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Thorpe schüttelte den Kopf. »Verpassen Sie nicht wegen mir Ihren Flug.«

»Diese Gefahr besteht nicht«, erwiderte Grayson und zeigte ihm seinen Passierschein. Der Abflug war in vier Tagen, nur zweiundsiebzig Stunden bevor der Komet aufschlagen sollte.

»Aber das ist ein ganzer Tag später, als die Evakuierung eigentlich beendet sein soll!«, protestierte Thorpe.

»Offenbar hat man das Ende der Evakuierungsmaßnahmen verlegt«, sagte Barnard gedehnt.

»Was ist mit Ihnen, Amber?«

»Gleiches Datum, anderes Schiff.«

»Los, komm, wir sehen, was wir in meiner Angelegenheit machen können«, sagte Thorpe.

Er und Amber drängten sich durch die Menge zu der Rampe, die auf die nächsthöhere Ebene führte. Hier war es weniger überfüllt als unten, aber immer noch ziemlich voll. Von ihrer Erscheinung her hielt Thorpe die meisten Leute in der Menge für 3Regierungsbeamte. Anscheinend war Schalter B die bfertigungsstelle für wichtiges Personal und VIPs.

»Hallo«, sagte er zwanzig Minuten später, als er sich zur Spitze der unvermeidlichen Schlange vorgearbeitet hatte. »Ich bin Nichtlunarier. Man sagte mir, dass ich mich an Sie wenden solle.«

»Wann sind Sie angekommen?«, fragte eine weitere übermüdete Beamtin. Sie war jung und man hätte sie hübsch nennen können, wären nicht die dunklen Ringe unter ihren Augen gewesen.

Thorpe sagte es ihr. An ihrer Reaktion war deutlich abzulesen, was sie von Leuten hielt, die sich ausgerechnet diesen Zeitpunkt für eine Reise zum Mond ausgesucht hatten. Sie stellte noch ein paar weitere Fragen, dann gab sie seinen Namen in den Computer ein. Ihr Gesichtsausdruck verdüsterte sich noch mehr.

»Hier steht, Sie hätten Priorität Stufe A. Hier …«, sie reichte ihm eine grüne Karte. »Zeigen Sie das bei der Einschiffung vor. Innerhalb einer Stunde müssten Sie auf dem Schiff sein.«

»Diese junge Dame begleitet mich. Was ist mit ihr?«

»Name?«

Amber nannte der Frau ihren Namen.

Nach wenigen Sekunden sah die Frau auf. »Tut mir leid, Sie haben keine Priorität. Sie müssen warten, bis Sie an der Reihe sind.«

Thorpe schüttelte den Kopf. »Ich bin weit gereist, um diese Frau zu finden, und ich will sie nicht wieder verlieren.«

»Es tut mir leid, Sir, aber wir haben keine Zeit für Sonderwünsche. Bitte nehmen Sie Ihren Prioritätsausweis und treten Sie beiseite.«

»Los schon, Tom«, sagte Amber. »Wir treffen uns wie geplant auf der Erde.«

»Nein! Ich weigere mich, ohne dich zu gehen.« Er reichte der Frau den grünen Ausweis. »Könnten Sie mir bitte einen Ausweis für das gleiche Schiff ausstellen, dem die Dame hier zugewiesen ist?«

»Zeigen Sie mir Ihren Passierschein, Bürgerin«, sagte die Frau und streckte die Hand aus. Etwas in ihrer Stimme löste in Thorpe einen Anflug von Unbehagen aus. Für einen Moment glaubte er das verborgene Grinsen eines Bürokraten zu spüren, der im Begriff war, einen lästigen Bittsteller abzuwimmeln. Amber reichte ihr Dokument hinüber. Als die Frau Thorpe seinen grünen Ausweis zurückgab, trug er die gleiche Kennzeichnung wie Ambers Passierschein. Er konnte den Blick der Frau den ganzen Weg über in seinem Nacken spüren, bis er den Ausgang der Schalterhalle erreicht hatte.

Amber führte ihn zur Durchgangshalle hinauf. Rund um die Kuppel befanden sich eine Reihe riesiger Sichtluken, die den Blick auf verschiedene Teile des Raumhafens freigaben. Als sie Grayson und die anderen Flüchtlinge vom Farside-Observatorium entdeckten, standen sie zusammengedrängt vor einer dieser Luken und beobachteten das Starten und Landen der Schiffe. Thorpe starrte zu den Dutzenden von Boden-Orbit-Fähren hinüber, die über die Oberfläche des Oceanus Procellarum verteilt waren. Es war ein eeindruckender Anblick.

