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Thorpe, Amber und Barnard gingen zu einem Personenlift an einer der Seiten der Höhle hinüber. Sie fuhren mit dem Lift zum Kontrollraum des Massebeschleunigers hoch, der sich dicht unter der Oberfläche befand. Er erinnerte Amber an den Kontrollraum des Großen Auges. Auch hier verschafften Oberflächenkameras der Bedienungsmannschaft einen Überblick über die ganze Länge der gigantischen Anlage, die sie steuerten. Amber schaltete das Bild von einem Beschleunigerturm zum nächsten um. Alles machte einen intakten und funktionsfähigen Eindruck. Als Nächstes schaltete sie mit einem von Graysons Codes das Steuerpult ein. Ein großer Bildschirm wurde hell, auf dem das computergenerierte Bild der Flugbahn zu sehen war, die ein gestarteter Container mit den gegebenen Einstellungen verfolgen würde.

»Kannst du das bedienen?«, fragte Thorpe.

Sie nickte. »Wenn ich mich ein bisschen eingearbeitet habe. Das Pult dort drüben ist für die Überwachung der Energieversorgung. Sieh mal, es zeigt den Ladezustand der Kondensatorbatterien an. Dieser Schalter ist für die Stärke, die Dauer und die zeitliche Koordinierung der Stromstöße. Wenn ich den Dreh erst einmal raushabe, kann ich die Anlage auf minimale Startbeschleunigung umprogrammieren.«

»Gut. Wir brauchen einen Fluchtorbit, der um die Erde herumführt, damit wir eine möglichst große Chance haben, aufgesammelt zu werden.«

»Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte sie.

Thorpe ließ Amber weiter über den Kontrollen brüten und begab sich wieder in die Höhle hinab. Den assebeschleuniger so umzuprogrammieren, dass er in rascher Folge zwei Container startete, war die leichtere Aufgabe. Jetzt mussten sie zwei Container herrichten, Kapseln, die sie so lange am Leben erhalten würden, bis sie gerettet wurden.

41

Die Frachtcontainer waren sieben Meter lang und maßen drei Meter im Durchmesser. Sie bestanden aus Stahl mit geringem Kohlenstoffgehalt an Stelle der Legierungen, die speziell für Raumfahrzeuge entwickelt worden waren. Damit sie vom Massebeschleuniger beschleunigt werden konnten, mussten die Containerhüllen aus magnetischem Material sein. Und obwohl sie wie Tanklastwagen ohne Räder aussahen, stellten die Container auf ihre Weise raffinierte Raumfahrzeuge dar. Jeder war mit einem Antriebssystem ausgestattet, das Kurskorrekturen erlaubte und verhinderte, dass die Zylinder während des Fluges ins Trudeln gerieten.

Es gab drei Grundtypen von Containern. Ein Modell war gut isoliert und besaß ein Kühlsystem, das kryogene Flüssigkeiten über lange Zeit hinweg kühl halten konnte. Ein anderes Modell war druckfest und hielt erdtypische Temperaturen aufrecht, damit Saatgut, Pharmazeutika und andere verderbliche Güter nicht schlecht wurden. Das dritte und gebräuchlichste Modell war lediglich ein gasdichter Zylinder, in den alle möglichen Arten von Schüttgut gepackt wurden. Die Container, die sie in der Ladehalle vorfanden, waren alle vom dritten und einfachsten Typ.

Thorpe kletterte in einen der Zylinder und war überrascht über die Größe des Innenraums. Er überlegte kurz, ob sie sich alle fünfzehn in einem einzigen Container zusammenquetschen konnten. Im Geiste stellte er sich den Platz vor, den sie für Atemluft, Wassertanks, Proviant, Medikamente, Werkzeuge, Abfallbeseitigung und Kommunikationseinrichtung benötigen würden.

Als er sich jedes Gerät an seinem Ort vorstellte, schrumpfte das für die Passagiere verfügbare Volumen erheblich.

Den meisten Platz erforderte der Flüssigsauerstoff, den sie als Atemluft verdampfen würden. Den einfachen Transportbehältern fehlte sowohl die schwere Isolierung wie auch die Kühleinrichtung für die kryogenen Speichermodule; deshalb konnten sie damit rechnen, den größten Teil ihres Sauerstoffs aufgrund der Erhitzung durch die Sonne und der daraus resultierenden Verdampfung zu verlieren. Er schätzte, dass der Vorrat für zwei Wochen reichen würde, wenn sie die Hälfte des Platzes zur Lagerung von Sauerstoff verwenden würden. Mit allen Personen in einem einzigen Container würden sich die zwei Wochen auf eine verkürzen. Das allein war Grund genug, zwei Container zu nehmen, sagte sich Thorpe.

