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»Wann kann ich mit Ihrer Entscheidung rechnen?«

»Bei der Einsatzbesprechung.«

»Schön. Dann bis übermorgen.«

Sobald der Schirm leer geworden war, murmelte Thorpe eine Obszönität und drehte sich zu der hinter ihm liegenden Luke um. Durch das Anheben der Füße suchte er sich auf dem Schott einen guten Angriffspunkt zu verschaffen und stieß sich in Richtung des Kontrollraums des Frachters ab. Karin Olafson, Kapitän des Freien Frachters Admiral Farragut, blickte auf, als er durch die Luke in den Kontrollraum gesegelt kam. Sie konnte ihm vom Gesicht ablesen, dass die Dinge nicht gut standen.

»Die Schlacht mit den Erbsenzählern ist noch nicht gewonnen, schätze ich«, sagte sie. Sie war eine untersetzte Frau mit kurzgeschnittenem blondem Haar, stets zu einem Lächeln aufgelegt und von mütterlicher Art. Mit fünfundvierzig Jahren näherte sie sich dem Ende ihrer aktiven Laufbahn als Schiffsführer. Das war einer der Gründe, warum sie ihr Schiff für die nächsten drei Jahre an Halver Smith verchartert hatte. Das Geld würde ihr zu einem angenehmen Ruhestand verhelfen. Die Aussicht auf ein Abenteuer hatte sie aber ebenfalls gereizt.

»Ich glaube, ich habe ein paar Punkte gutgemacht«, erwiderte Thorpe, während er sich zu der Beschleunigungsliege neben der des Kapitäns bewegte. Er ergriff die Armlehnen und brachte sich in eine sitzende Position. »Er möchte den Streit nicht so weit eskalieren lassen, dass er Mr. Smith zu Ohren kommt. Er weiß genau, dass er dann den Kürzeren ziehen würde. Es kam nur darauf an, eine Möglichkeit zu finden, ihn auf ehrenhafte Weise von seinem Steckenpferd absteigen zu lassen.«

»Und haben Sie sie gefunden?«

»Das erfahren wir bei der Einsatzbesprechung.«

»Hoffentlich. Ich bin nicht sonderlich begeistert davon, mich auf eine Dreijahresreise mit nur zehn Prozent Energiereserve im Toroid einzuschiffen.«

»Das werden Sie auch nicht müssen, Kapitän. Wie steht es mit den restlichen Vorbereitungen?«

»Besorgen Sie uns die Antimaterie, und wir können starten. Wie Sie beim Anflug gesehen haben, ist das Teleskop am Bug befestigt.«

»Irgendwelche Probleme dabei gehabt?«

»Das verdammte Ding ist so schwer, dass wir es direkt auf die Sockelplatte des Bugvorstoßes schweißen mussten. Wo, zum Teufel, haben Sie dieses Museumsstück eigentlich her?«

»Aus einem Museum natürlich.«

Das Sechs-Spiegel-Gerät war das erste Komposit-Teleskop, das je gebaut worden war. Vor seiner Pensionierung war es fünfundsiebzig Jahre am Mount-Hopkins-Observatorium im Einsatz gewesen. Von da an war es eines der Hauptausstellungsstücke des Astronomiemuseums der Universität von Arizona. Es zu bekommen war lächerlich einfach gewesen. Thorpe hatte lediglich erwähnt, dass es zur Beobachtung der Annäherung des Kometen Hastings an Jupiter benutzt werden würde. Die Museumsbehörde hatte sich einstimmig dafür ausgesprochen, der Expedition das Viereinhalb-Meter-Teleskop zur Verfügung zu stellen. Man hatte die veralteten Bedienungselemente durch moderne elektromechanische Justiervorrichtungen ersetzt und den schweren Sockel der Azimutlagerung entfernt. Auch so war es immer noch groß genug, dass sich Kapitän Olafson Sorgen um die stabile Lage ihres Schiffs machte.

Das Teleskop war Thorpes Idee gewesen. Es war seine Art, mit einer gewissen Astronomin Frieden zu schließen.

Amber Hastings lag mit geschlossenen Augen neben dem Swimmingpool und ließ die Sonnenwärme in ihre Haut einsickern. Neben ihr auf dem Tisch stand ein Computerterminal, das mit der großen Anlage in Halver Smiths Kellergeschoss verbunden war. Sie war seit mehreren Tagen Smiths Gast und begann sich allmählich an die Erdschwerkraft zu gewöhnen. Zwischen Besichtigungstouren arbeitete sie an dem Einsatzplan für die Expedition zu dem Kometen, der ihren Namen trug.