Da gegenwärtig weitaus mehr Schiffe landeten, als der Luna City Spaceport von seiner Konstruktion her verkraften konnte, waren die meisten Schiffe gezwungen, auf provisorischen Landefeldern aufzusetzen. Um die Beladung zu beschleunigen, wurde der Treibstoff durch Isolierschläuche, die kreuz und quer auf der Mondebene übereinanderlagen, zu ihnen hinübergepumpt. Die Menschen wurden ebenfalls per Pipeline hinübergeschafft. Von der Abfertigungshalle schlängelten sich Dutzende von transparenten Laderöhren über das flache Mare auf die Schiffe zu. Jede war mit mehreren Reihen von Menschen gefüllt, die geduldig darauf warteten, dass sie an Bord gehen konnten. Es schien unmöglich, dass so viele in ein einziges kleines Schiff passen sollten. Wenn eine Laderöhre leer war, wurde sie zurückgezogen, und das vollbeladene Schiff hob sich auf einem Feuerschweif in den Himmel. Eine Minute später landete ein anderes Schiff und nahm seinen Platz ein, und der Vorgang konnte von neuem beginnen.

»Ein effizientes Verfahren«, sagte Thorpe, während er beobachtete, wie die nächste Fähre abhob.

Niels Grayson wandte sich von der Sichtluke ab und fragte, wie es gelaufen war. Amber sagte es ihm.

»Das war ausgesprochen galant von Ihnen, Thomas«, sagte Grayson, »aber nicht besonders klug.«

Thorpe zuckte mit den Achseln. »Ob klug oder nicht, jetzt ist es passiert. Was machen wir jetzt?«

»Wir haben uns gedacht, wir könnten in die Stadt gehen. Die Polizei patrouilliert immer noch in den Sektoren in der Nähe des Raumhafens, deshalb ist es dort sicher.«

»Holen wir unsere Anzüge«, sagte Amber, »und suchen wir uns eine Waschgelegenheit. Ich muss den Dreck einer ganzen Woche abwaschen!«

Auf der dritten Ebene, im vierten Wohnring, entdeckten sie ein kleines Hotel. Obwohl es verlassen war, arbeiteten alle Einrichtungen noch. Sie nahmen sich Zimmer in einem Seitenflügel und beschlossen, trotz der Polizeikontrollen weitere Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Wie alle Gebäude auf Luna, hatte das Hotel eine Reihe von Notschleusen, die im Falle eines Druckverlustes luftdicht schließen sollten. Zwei der Observatoriumstechniker verlegten neue Leitungen zu den Türen an beiden Enden des langen Korridors. Eine von ihnen schlossen sie sofort und installierten einen Schalter, der die andere bei Bedarf schließen würde.

Nachdem er gebadet und sich rasiert hatte, fühlte sich Thorpe wie neugeboren. Als er aus dem Bad kam, sah er, dass Amber den nterhaltungsmonitor auf eine Nachrichtensendung eingestellt hatte. Während der vergangenen sechs Monate hatten die achrichtenagenturen Lunas unter Regierungskontrolle gestanden und waren streng zensiert worden. Ihre Hauptaufgabe war es gewesen, der Ausbreitung von Gerüchten entgegenzuwirken und die Evakuierung zu unterstützen, weshalb ihnen ein Großteil der Spannung aus der Zeit vor der Evakuierung fehlte. Aber immer noch waren sie die Hauptinformationsquelle für alle, die auf ihre Evakuierung warteten.

»Gibt es etwas Neues?«, fragte er, immer noch damit beschäftigt, sein Haar zu trocknen.

»Ich weiß jetzt, warum sie allen einen Abflugtermin in vier Tagen gegeben haben.«

»Warum?«

»Das ist der letzte Tag der Evakuierung. Alle fünf Schiffe befinden sich im Moment im Orbit. Sie werden dort bis achtundvierzig Stunden vor dem Ende bleiben. Danach befördern die Schlepper sie zur Erde.«

»Wird genug Platz sein, um alle an Bord zu nehmen?«

»Sie sagen, dass es eng werden wird, dass aber jeder evakuiert werden wird, wenn die Anweisungen exakt befolgt werden.«

Thorpe nickte. An der Sorbonne hatte es eine Gruppe gegeben, deren Hauptaufgabe es gewesen war, sich mit einer Simulation der Tage und Stunden der Evakuierung zu befassen. In mehreren Beziehungen glich der Abschluss des gigantischen Unternehmens dem Abzug einer Armee, die unter feindlichem Beschuss stand. Wenn diese Aufgabe nicht bewältigt wurde, wäre eine Katastrophe die Folge.

Als sich alle gesäubert hatten, machte sich eine Gruppe auf die Suche nach Nahrung. Die Rationen im Zug waren knapp bemessen gewesen, wenn auch nicht so winzig wie auf der Wanderung vom Observatorium zur Bahn.