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Fernando.

Stella! ich bin ein Bösewicht, und feig; und vermag vor dir nichts. Fliehen! — Hab das Herz nicht, dir den Dolch in die Brust zu stoßen, und will dich heimlich vergiften, ermorden! Stella!

Stella.

Um Gottes willen!

Fernando mit Wut und Zittern.

Und nur nicht sehn ihr Elend, nicht hören ihre Verzweiflung! Fliehen! —

Stella.

Ich halt's nicht aus!

Sie will sinken und hält sich an ihn.

Fernando.

Stella, die ich in meinen Armen fasse! Stella! die du mir alles bist! Stella! —

Kalt.

Ich verlasse dich!

Stella, verwirrt lächelnd.

Mich!

Fernando mit Zähneknirschen.

Dich! mit dem Weibe, das du gesehen hast! mit dem Mädchen! —

Stella.

Es wird so Nacht!

Fernando.

Und dieses Weib ist meine Frau! —

Stella sieht ihn starr an und läßt die Arme sinken.

Fernando.

Und das Mädchen ist meine Tochter! Stella!

Er bemerkt erst, daß sie in Ohnmacht gefallen ist.

Stella!

Er bringt sie auf seinen Sitz.

Stella! — Hülfe! Hülfe!

Cäcilie, Lucie kommen.

Fernando.

Seht! seht den Engel! Er ist dahin! Seht! — Hülfe!

Sie bemühen sich um sie.

Lucie.

Sie erholt sich.

Fernando, stumm sie ansehend.

Durch dich! Durch dich!

Ab.

Stella.

Wer? Wer? —

Aufstehend.

Wo ist er?

Sie sinkt zurück, sieht die an, die sich um sie bemühen.

Dank euch! Dank! — Wer seid ihr? —

Cäcilie.

Beruhigen Sie sich! Wir sind's.

Stella.

Ihr? — Seid ihr nicht fort? — Seid ihr —? Gott! wer sagte mir's? — Wer bist du? — Bist du —?

Cäcilie bei den Händen fassend.

Nein! ich halt's nicht aus!

Cäcilie.

Beste! Liebste! Ich schließ dich Engel an mein Herz.

Stella.

Sag mir — es liegt tief in meiner Seele — Sag mir — bist du —

Cäcilie.

Ich bin — ich bin sein Weib! —

Stella, aufspringend, sich die Augen zuhaltend.

Und ich? —

Sie geht verwirrt auf und ab.

Cäcilie.

Kommen Sie in Ihr Zimmer!

Stella.

Woran erinnerst du mich? Was ist mein? Schrecklich! Schrecklich! — Sind das meine Bäume, die ich pflanzte, die ich erzog? Warum in dem Augenblick mir alles so fremd wird? — Verstoßen! — Verloren! — Verloren auf ewig! Fernando! Fernando!

Cäcilie.

Geh, Lucie, such deinen Vater.

Stella.

Um Gottes Barmherzigkeit! Halt! — Weg! Laß ihn nicht kommen! Entfern dich! — Vater! — Gatte! —

Cäcilie.

Süße Liebe!

Stella.

Du liebst mich? Du drückst mich an deine Brust? — Nein! Nein — Laß mich! — Verstoß mich!

An ihrem Halse.

Noch einen Augenblick! Es wird bald aus mit mir sein! Mein Herz! Mein Herz!

Lucie.

Sie müssen ruhen!

Stella.

Ich ertrag euern Anblick nicht! Euer Leben hab ich vergiftet, euch geraubt euer Alles — Ihr im Elend; und ich — welche Seligkeit in seinen Armen!

Sie wirft sich auf die Kniee.

Könnt ihr mir vergeben?

Cäcilie.

Laß! Laß!

Sie bemühen sich, sie aufzuheben.

Stella.

Hier will ich liegen, flehn, jammern, zu Gott und euch: Vergebung! Vergebung! —

Sie springt auf.

— Vergebung? — Trost gebt mir! Trost! Ich bin nicht schuldig! — Du gabst mir ihn, heiliger Gott im Himmel! ich hielt ihn fest, wie die liebste Gabe aus deiner Hand — Laß mich! — Mein Herz zerreißt! —

Cäcilie.

Unschuldige! Liebe!

Stella an ihrem Halse.

Ich lese in deinen Augen, auf deiner Lippe Worte des Himmels. Halt mich! Trag mich! Ich gehe zugrunde! Sie vergibt mir! Sie fühlt mein Elend!

Cäcilie.

Schwester! meine Schwester! erhole dich! nur einen Augenblick erhole dich! Glaube, daß, der in unser Herz diese Gefühle legte, die uns oft so elend machen, auch Trost und Hülfe dafür bereiten kann.

Stella.

An deinem Hals laß mich sterben!

Cäcilie.

Kommen Sie! —

Stella nach einer Pause, wild wegfahrend.

Laßt mich alle! Sieh, es drängt sich eine Welt voll Verwirrung und Qual in meine Seele, und füllt sie ganz mit unsäglichen Schmerzen — Es ist unmöglich — unmöglich! So auf einmal! — Ist nicht zu fassen, nicht zu tragen! —

Sie steht eine Weile niedersehend still, in sich gekehrt, sieht dann auf, erblickt die beiden, fährt mit einem Schrei zusammen und entflieht.

Cäcilie.

Geh ihr nach, Lucie! Beobachte sie!

Lucie ab.

Sieh herab auf deine Kinder, und ihre Verwirrung, ihr Elend! — Leidend lernt ich viel. Stärke mich! — Und kann der Knoten gelöst werden, heiliger Gott im Himmel! zerreiß ihn nicht.

Fünfter Akt

Stellas Kabinett. Im Mondschein

Stella.

Sie hat Fernandos Porträt und ist im Begriff, es von dem Blendrahmen loszumachen.

Stella.

Fülle der Nacht, umgib mich! fasse mich! leite mich! ich weiß nicht, wohin ich trete! — Ich muß! ich will hinaus in die weite Welt! Wohin? Ach wohin? — Verbannt aus deiner Schöpfung! Wo du, heiliger Mond, auf den Wipfeln meiner Bäume dämmerst; wo du mit furchtbar lieben Schatten das Grab meiner holden Mina umgibst, soll ich nicht mehr wandeln? Von dem Ort, wo alle Schätze meines Lebens, alle selige Erinnerung aufbewahrt sind? — Und du, worüber ich so oft mit Andacht und Tränen gewohnt habe, Stätte meines Grabes! die ich mir weihte; wo umher alle Wehmut, alle Wonne meines Lebens dämmert; wo ich noch abgeschieden umzuschweben und die Vergangenheit allschmachtend zu genießen hoffte, von dir auch verbannt sein? — Verbannt sein! — Du bist stumpf! Gott sei Dank! dein Gehirn ist verwüstet; du kannst ihn nicht fassen, den Gedanken: Verbannt sein! Du würdest wahnsinnig werden! — Nun! — O mir ist schwindlig! — Leb wohl! — Lebt wohl? Nimmer wiedersehen? — Es ist ein dumpfer Totenblick in dem Gefühl! Nicht wiedersehn? — Fort! Stella!