wissen?“ fragte Conway. Dermods Gesichtsausdruck wurde noch eisiger, doch diesmal beantwortete er die Frage.

„Weil ich Berichte von Patienten hab, die nebeneinander liegen und feststellen, daß der andere Kauderwelsch redet. Und dabei handelt es sich wohlweislich um Patienten von derselben physiologischen Klassifikation. Welche Schritte gedenken Sie also zu unternehmen, um das.“

„Gar keine!“ unterbrach Conway ihn barsch. Er war plötzlich so zornig, daß er diesem kalten, gefühllosen Leuteschinder am liebsten an die Gurgel gegangen wäre und ein wenig Menschlichkeit in ihn hineingeschüttelt hätte.

Am Anfang hatte er Dermod gemocht. Damals hatte er ihn nicht nur für einen rücksichtsvollen und einfühlsamen, sondern auch für einen kompetenten Flottenkommandanten gehalten, doch während der letzten Tage war Dermod zur Verkörperung der blindwütigen, auf eiskalte Weise operierenden Streitkräfte geworden, die Conway und alle anderen im Hospital gefangenhielten. Seit dem Beginn des letzten Angriffs hatte man tägliche Besprechungen zwischen den militärischen und medizinischen Verantwortlichen angeordnet, und auf allen dreien hatte Conway feststellen müssen, daß er in zunehmendem Maße mit dem Flottenkommandanten aneinandergeriet.

Doch wenn Conway Dermod anschnauzte, schnauzte der Flottenkommandant keineswegs zurück. Dermod musterte ihn lediglich mit so starren und aus so großer Entfernung blickenden Augen, daß Conway jedesmal das Gefühl hatte, der Kommandant sähe ihn überhaupt nicht an. Es nützte auch gar nichts, als O’Mara Conway jetzt den leisen Rat gab, lieber den Mund zu halten und nicht so verteufelt empfindlich zu sein, weil Dermod schließlich einen Krieg zu führen habe und wirklich sein Bestes gäbe. Außerdem würden die Belastungen, denen er ausgesetzt sei, einen gewissen Mangel an Charme in seiner Persönlichkeit durchaus entschuldigen.

„Sicherlich behandeln Sie die feindlichen Verwundeten nicht genauso wie unsere eigenen.?“ fragte Dermod in frostigem Ton, gerade als Conway eingesehen hatte, daß er wirklich mehr Geduld mit diesem kaltblütigen Militaristen haben sollte.

„Es ist schwierig, den Unterschied zu erklären“, entgegnete Conway mit so ruhiger Stimme, daß O’Mara plötzlich beunruhigt aussah. „Irgendwelche feinen Abweichungen des Raumanzugdesigns haben für das Schwesternpersonal und mich keinerlei Bedeutung.

Und wenn, wie es häufig vorkommt, der Anzug und die Uniform darunter von uns weggeschnitten worden sind, dann ist die Uniform wegen der Blutung möglicherweise nicht mehr zu identifizieren. Schließlich sind die Orallaute, die Verwundete zwischen der Injektion von Betäubungsmitteln und dem Zustand der Bewußtlosigkeit von sich geben, nicht unbedingt leicht zu übersetzen. Und falls es irgendeine Methode geben sollte, den Unterschied zwischen einem Monitor und einem feindlichen Verwundeten durch deren Schmerzensschreie festzustellen, dann will ich darüber jedenfalls nichts wissen.“

Conway hatte zwar ruhig begonnen, doch mit dem letzten Satz war er fast beim Schreien angelangt.

„. ich werde zwischen den Verwundeten keine solche Unterscheidung treffen, und das werden meine Mitarbeiter ebenfalls nicht! Das hier ist schließlich ein Krankenhaus, verdammt noch mal! Oder glauben Sie das etwa nicht?“

„Immer mit der Ruhe, mein Junge. Natürlich ist es immer noch ein Krankenhaus“, versuchte ihn O’Mara mit sanfter Stimme zu beruhigen.

