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»Warum unmöglich, Dr. Dornier?«, fragte Amber.

»Der Massebeschleuniger beschleunigt das Frachtgut mit dreißig g! Kein Mensch kann das überleben!«

»Dreißig g ist der Spitzenwert, Dr. Dornier«, sagte Thorpe. Er hatte die Arbeitsweise des Massebeschleunigers studiert, als er sich in die ökonomischen Grundlagen des Eisbergbaus eingearbeitet hatte. »Und man kann ihn herunterfahren, wissen Sie.«

»Wie weit, wenn man noch Fluchtgeschwindigkeit erreichen will?«

Thorpe zuckte mit den Achseln. »Vielleicht bis auf zehn g

»Das würde uns immer noch umbringen.«

»Nein, würde es nicht«, sagte Amber. »Kampfflugzeugpiloten haben routinemäßig neun g ausgehalten.«

»Vielleicht bin ich selbstsüchtig, aber mit größter Sicherheit würde es mich umbringen, junge Dame. Ich bin kein junger Mann mehr.«

»Es wäre ein Risiko dabei«, gab Amber zu. »Aber es gibt Beschleunigungsmedikamente, die wir einnehmen könnten. Wenn Sie genügend weich gebettet sind und unter Drogen stehen, dann besteht eine gute Chance, dass Sie den Start überstehen.«

»Überstehen, wozu? Um im Raum zu treiben, bis uns die Luft ausgeht?«

»Das ist das Problem«, räumte Thorpe ein. »Wir werden sicherstellen müssen, dass wir genügend Atemluft an Bord haben, um so lange zu überleben, bis wir gerettet werden. Wir werden auch ein Funkgerät brauchen, damit man uns von den Trümmern unterscheiden kann, die durch die Kollision hochgeschleudert werden. Wir wollen schließlich nicht, dass uns das Meteoriten-Schutzsystem abschießt.«

»Immer noch besser, als in Luna City zu sein, wenn der Komet eintrifft, finden Sie nicht?«, fragte Amber.

»Eins zu null für Amber, Felix«, sagte Niels Grayson.

Barnard und mehrere andere nickten.

»Da ist noch ein Problem«, sagte Dornier unbeeindruckt.

»Welches?«

»Der assebeschleuniger ist eine Sicherheitseinrichtung. Wie wollen Sie sich Zugang dazu verschaffen?«

»Ganz einfach«, sagte Amber. »Wir sagen John Malvan, dass wir sein schmutziges kleines Geheimnis kennen und dass wir uns selbst retten wollen.«

»Nein, das tun wir nicht«, sagte Thorpe. »Wenn bekannt wird, dass wir Frachtcontainer in Rettungskapseln umbauen, fällt der Mob über uns her.«

»Haben wir überhaupt das moralische Recht, das für uns zu behalten?«, fragte Margaret Grayson.

»Schauen Sie«, knurrte Thorpe, der sich selbst für das hasste, was er sagte, »nicht jeder wird es schaffen, von Luna wegzukommen. Das steht fest. Wir sind hier noch zu viele, um alle evakuiert zu werden. Das sind die Fakten. Ich wünschte, wir könnten alle mitnehmen, aber das können wir nicht. Deshalb behalten wir unseren Fluchtweg so lange für uns, bis wir in der Lage sind, ihn zu benutzen.«

»Was ist, wenn noch jemand auf die gleiche Idee kommt?«

»Dann heißen wir sie willkommen, zeigen ihnen, wo sie ihre eigenen Frachtbehälter finden können und helfen ihnen, so gut wir können, ohne unsere eigenen Arbeiten zu verzögern.«

»Dem stimme ich zu«, sagte Niels Grayson. »So unangenehm die Tatsachen auch sind, wir müssen uns ihnen stellen. Es bleibt aber immer noch das Problem, was wir den Behörden sagen.«

»Die Spiegel!«, rief Amber und schnippte mit den Fingern. »Wir sagen Malvan, dass wir den assebeschleuniger brauchen, um die Spiegel hochzuschießen.« Sie berichtete eilig von dem Plan, den sie und Thorpe bei ihrem ersten Besuch auf dem Schrottplatz besprochen hatten.

