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Zehn Minuten später hatte sich das Bild auf dem Schirm deutlich verändert. Der kleine Mond war nicht mehr drei Viertel voll, sondern nur halb voll und begann zu schrumpfen. Barnard beobachtete intensiv die laufenden Ziffern in der unteren rechten Bildschirmecke.

»Das war’s!«, gab er bekannt. »Der Kern hat soeben den Punkt größter Annäherung durchflogen. Rufen Sie den Kapitän, und lassen Sie die Durchsage machen.«

Augenblicke darauf hallte Kapitän Olafsons Stimme durch das Habitatmoduclass="underline" »Achtung, an alle! Dr. Barnard hat soeben bekanntgegeben, dass der Komet seine kleinste Entfernung zum Jupiter erreicht hat. Er bewegt sich von jetzt an aus dem System hinaus.«

Der Jubel war sogar durch die geschlossene Luke der Messkammer zu hören. Amber und Barnard beachteten den Lärm nicht. Sie hatten noch zu arbeiten.

Vier Stunden später starrte Cragston Barnard mit trüben Augen auf den winzigen, kleiner werdenden Flecken auf dem Bildschirm, dann wandte er sich mit dem schiefen Grinsen an Amber, das sie noch aus ihrer Universitätszeit kannte. »Das müsste es gewesen sein. Stellen Sie auf Automatik und lassen Sie uns etwas essen.«

Amber lehnte sich im Sitz zurück und streckte sich, um die Verspannungen aus ihren schmerzenden Muskeln herauszubekommen. Die Anspannung der letzten Stunden hatte ihr einen steifen Nacken eingebracht, und sie befand sich am Rande der Erschöpfung. Aber es war eine wohltuende Erschöpfung, wie sie auf eine Anstrengung folgte, die man besonders gut hinter sich gebracht hatte.

»Wie lange sollen wir noch weiter beobachten?«

»Mindestens noch zwei Stunden«, antwortete er. »Ich möchte ein paar gute Bilder von der Koma im Gegenlicht der Sonne haben. Wir können sie dann zu einer Serie zusammenfügen und den Aufbau der Turbulenzen im Gasbereich beobachten. Anschließend übergeben wir die Schiffskontrolle wieder an Kapitän Olafson, damit wir uns an die Verfolgung des Kerns machen können.«

Amber stöhnte.

Barnard runzelte die Stirn. »Was ist denn?«

»Dann müssen wir wieder in den Sturmbunker!«

Er nickte. »Es sei denn, Sie packen Ihre bleierne Unterwäsche aus.«

Sie löste den Sitzgurt und schwebte in die Luft. »Besorgen Sie sich allein etwas zu essen. Ich möchte mich frischmachen, so lange es noch geht.«

17

Jupiter war achtern noch fast als ganze Scheibe zu erkennen, während der Komet vor ihnen ein verschwommener Nebelfleck war. Seit drei Wochen jagte die Admiral Farragut dem Dunstschleier hinterher und sah ihn kontinuierlich größer werden, während sie sich dem fliegenden Felsbrocken immer weiter näherten.

Thorpe spähte zu dem Nebel hinüber, als er aus der Luftschleuse Eins hinausschwebte, dann konzentrierte er sich darauf, sich an einer Reihe von Handgriffen entlangzuziehen, die an der Außenhülle festgeschweißt waren. Als er sein Ziel erreicht hatte, befestigte er seine Sicherheitsleine an einer Öse, dann schwenkte er herum, um seine Schülerin bei ihrem ersten Ausflug zu beobachten.

»Okay«, rief er über Helmfunk. »Sie können jetzt herauskommen. Achten Sie immer darauf, dass Sie am nächsten Handgriff guten Halt haben, bevor Sie den letzten loslassen.«

In der offenen Schleuse erschien ein limonengrüner Arm und tastete nach einem Griff. Als die behandschuhte Hand festen Halt gefunden hatte, folgten ein Helm und ein panzerbewehrter Rumpf.

»Wie stelle ich mich an?«, fragte Hilary Dorchester, während sie sich dorthin zog, wo Thorpe am Ende seiner icherheitsleine baumelte.