„Es ist aber auch ein Militärstützpunkt!“ wetterte Dermod los.

In einem verzweifelten Versuch, die Wogen zu glätten, warf O’Mara schnell ein: „Was ich überhaupt nicht verstehe, ist, warum uns dieses verdammte Imperium nicht einfach mit atomaren Sprengköpfen erledigt.“

Die metallenen Echos eines erneuten Einschlags, diesmal weiter entfernt, hallten durch den Raum.

„Sie geben uns nicht mit einer Atombombe den Rest, weil sie eine Eroberung machen müssen, Major“, antwortete Dermod, dessen Augen immer noch direkt in Conways blickten. „Die beteiligten politischen Kräfte verlangen das. Das Imperium muß diesen Vorposten des verhaßten Feindes einnehmen und besetzen, der General des Imperators muß einen Triumph erringen und keinen Pyrrhussieg. Wenn er den Feind unterwirft und dessen Territorium erobert, dann kann er das für die Bürger des Imperiums wie einen Triumph aussehen lassen, ganz egal, wie klein das eingenommene Gebiet auch immer ist und um wie viele Gefangene es sich dabei handelt.

Wir selbst haben schwere Verluste erlitten“, fuhr Dermod kalt fort. „Ein Kampf im All bleibt nun einmal ein Kampf im All — nur zehn Prozent der Verwundeten überleben lange genug, um ins Krankenhaus eingeliefert werden zu können, und dabei haben wir noch das Glück, auf der Stelle über medizinische Behandlungsmöglichkeiten zu verfügen und zusätzlich eine starke Verteidigungsposition einnehmen zu können. Die Anzahl der feindlichen Verwundeten ist deshalb viel höher als bei uns — ich würde das Verhältnis auf zwanzig zu eins schätzen. Wenn die imperialen Streitkräfte uns also erst jetzt mit einer Nuklearrakete erledigen würden, obwohl sie schon ganz zu Anfang genau dasselbe ohne den Verlust eines einzigen Manns hätten tun können, dann würde man im Imperium doch einige sehr peinliche Fragen aufwerfen. Wenn nun der Imperator diese Fragen nicht beantworten kann, wird sich möglicherweise herausstellen, daß sich der Krieg und die ganze schöne, von ihm selbst entfachte Kriegsbegeisterung gegen ihn kehrt.“

„Warum verständigen wir uns nicht mit den imperialen Streitkräften?“ unterbrach ihn Conway in barschem Ton. „Erzählen Sie den Leuten die Wahrheit über uns, und berichten Sie von den Verwundeten hier. Oder rechnen Sie jetzt etwa immer noch damit, diesen Kampf hier zu gewinnen? Warum also ergeben wir uns nicht einfach.?“

„Wir können uns nicht mit denen verständigen“, erwiderte der Kommandant in schneidendem Ton, „weil sie uns nicht zuhören werden. Und falls sie uns doch zuhören sollten, werden sie uns kein Wort glauben.

Denn diese Leute wissen — oder glauben zu wissen —, was wir auf Etla getan haben und welche Dinge wir hier angeblich treiben. Da nützt es überhaupt nichts, denen zu erklären, daß wir den Einheimischen auf Etla wirklich geholfen haben und leider dazu gezwungen waren, unser Hospital zu verteidigen. Kurz nachdem wir Etla verlassen hatten, ist der Planet von einer ganzen Reihe von Seuchen heimgesucht worden, und diese Einrichtung hier verhält sich in deren Augen schließlich längst nicht mehr wie ein harmloses Hospital — das heißt, natürlich nur nach außen hin. Was wir denen erzählen, spielt überhaupt keine Rolle. Das einzige, was zählt, sind unsere Taten, und die entsprechen genau den Erwartungen, die ihnen der Imperator eingetrichtert hat.