»Er wird uns nicht glauben«, sagte Barnard. »Die Spiegel befinden sich beim Farside-Observatorium. Wir sollen in weniger als zwölf Stunden evakuiert werden.«

»Das gilt nicht mehr«, sagte Grayson zu ihm. »Es wurde bekanntgegeben, dass alle ihr Eintreffen am Raumhafen um vierundzwanzig Stunden verschieben sollen. ›Technisch bedingte Verzögerungen‹ wurden dafür verantwortlich gemacht, und man hat uns versichert, dass noch genug Zeit bliebe, um wegzukommen.«

»Wann war das?«

»Vor ungefähr zwei Stunden. Ich hatte noch keine Gelegenheit, es Ihnen zu sagen.«

»Damit hat sich das Problem erledigt«, fuhr Amber fort. »Wir können ihnen sagen, wir würden die übrige Zeit darauf verwenden, so viele Spiegel wie möglich von Farside zu holen. Denken Sie daran, wenn die Evakuierung hinter dem Zeitplan herhinkt, wird er sich um das, was wir tun, nicht kümmern. Seine einzige Sorge wird sein, so lange wie möglich den Deckel auf dem Topf zu halten. Wenn er sich uns vom Hals halten kann, indem er uns den Schlüssel zum Massebeschleuniger aushändigt, wird er es wahrscheinlich tun.«

Grayson dachte gut eine Minute lang über den Plan nach. Dann nickte er. »Es könnte klappen.«

»Ich weiß, dass es klappen wird«, beharrte Amber, die immer noch unter Adrenalin stand. »Wenn wir erst einmal Zugang zum Massebeschleuniger haben, können wir im Angesicht Gottes und der Welt mit dem Umbau eines Containers beginnen. Man wird lediglich glauben, wir seien verrückt.«

»Zwei Container«, sagte Thorpe. »Wir sind fünfzehn. Wir werden Luftflaschen, Funkgeräte, Nahrung, Beschleunigungsgurte und Gott weiß was noch alles brauchen. Und wir werden nicht alle in einen einzigen Container hineinpassen.«

Amber näherte sich ihm und legte einen Arm um ihn. Jetzt, da es nach so vielen Enttäuschungen wieder Anlass zur Hoffnung gab, war ihr nach Feiern zumute. »Also gut. Nehmen wir zwei. Solange wir beide mit dem gleichen Container starten, soll es mir egal sein.«

Wie Amber vorausgesagt hatte, hatten sie mit ihrer Masche problemlos Erfolg. Als Niels Grayson an der Spitze seiner Delegation besorgter Astronomen bei ihm eintraf, begrüßte John Malvan seine chiffskameraden wie alte Freunde. Wenn er beunruhigt darüber war, dass ihn ein grausames Universum zum Tod verurteilt hatte, so zeigte er es nicht. Da er die letzten Stunden damit verbracht hatte, Tausende von aufgebrachten Umsiedlern zu besänftigen, konnte John Malvan sein Bedauern leicht hinter seiner mitgenommenen Erscheinung verstecken. Er war nur allzu glücklich, den Astronomen den Zugangscode zum Kontrollraum des Massebeschleunigers zu überlassen.

Was Thorpe am Raumhafen sah, überzeugte ihn davon, dass Halver Smith Recht gehabt hatte. Als sie durch den Raum kamen, wo sie sich für die Evakuierung hatten registrieren lassen, war er verlassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte jeder, der sich noch auf Luna befand, seinen Flugschein bereits erhalten. Diejenigen, die keinen Schein hatten, waren solche, die sich entschlossen hatten, mit ihrer Welt zusammen zu sterben. Was Thorpe auffiel, war das Fehlen jeglicher Ordnungskräfte. Abgesehen von einem Streifenkommando am Eingang der Einschiffungshalle hatte die Polizei sich zurückgezogen. Ihr Verschwinden sagte ihm, dass unentbehrliches Personal zu den Schiffen hinausgeschafft wurde, um die Beendigung der Evakuierungsmaßnahmen vorzubereiten. Wann immer das letzte Schiff das Landefeld verlassen haben musste – der Zeitpunkt rückte rasch näher.

Sie kehrten zum Hotel zurück und packten ihre Taschen. Der große Korridor, der zum Massebeschleuniger führte, war für die Beförderung von Frachtgut gebaut worden. Er wurde durch eine hohe Drucktür abgeschlossen. Grayson tippte die Kombination ein, die er von Malvan erhalten hatte. Als die Notschleuse aufschwang, blickten sie in einen dahinterliegenden Hohlraum. Die kleine Gruppe der Flüchtlinge ging hinein.

Der Hohlraum war einen iertelkilometer lang und einen halben Kilometer breit. Er erinnerte Thorpe an Bilder einer Flugzeugfabrik, die er einmal gesehen hatte. Ein großer freier Raum von hundert Metern Höhe. An der Decke hing ein riesiger beweglicher Kran, mit dem man schwere Lasten transportiert hatte. Sie entdeckten leere Container, die säuberlich in Reihen gestapelt waren. Am gegenüberliegenden Ende des Raumes befand sich ein langes Förderband, das nach oben verschwand. Dort waren die vollen Container in den Massebeschleuniger gehievt worden. Auf der Oberfläche angelangt, wurden die Container in das Startgeschirr eingehängt und von einem starken Magnetfeld in den Raum beschleunigt.