Acht Monate waren vergangen, seit der Observatoriumscomputer ihre Aufmerksamkeit auf den Nebelfleck am Himmel gelenkt hatte, und ein halbes Jahr, seit Luna und die Sierra Corporation übereingekommen waren, eine gemeinsame Expedition auszuschicken. In diesen sechs Monaten war viel geschehen.

SierraCorp hatte einen umgebauten Frachter gechartert, um ein Dutzend Wissenschaftler und deren Ausrüstung zum Jupiter zu transportieren. Einmal dort angekommen, würde das Schiff von der Forschungsstation auf Callisto neue Reaktionsmasse übernehmen und das Eintreffen des Kometen erwarten. Nach dem Durchgang des Kometen durch das Jupitersystem würden sie sich mit dem Kometen treffen und die folgenden achtzehn Monate mit der Erforschung seiner Oberfläche verbringen. Sie würden auf dem Kometen das Perihel durchfliegen und ihn verlassen, wenn er sich anschließend der Umlaufbahn der Venus näherte.

»Eine kleine Arbeitspause?«, fragte eine Stimme.

Als Amber ihre Augen öffnete, sah sie Halver Smith neben sich stehen. Er war mit einem Paar abgetragener Hosen bekleidet und trug ein Hemd mit mehreren Löchern. An den Schmutzflecken auf seiner Kleidung war deutlich zu erkennen, dass er im Garten gearbeitet hatte.

»Die Sonne ist so warm, dass ich dachte, ich mache mal ein Nickerchen«, sagte sie und blickte zwinkernd zu ihm auf.

»Sie haben doch nicht etwa vergessen, sich mit Sonnenöl einzureiben? Leute mit Ihrem Teint bekommen leicht einen Sonnenbrand, wissen Sie.«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin von Kopf bis Fuß mit Sonnenschutzmittel eingeschmiert.«

»Ich geh reiten. Lust mitzukommen?«

Sie blinzelte überrascht. »Ich? Auf einem Pferd?«

»Warum nicht?«

Nach ihrer Ankunft auf seinem Landgut hatte er sie überall herumgeführt. Im Stall hatte sie zum ersten Mal in ihrem Leben ein Pferd gesehen. Die großen Tiere hatten sie fasziniert, obwohl sie all ihren Mut hatte zusammennehmen müssen, sich einem von ihnen so weit zu nähern, dass sie seine seidige braune Flanke hatte streicheln können. Der Gedanke, sich tatsächlich auf ein Pferd zu setzen, jagte ihr Schauder über den Rücken.

»Aber was ist, wenn ich runterfalle?«

Er zuckte mit den Achseln. »Dann stehen Sie auf und klettern wieder rauf. Ich bin schon Dutzende von Malen runtergefallen.«

Amber wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Solch ein Sturz musste bei der Erdgravitation sicherlich schreckliche Folgen haben.

»Das wäre eine Erfahrung, von der ich noch meinen Enkelkindern erzählen könnte, nehme ich an.«

»Das wäre es bestimmt. Kommen Sie! Wenn ein fetter alter Mann auf einem Pferd reiten kann, dann kann es jeder.«

Eine halbe Stunde später folgte Amber Smith über einen Reitweg, der sich durch den Wald seiner Besitzung wand. Sie hatte sich gesagt, dass sie schon nicht dabei sterben würde, und begann an der Erfahrung allmählich Gefallen zu finden, so furchteinflößend sie auch war.

»Übrigens«, sagte Smith, als sie über eine ausgedehnte Wiese voller kleiner gelber Blumen ritten, »Tom Thorpe kehrt zurück.«

»Oh?« Amber versuchte, jedes Anzeichen von Gefühl aus ihrer Stimme herauszuhalten. Trotz ihres heftigen Abschieds von Thorpe hatte sie sich während der vergangenen sechs Monate immer häufiger dabei ertappt, dass sie an ihn dachte. Wann immer sie sich an sein ansteckendes Grinsen erinnerte, fiel es ihr schwer, weiterhin wütend auf ihn zu sein.

Smith schien ihr plötzliches Erröten bei der Erwähnung von Thorpes Namen nicht zu bemerken. Er redete beinahe ohne Pause weiter. »Er hat eine Nachricht geschickt, dass er heute Abend ankommt. Er hat noch eine Menge vor der Besprechung zu erledigen, deshalb glaube ich, dass wir ihn vorher nicht mehr sehen werden.«

»Schade.«

Sie ritten mehrere Minuten lang schweigend weiter, bis Smith wieder das Wort ergriff. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich Ihnen eine persönliche Frage stelle?«

»Kommt auf die Frage an, Halver«, antwortete sie. Irgendwie kam es ihr seltsam vor, einen der zehn reichsten Männer des Sonnensystems mit dem Vornamen anzureden.