Zusätzlich zur Lagerung von Sauerstoff würden die Passagiere vor der Startbeschleunigung geschützt werden müssen. Thorpe erwog, vom nahegelegenen Schrottplatz Beschleunigungsliegen zu holen, verwarf die Idee jedoch rasch wieder. Es würde nicht nur zu viel Oberflächenaktivität mit sich bringen – und dadurch unliebsame Aufmerksamkeit auf sie ziehen -, die Liegen würden auch zu viel Platz beanspruchen. Besser wäre es, mehrere Netze durch den Zylinder zu spannen und diese zum Abfedern der Beschleunigung zu verwenden. Einmal im Raum, konnten die Netze verstaut werden, um den nutzbaren Raum zu vergrößern.

Thorpe besprach seine Ideen mit Niels Grayson, der ihm ins Innere des Zylinders gefolgt war. Grayson erinnerte ihn daran, dass sie Bullaugen in die Wände würden schneiden müssen. Angesichts des unmittelbar bevorstehenden Eintreffens des Kometen wollte keiner von ihnen auf das Spektakel dadurch verzichten, dass er sich in eine fensterlose Stahlbüchse einschloss.

Im Anschluss an ihr Gespräch begaben sie sich in eines der Büros an der Peripherie der Halle. Dort entdeckten sie einen CAD-Computer. Während seines Aufenthalts auf dem Felsen hatte Thorpe einige Fertigkeit darin erlangt, von seinen in Planung befindlichen Projekten Skizzen anzufertigen. Innerhalb von zwei Stunden hatte er einen ganzen Satz von Plänen für den Umbau ihrer provisorischen Raumfahrzeuge.

Während er und Grayson planten, erkundeten die übrigen Mitglieder ihrer Gruppe die Höhle. Der Massebeschleuniger erwies sich als eine Schatzkammer von Dingen, die sich für einen Schiffbrüchigen als nützlich erweisen könnten. Außer zwei gewaltigen Eisklötzen, die auf ihren Abtransport warteten, entdeckten sie zwei riesige Gasflaschen mit flüssigem Sauerstoff und Wasserstoff. In einem Lagerraum fanden sich Dutzende großer Rollen mit starkem Elektrokabel, das sie benutzen konnten, um sich daraus Netze zu knüpfen. Aus einem anderen Lagerraum stammte ein Vorrat von Funkgeräten und Geräten zur Stromerzeugung. Diese würden in Funkfeuer verwandelt werden, damit ihre Retter die Container in der Weite des Weltraums fanden.

Nachdem er sich die Bestandsaufnahme angehört hatte, teilte Thorpe die Astronomen in zwei Arbeitsgruppen ein. Vier Stunden später wurde die erste Scheidewand in einem der Container festgeschweißt. Thorpe beobachtete, wie mehrere Männer eine große Stahlplatte in den ersten Container schafften. Er bemerkte erst nach einer Weile, dass Niels Grayson neben ihm stand.

»Hallo, Niels. Ich habe Sie gar nicht kommen gehört.«

»Das wundert mich nicht. Sie sehen aus, als würden Sie jeden Moment umkippen.«

»Nicht doch. Mir geht’s gut.«

»Wann haben Sie zuletzt geschlafen?«

»Vor dreißig Stunden, schätze ich.«

»Wohl eher vierzig, würde ich sagen. Warum legen Sie sich nicht irgendwo aufs Ohr? Die kommen schon ein paar Stunden ohne Sie zurecht. Und Sie wollen doch wohl bei der großen Show morgen frisch und munter sein.«

Thorpe blinzelte verwirrt. »Was ist denn morgen?«

»Das sollten Sie eigentlich wissen. Sie sind derjenige, der alles ins Rollen gebracht hat.«

»Oh, wirklich? Der Felsen stößt mit Donnerschlag zusammen, nicht wahr?«

»Ja.«

»Ich bin wohl müder, als ich dachte. Ich glaube, ich werde auf Ihren Vorschlag eingehen. Was ist mit Amber? Sie ist ebenso lange wach wie ich.«

»Nein, das ist sie nicht. Sie ist eingeschlafen, während sie das Bedienungshandbuch dieser verdammten Anlage zu entziffern versuchte. Ich hab sie ins Vorzimmer des Betriebsleiters bringen lassen.«