»Nicht schlecht«, gab er widerwillig zu. »Denken Sie daran, diese Leine einzuklinken, ehe Sie loslassen. Freies Manövrieren lernen wir später. Ich möchte keinen Treibstoff dadurch vergeuden, dass ich Sie zurückhole, wenn Sie vom Schiff wegtreiben sollten.«

»Jawohl, Chef!«

Hilary Dorchester war die Tieftemperatur-Chemikerin der Expedition. Die dralle Brünette Anfang dreißig hatte man als Letzte aufgeweckt, nachdem Callisto erreicht worden war. Trotz ihrer Stellung als ›Schlusslicht‹, oder vielleicht gerade deswegen, hatte sie keine Zeit verloren, Thorpe klarzumachen, dass er in ihrem Bett als Dauergast willkommen wäre. Thorpe hatte die Einladung höflich abgelehnt, und Hilary hatte seine Entscheidung mit erfreulich guter Haltung akzeptiert. Daraufhin hatte sie ihre freie Zeit zwischen Leon Albright, dem Expeditionsgeologen, Dieter Schmidt von der Besatzung der Farragut und zuletzt John Malvan aufgeteilt.

Solche Gelegenheitsbeziehungen waren im Raum ziemlich häufig, und in der Tat hatte Thorpe sich mit Nina Pavolev eines ähnlichen Arrangements erfreut. Zwei Menschen taten sich normalerweise zusammen, um die ständige Gefährdung ihres alltäglichen Lebens abzuwehren. Manchmal wurde Liebe daraus, manchmal nicht. In jedem Fall stellte es, solange es andauerte, eine gute Anpassung an eine fremde Umwelt dar. Angesichts der Tatsache, dass es auf der Expedition nur zwei unverheiratete Frauen gab, wäre es Thorpe schwergefallen, seine Zurückweisung der einen von beiden zu erklären. Hätte man ihm stärker zugesetzt, würde er gestammelt haben, dass Amber niemals damit einverstanden gewesen wäre.

»In Ordnung«, sagte er, als sich Hilary mit der Schiffshülle verbunden hatte. »Wir beginnen mit ein paar grundlegenden Übungen. Ich möchte, dass Sie sich an die Anstrengung gewöhnen, die die Fortbewegung in einem Raumanzug erfordert. Denken Sie daran, das ist kein leichtes Sommerkleid, was Sie da tragen!«

Sie grinste hinter ihrem Helmvisier. »Ich hätte mir auch nie ein Kleid ausgesucht, das mich so dick macht!«

Kaum hatte die Admiral Farragut ihre letzte Runde um Jupiter beendet, als Kapitän Olafson angeordnet hatte, dass alle außer den Astronomen beim Auswechseln der Strahlungsgeschädigten Module helfen sollten, von denen eine Anzahl entlang des Stützrahmens des Frachters untergebracht waren und nur von außen erreicht werden konnten. Es wurde rasch klar, dass die Expedition empfindlichen Mangel an Leuten litt, die sich im Vakuum bewegen konnten. Während sie dem Kometen interherflogen, hatte Kapitän Olafson deshalb ihren Mann und Tom Thorpe gebeten, die Frischlinge mit den Grundlagen des Verhaltens und des Arbeitens unter Schwerelosigkeit in einem belüfteten Ballon vertraut zu machen.

In den vergangenen zwei Wochen hatte Thorpe insgesamt acht Ausflüge nach draußen durchgeführt. Sein Vorgehen war immer das gleiche. Zwei Stunden Unterricht drinnen, gefolgt von einem behutsamen Ausstieg auf die Hülle, dann eine halbe Stunde des Eingewöhnens. Sobald sich ein Schüler in seinem Anzug wohl fühlte, führte ihn Thorpe dann am Habitatsmodul entlang nach hinten zur Frachtzelle. Dort öffneten sie eine der überdimensionalen Luken und stiegen in die unbeleuchtete zylindrische Höhle hinab. Sich einen Weg durch das Wirrwarr dunkler Laderäume zu bahnen war eine gute Vorübung für die Arbeit auf der Nachtseite des Asteroiden. Diese Erfahrung würde sich als nützlich erweisen, wenn seine frischgebackenen Weltraumaffen ihre Untersuchungen auf dem Kometenkern aufnahmen.

Später wollte er ihnen das Fliegen beibringen.

»Wie geht’s, Mr. Malvan?«, fragte Kyle Stormgaard, als er sich neben dem Exbergmann anschnallte. Der Erste Ingenieur und der Repräsentant der Republik Luna hatten sich während der Betankungsarbeiten auf Callisto kennengelernt. Malvan hatte sich für Außenarbeiten gemeldet, war jedoch aufgrund seines Handicaps zurückgewiesen worden. Trotzdem hatte er den Raumarbeitern beim An-und Ausziehen der Anzüge geholfen und ihnen auch sonst einen Teil der Last von den Schultern genommen. Bei dieser Arbeit hatten er und Stormgaard ihre gemeinsame Leidenschaft für Bridge entdeckt. Wann immer sie konnten, spielten sie zusammen eine Partie. Bei anderen Gelegenheiten maßen sie ihre Kräfte beim Schach.